Dragon Sin: Roman (German Edition)
sie finden. Das verspreche ich dir.«
»Wann brecht ihr auf?«, fragte Morfyd und machte sich von ihrer Verwandten los.
»Sofort.«
»Braucht ihr etwas?«
»Kannst du irgendetwas entbehren?«
Morfyd schüttelte den Kopf. »Nicht wirklich. Die Truppen haben den größten Teil der verbliebenen Vorräte mit auf die Reise genommen.«
»Dann besorgen wir uns das, was wir brauchen, unterwegs. Aber ich muss von dir wissen, Cousine, wohin Annwyl deiner Meinung nach gegangen ist.«
Morfyd trat von Rhona zurück und senkte den Blick. »Äh …«
»Äh? Was soll das heißen?«
»Das ist etwas schwierig.«
»Sie ist in die Provinzen gegangen. Das wissen wir.«
»Nein. Ich meine: Ja.«
Rhona warf Vigholf einen raschen Blick zu.
»Wo ist sie, Morfyd?«, drängte Rhona.
»Ja, sie ist nach Westen gegangen. In Richtung der Provinzen. Aber ich glaube – ich bin mir nicht sicher –, dass sie nicht in die Provinzen gegangen ist.«
»Wohin dann?«
»Um die Provinzen herum. Ich glaube, sie ist auf der Suche nach jemandem. Nach jemandem, von dem sie glaubt , dass er ihr helfen kann.«
»Wer, Morfyd? Spuck es aus.«
Morfyd sah ihre Cousine an. »Gaius Lucius Domitus.«
Wieder sah Rhona ihn an, und Vigholf konnte nur mit den Schultern zucken.
»Wer ist das?«, fragte Rhona.
»Der …« Morfyd räusperte sich. »Der rebellische Drachenkönig aus den Septima-Bergen.«
Rhona verschränkte die Arme vor der Brust und meinte offen zu ihrer Cousine: »Ich fürchte, in diesem Fall sind wir ziemlich aufgeschmissen, oder, Cousine?«
Der Rebellenkönig? Der verdammte Rebellenkönig? Hinter ihm war Annwyl her?
Der rebellische Drachenkönig aus den Septima-Bergen war aus zwei Gründen bekannt – er war der Neffe des Oberherrn Thracius, und man bezeichnete ihn als den grausamsten Bastard auf der ganzen Welt.
Es hatten schon andere versucht, an Gaius Domitus heranzutreten. Die meisten von ihnen waren nie zurückgekehrt. Und diejenigen, die zurückgekommen waren, hatten oft einige Körperteile eingebüßt: Arme, Beine, Flügel. Er und seine Armee lebten außerhalb der Provinzen und verbargen sich in den Höhlen der Septima-Berge. Es hieß, dass er nur auf den Tag wartete, an dem er Thracius’ Herrschaft an sich reißen konnte.
»Warum sollte Annwyl das tun?«, fragte Rhona. »Warum geht sie ausgerechnet zu ihm ?«
»Ich habe keine Ahnung. Ich weiß es ehrlich nicht. Mir gegenüber hat sie nie ein Wort gesagt. Und dann war sie verschwunden.«
»Woher weißt du dann …«
Morfyd griff in die Tasche ihrer Hexenrobe und zog ein kleines Stück Pergament heraus. Sie las es laut vor: »Bin zum Rebellenkönig gegangen. Wünsch mir Glück.«
Erschöpft bis auf die Knochen setzte sich Rhona auf den nächstbesten Stuhl und legte ihr Bein über die Armlehne. »Deine Königin ist ein verrücktes Huhn.«
»Vielleicht«, sagte Vigholf, während er das Pergament an sich nahm und es betrachtete. »Vielleicht auch nicht.«
Rhona starrte ihn an. »Wie meinst du das?«
»Was wäre, wenn die verrückte Hexe den Rebellenkönig auf unsere Seite ziehen kann? Wenn sie ihn dazu bringen kann, zusammen mit uns zu kämpfen …«
»Oder«, meinte Morfyd, »sie bringt ihn gegen uns auf, indem sie … hmmm, ich weiß nicht … indem sie ihm beispielsweise die Haare absäbelt bei dem Versuch, ihm den Kopf abzuschlagen?«
Vigholf zuckte zusammen und gab Morfyd das Blatt zurück. »Ich hab’s begriffen.« Er sah Rhona an. »Was willst du jetzt unternehmen?«
»Was kann ich denn tun? Ich muss sie holen. Wenn ich Glück habe, hat sie den Rebellenkönig noch nicht erreicht. Aber ich habe noch nie Glück gehabt«, seufzte sie.
»Vielleicht ändert sich das jetzt.« Vigholf bedeutete ihr aufzustehen. »Komm, wir gehen, Feuerspuckerin. Wir haben noch viele Meilen vor uns.«
»Zu Fuß?«
»Redest du schon wieder von Pferden? Ich bin ein Drache , Frau. Pferde haben Angst vor mir.«
»Diese Angst ist im Augenblick nicht gerade hilfreich, oder?«
»Dagegen habe ich etwas«, sagte Morfyd. Sie wühlte in einer Tasche herum, die auf ihrem Bett lag, und zog eine Halskette heraus. Vermutlich handelte es sich um einen Talisman, aber um einen ganz einfachen. Es war bloß ein schwarzer Stein, der an einer einfachen Silberkette hing. »Trag das.«
Vigholf wich vor der Kette zurück, die Morfyd ihm entgegenstreckte. »Nicht nötig.«
»Hast du Angst, Nordländer?« Rhona musste ihn einfach necken. »Angst vor einer kleinen Kette?«
»Es ist nichts
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