Dragon Dream (epub)
definitiv keine Standardbäuerin. Du bist aus Alsandair, hast aber trotzdem keine Familie in der Nähe. Ich habe noch nie eine Frau aus den Wüstenlanden getroffen, die ohne eine andere Frau oder ihre Sippe so weit nach Norden gereist ist. Wenn man dann noch diese Magie dazunimmt – ungenutzt, wohlgemerkt –, die einfach an deinem Körper abfließt wie Regenwasser: Da könnte ich schon auf die Idee kommen, dass du vielleicht etwas verbirgst.«
Sie stand schweigend da und starrte geradeaus.
»Wer bist du wirklich, kleine Menschenfrau?«
Dunkle Augen richteten sich auf sein Gesicht. »Ich bin eine Nolwenn-Hexe.« Es war eine ausweichende Antwort, aber sie faszinierte ihn dennoch.
»Eine Nolwenn-Hexe? Hier?« Jetzt war er ehrlich verwirrt. »Warum um alles in der Welt sollte eine Nolwenn-Hexe mit diesem Hanswurst zusammenleben, den du geheiratet hast?«
»Meine Mutter hat mich vor langer Zeit verstoßen. Also … bin ich … gegangen. Und kam in den Norden.«
Briec setzte sich auf seine Hinterbeine. »Dich verstoßen? Aber Nolwenn-Hexen können nur ein Kind haben. Normalerweise ein Mädchen, glaube ich.«
»Ich weiß!«, herrschte sie ihn an. »Glaubst du, ich kenne mein eigenes Volk nicht?«
»Aber was könntest du getan haben, kleine Hexe, um deine Mutter so weit zu bringen, dass sie das einzige Kind verstößt, das sie je haben wird?«
»Ich habe mich verliebt.«
Ah, jetzt verstand er. Nolwenn-Hexen banden sich nie fürs Leben. Nur, um Nachwuchs zu zeugen und innere Bedürfnisse zu befriedigen oder für bestimmte Ansprüche der alten Magie. Sie nahmen einander nie zum Gefährten. Stattdessen gehörte ihr Leben ihren strengen Wüstengöttern und der alten Magie.
»In deinen Ehemann?«
»Nein. In einen anderen. Und bevor du fragst: Er ist gestorben. Vor langer Zeit.«
»Und deine Mutter wollte dich nicht wieder aufnehmen?«
»Ich habe nie gefragt.«
»Du bist faszinierend .« Das war sie wirklich. Eine Nolwenn-Hexe? Hier? Er musste sie seiner Schwester vorstellen, einer weißen Drachenhexe. Nur ihre Mutter, die Drachenkönigin, besaß mehr Macht als seine Schwester.
Briec kam ein neuer Gedanke. »Wie alt bist du?«
Sie seufzte. »Zweiunddreißig Winter. Bald dreiunddreißig. Warum?«
»Du bist ja ein Kleinkind!« Wie Drachen waren Nolwenns nicht unsterblich, aber sie konnten bis zu sechs- oder siebenhundert Jahre alt werden.
»Vielleicht im Vergleich mit Drachen, aber ich bin immer noch ein Mensch, ob Hexe oder nicht.«
»Ich weiß. Wirklich tragisch.«
»Und warum ist das tragisch?«
»Weil …« Er rümpfte ein bisschen geringschätzig die Nase. »Menschen sind so schwach, lästig, weinerlich und dumm.« Sie wollte etwas sagen, aber er unterbrach sie. »Aber deshalb finde ich dich so faszinierend. Du bist nichts davon. Außer lästig.«
Sie schnaubte. Mehrmals, um genau zu sein, bevor sie sich umdrehte und davonstapfte. Das tat sie oft: davonstapfen.
»Sind wir mit unserem Gespräch fertig?«
»Ja.«
Er folgte ihr. »Aber ich habe noch mehr Fragen.«
»Du kannst dir deine Fragen sonst wohin schieben.«
Er schlug seinen Schwanz vor ihr auf den Boden. »Ich glaube, ich habe dich nicht richtig verstanden, kleine Hexe.«
»Du hast mich sehr wohl verstanden, und hör auf, mir mit diesem Ding zu drohen!« Sie trat gegen seinen Schwanz.
Bei den Göttern, sie war absolut anbetungswürdig!
»Ich habe dir nicht gedroht. Ich habe dich aufgehalten. Glaub mir … du würdest es merken, wenn ich dir drohe. Und jetzt« – er setzte sich wieder –, »Wo war ich? Ach ja. Du musst mir noch etwas erklären.«
Resigniert seufzend fragte sie: »Was?«
»Nolwenn-Hexen sind von Geburt an mächtig.«
»Manche. Wenn alle richtigen Zauber vor, während und nach der Geburt gewirkt werden«, antwortete sie, während sie plötzlich anfing, um ihn herumzugehen und Wildblumen zu pflücken. Das kam ihm merkwürdig vor. Sie schien ihm nicht gerade der Typ zu sein, um Blumen zu pflücken.
»Aber obwohl dich alte Magie umgibt, nutzt du sie nicht wirklich.«
»Das ist allerdings wahr.« Sie ging um ihn herum, immer noch Blumen pflückend. »Ich habe sie nicht praktiziert oder studiert, seit ich Alsandair verlassen habe.«
»Verstehe. Na ja, vielleicht könnte ich …« Er hatte sich umgedreht, um direkt mit ihr zu sprechen, aber sie war nicht mehr hinter ihm.
Briec sah sich um und merkte schnell, dass sie nicht nur nicht mehr hinter ihm war. Sie war gar nicht mehr da.
Die kleine Hexe war fort!
Talaith
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