Dragon Sin: Roman (German Edition)
gemeint?«
Bercelak schwieg zunächst, doch dann antwortete er: »Allerdings, Sergeantin. Wir glauben, dass Annwyl dorthin aufgebrochen ist. Morfyd kann dir alles Weitere mitteilen. Sie ist zurückgeblieben, während die Armee ohne sie vorgerückt ist. Mach zuerst im Lager Halt. Noch etwas?«
Was gab es da noch zu fragen oder zu sagen?
»Nein, Sir.«
»Um deiner eigenen Sicherheit willen, Sergeantin, solltest du dich so unauffällig wie möglich verhalten. Reise so oft wie möglich in Menschengestalt, und unternimm nichts … Tollkühnes. Du hast nur die eine Mission: Bring Annwyl zurück. Tot oder lebendig. Verstanden?«
»Aye, Sir. Verstanden.«
»Dann geh. Mögen die Götter des Krieges dich beschützen.«
Rhona neigte rasch das Haupt vor der Königin und verließ das Zimmer, um nach ihrem Vater zu suchen.
»Du sollst was tun?«, fragte Sulien seine älteste Tochter.
»Zwinge mich nicht, es zu wiederholen, Daddy«, murmelte sie, während sie in seinen Truhen voller überzähliger Uniformen, Rüstungen und Kleidung herumwühlte. »Hilf mir einfach dabei, etwas zu finden, worin ich mich nicht von den anderen Reisenden unterscheide.« Sie deutete auf ihre eigene Kleidung. Es war die Standardrüstung mit den Farben der Drachenkönigin und deren Siegel darauf. »Damit kann ich mich wohl kaum unauffällig unter die anderen mischen, oder?«
»Nicht in diesen verdammten Provinzen.«
»Schrei ruhig ein bisschen lauter. Ich glaube, sie haben dich in den Wüstenländern noch nicht deutlich gehört.«
Sulien packte seine Tochter bei den Schultern und drehte sie um, sodass sie ihm gegenüberstand. »Warum machst du das?«, wollte er wissen.
»Es ist mein Befehl.«
»In die Provinzen zu gehen und dort gekreuzigt zu werden?«
»Nicht wenn ich hinein- und wieder herauskomme, ohne bemerkt zu werden.«
»Wenn du versuchst, diese verrückte Hexe zu retten, wirst du nicht unbemerkt bleiben.«
»So lauten meine Befehle …«
»Gute Götter, Mädchen! Hör auf, das zu sagen!«
Rhona seufzte. »Was soll ich denn sagen? Willst du etwa, dass ich dich anlüge? Soll ich dir nur das sagen, was du hören willst?«
»Das klingt nicht schlecht.«
Rhona lächelte, und er erkannte sich selbst in diesem Lächeln. Von all seinen Kindern war Rhona diejenige, die ihm am stärksten glich. Sie hatte sein Gesicht, seine Stärke und seine Geschicklichkeit. Von Anfang an hatte er gewusst, dass ihr Platz in ihrer eigenen Schmiede war. Sie sollte nicht kämpfen, nur um ihre Mutter zu beeindrucken. Er verehrte Bradana mehr, als Worte es ausdrücken konnten, aber wenn es etwas gab, weswegen sie sich je gestritten hatten, dann war es Rhona.
Es war nicht so, dass Sulien geglaubt hätte, Rhona besitze nicht das Zeug zur verdammten Drachenkriegerin. Aber das Zeug zu etwas zu haben und sein Herz daran zu hängen, waren zwei völlig verschiedene Dinge. Als Sulien zum ersten Mal seiner Gefährtin begegnet war, hatte er gewusst, was sie war – eine Kriegerin. Daran gab es keinen Zweifel. Es lag in ihrem Blick, in der Art, wie sie ging, und in der Art, wie sie lebte. Sie war eine Kriegerin und nichts anderes. Und diesen Blick und diese Haltung hatten all ihre Kinder – mit Ausnahme von Rhona.
Rhona wiederum wusste wie jeder gute Schmied, was das richtige Gewicht einer Waffe war, was im Kampf Vorteile brachte, womit man töten und womit man verstümmeln konnte.
Aber ihre Mutter hatte Rhonas Fähigkeiten als Berufung angesehen, eine Drachenkriegerin zu werden, und bis heute ärgerte es sie über alle Maßen, dass ihre Tochter es nicht weiter als bis zur »einfachen Soldatin« gebracht hatte. Bradanas Meinung nach sollte jede Cadwaladr eine Drachenkriegerin sein und die anderen in die Schlacht führen. Sie sollte Befehle erteilen, nicht sie befolgen. So drehten sich Tochter und Mutter andauernd im Kreise. Rhona würde niemals mehr als eine gute Soldatin sein, weil ihre wahre Bestimmung war, eine Schmiedin zu sein. Und ihre Mutter versuchte noch immer zu beweisen, dass ihre älteste Tochter nur einen kleinen Schubs in die richtige Richtung brauchte.
Einen Schubs in Richtung Tod, wie es schien.
Rhona hob ein Kettenhemd auf. »Wie wäre es damit?«
»Nein.« Er nahm ihr das Hemd aus der Hand und warf es zurück in die Truhe. »Du hast die … Ausstattung deiner Mutter.« Unbeholfen deutete Sulien auf Rhonas Brust.
»Die Ausstattung?«
»Hier. Das kannst du tragen.« Er gab ihr ein anderes Kettenhemd, an dessen Fertigstellung er jahrelang
Weitere Kostenlose Bücher