Dragon Sin: Roman (German Edition)
sich auf einen Baumstumpf gesetzt hatte. Er keuchte.
»Ren?«, sie trat neben ihn und hockte sich nieder. »Was ist los?«
»Nichts.« Er versuchte zu lächeln. »Ich brauche nur ein paar Augenblicke Ruhe.«
Rhona warf ihrer Cousine einen Blick zu, doch Keita war ganz auf Ren konzentriert. Rhona stand auf und lief hinüber zu dem Blitzdrachen.
»Ich kann mich nicht erinnern, dass der Ausländer je derart schwach war«, murmelte Vigholf so leise, dass nur Rhona es hören konnte.
»Das liegt daran, dass er nicht schwach ist.«
»Was geht hier vor?«
»Ich weiß es nicht.« Rhona wandte sich ihrer Cousine zu. »Aber vielleicht ist es jetzt an der Zeit, es uns zu sagen, Keita. Verrate uns endlich, worum es hier geht.«
»Sag es ihnen«, meinte Ren leiser. »Dann begreifen sie es.«
Keita nickte. »Ren öffnet eine Pforte. Und das kostet ihn viel Kraft.«
»Eine Pforte? Warum öffnet er eine Pforte?« Bevor Keita etwas darauf erwidern konnte, fuhr Rhona fort: »Außerdem hat er doch früher schon Pforten geöffnet, warum also sollte diese …«
»Diese wird ihn und andere in die Ostländer bringen. Das ist nicht gerade eine kurze Reise, Cousine. Und für gewöhnlich braucht er viele Wochen für die Vorbereitung einer Arbeit von dieser Größe. Diese Zeit haben wir aber nicht, und so öffnet er eine, so schnell es ihm möglich ist.«
Vigholf zuckte die Achseln. »Kann er nicht einfach irgendeine aufmachen?«
»Das könnte er, aber wenn er nicht genau arbeitet, könnte es ihn und die anderen irgendwohin bringen. Das ist ein zu großes Risiko.«
Rhona kam näher. »Die anderen? Wen will er denn mitnehmen?«
Keita warf wieder einen Blick auf Ren.
»Sag ihnen alles«, drängte er. »Du solltest es tun.«
Keita nickte und meinte: »Während wir hier miteinander reden, haben sich mehrere der westlichen Stämme, die Annwyl auszulöschen versucht hat, zusammengeschlossen und reiten auf die Insel Garbhán zu. Sie wissen, dass Annwyl und der größte Teil ihrer eigenen Armee nicht vor Ort sind. Sie wollen die Burg zerstören und ihre Kinder als einen Akt der Rache töten. Wir haben euch das nicht früher gesagt, weil wir all das vor Briec und Fearghus geheim halten. Denn ihr wisst, was passieren würde, wenn sie herausfinden, dass ihre Nachkommen in Gefahr sind. Sie würden sofort mit dem größten Teil ihrer Armee aufbrechen und die Blitzdrachen sowie die Reste der Armee meiner Mutter sich selbst überlassen. Daher habe ich beschlossen, dass es so am besten ist.« Keita klatschte in die Hände. »Aber wir haben es geschafft und euch beide zum Schutz auf unserer Heimreise bekommen. Also gibt es keinen Grund zur Besorgnis.«
Vigholf behielt Rhona im Auge, bereit, sie einzufangen, falls sie sich in ihrer Wut auf Keita stürzen sollte. Doch Rhona starrte ihre Cousine bloß unverwandt an und sagte schließlich: »Ja, in Ordnung.« Sie gab einen kleinen Seufzer von sich. »Wir sollten uns Pferde besorgen, falls wir nicht fliegen.«
»Warte, warte, warte«, warf Vigholf ein, der entsetzt darüber war, dass Rhona das, was Keita gesagt hatte, einfach hinnahm. »Woher weißt du das alles, Keita?«
»Tante Ghleanna …«
Vigholf hob die Hand, brachte Keita damit zum Schweigen und fragte Rhona: »Welche Tante ist das noch gleich?«
»Die Generalin der Siebten und Neunten Legion und die Schwester meiner Mutter. Die, die in der Schlacht gern Köpfe abhackt, indem sie ihre beiden Breitschwerter am Hals ihres Feindes zusammenschlägt.«
»Ah! Richtig! Ghleanna.«
»Wie dem auch sei«, fuhr Keita fort, »Tante Ghleanna hat einen Boten abgefangen, der sich durch unser Territorium gestohlen hat und zu den Eisendrachen gelangen wollte. Sie hat ihn zu mir gebracht, und ich habe ein paar … Dinge herausgefunden.«
»Was soll das heißen?«
»Frag sie das nicht«, warnte Rhona ihn.
»Warum nicht?«
»Weil sie damit sagen will, dass sie ihn gefoltert hat, bis er um seinen Tod gebettelt und ihr alles gesagt hat, was sie wissen wollte«, erklärte Rhona, die auch das offenbar akzeptierte.
Er sah Keita an. »Weiß Ragnar, dass du fol…?« Vigholf verstummte. »Warte. Vergiss die Frage einfach.«
»Schon vergessen«, flötete Keita fröhlich.
»Aber warum greifen die westlichen Stämme ausgerechnet jetzt an?«, fragte Vigholf stattdessen. »Annwyl ist schon seit fünf Jahren draußen in den Dunklen Ebenen.«
»Der Bote hatte einen Brief an den Oberherrn Thracius von dessen Tochter Vateria dabei. Während sich ihr Vater im
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