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Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Titel: Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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die Sonne den Nebel von der Ebene. Zwei Teile des großen Gästezeltes waren hochgezogen und durch ledergeflochtene Seile gespannt worden. Der Tag versprach Schwüle und gelegentlichen Regen.
    Zaida hatte sich eingefunden, um nach den Gästen, vor allem Nabib, zu sehen. Dieser musterte das Mädchen aus trüben Augen. Er hatte bis vor einigen Stunden ununterbrochen von ihr geträumt und sah jetzt die Wirklichkeit. Traum und die wirkliche Zaida widersprachen sich nicht.
    »Sosehr ich den Trunk Zanahs schätze«, sagte er und kaute mit vollen Backen, »sowenig behagt es mir, aus meinem süßen und reichhaltigen Traum gerissen worden zu sein. Ich träumte pausenlos von der begehrenswertesten Frau dieses Hochlands.«
    Iwa stieß ihm in die Rippen und fragte leise: »Von mir?«
    Nicht ohne Würde entgegnete der weitgereiste Händler: »Nicht von dir, teuerste Freundin. Auf deine Art bist du eine Zierde unter den Frauen. Jedermann weiß es, da du nicht versäumst, es jedermann laut zu sagen. Indes bin ich nicht für meine Träume verantwortlich, und so schmerzt es mich unsäglich, nicht von dir geträumt zu haben.«
    Dragon saß auf einem zusammengefalteten Teppich und lehnte gegen einen Kamelsattel. Stück um Stück fiel ihm wieder ein, was er in dieser Nacht erlebt hatte. Er war in Amees Armen eingeschlafen. Dann war er kurz hochgeschreckt, doch gleich darauf war er in einem Traum gefangen gewesen, in dem sich alles um Amee gedreht hatte.
    Dann war er plötzlich wach gewesen. Das Amulett hatte wie rasend geflackert. Jemand – er erkannte es mehr und mehr, deutlicher von Augenblick zu Augenblick – hatte mit dem Schwert nach ihm geschlagen. Er war aufgewacht, hatte die Gefahr klar erkannt und sich gewehrt. Eine fremde Kraft hatte von ihm Besitz ergriffen und ihn vor dem Tod bewahrt.
    Jemand hatte über eine große Entfernung hinweg die Tür in seinen Geist gefunden, jemand, der mit den Wegen und Kräften der inneren Welt vertraut war.
    Maratha! Die blinde Seherin.
    Mit ihrer Hilfe hatte er um sein Leben gekämpft. Mit einem Gegner, der seine Gestalt zu verwandeln vermochte. Auch daran erinnerte er sich nun: Sein Gegner hatte ausgesehen wie er selbst.
    »Cnossos!« entfuhr es Dragon.
    Die Gefährten blickten ihn fragend an.
    »Ich habe heute nacht gegen Cnossos gekämpft. Er nahm meine Gestalt an und raubte Amee. Ich bin sicher, in der Heimstatt der Vampire werden wir auch ihm wieder begegnen.« Er wandte sich an Zainu. »Wie gut kennst du diesen Berg, in dem sie hausen?«
    Zainu schüttelte den Kopf. »Ich kenne ihn nicht. Aber die Blutsauger verschwanden nach Norden. Das paßt zu den Geschichten der Hirten und Bauern dieser Gegend. Verlaß dich darauf, wir werden ihr Nest finden. Ich kenne alle die Geschichten, die sich die Menschen in diesem Teil der Welt erzählen. Wir wandern auf diesem Weg seit dem Tag, da Nuak vom Ah’rath herunterstieg mit Frau und Sohn, Tochter und Kamelhengst …«
    »Dann werdet ihr also in fünf Tagen wieder hier sein«, stellte Partho fest.
    Dragon wollte, daß er zurückblieb, so daß die Mädchen einen Beschützer und ein vertrautes Gesicht um sich hatten. Und Partho hatte sich mit gemischten Gefühlen einverstanden erklärt. Die Mädchen waren wohl im Stamm gut aufgehoben, und er dachte, daß Dragon seines Schutzes mehr bedurfte.
    Aber andererseits hatte sich Dragon bisher gut geschlagen und schien mächtigere Helfer zu haben als ihn. Auch hatte er den Schwarzen an der Seite, der ihm sehr ergeben schien. Zum anderen waren die beiden Mädchen, Agrion und Ada, in Parthos Träumen vom Paradies gewesen, und fünf Tage lang seine starken Arme um ihre hübschen Schultern zu legen und diesen Träumen ein wenig nachzuhängen war verlockend genug.
    Dragon nickte. »Fünf Tage. Tröste Ada. Sie bangt wie ich um ihre Schwester.«
    »Die du gesund zurückbringen wirst!« sagte Partho überzeugt.
     
    Insgesamt einhundertvierundzwanzig Männer ritten los. Zuerst trabten die Pferde an, von Zainu, Dragon und Ubali an der Spitze geführt, dann kamen die Kamelreiter in einer langen Reihe. Sie ritten nach Norden, wo Zainu einen Pfad kannte, der aus der Hochebene hinabführte.
    Sie hatten eine kurze Strecke hinter sich, als Dragon ein heiseres Bellen hörte. Er drehte sich um und sah einen großen, wolfsähnlichen Hund quer über den zerklüfteten Hang auf ihn zukommen.
    Ubali hielt sein Pferd an und sagte voller Ehrfurcht: »Es ist der gewaltige Zauberhund, der den falschen Zainu biß!«
    »Es ist Xando!«

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