Dragon Touch
hatte. Nur die
Mächtigsten und Erfahrensten schafften das.
Er war viel jünger als sie angenommen hatte und gar nicht
wie die anderen Blitzdrachen, die sie kannte. Nicht nur, dass er schön war –
eine Seltenheit bei den Nordlandmännern –, er war auch ziemlich … konnte sie so
etwas sagen? … elegant? Von Geburt an ein Außenseiter, nahm sie an.
Im Moment war er ein verwirrter eleganter Außenseiter.
Rhiannon liebte verwirrte Männer, auch wenn das nicht so schwer zu erreichen
war, wie sie gerne glauben wollten.
»Du wusstest ,
dass mein Vater deine Tochter gefangen hält?«
Sie musste lächeln. »Ich habe es immer gewusst.« Auch wenn
sie eigentlich erwartet hatte, dass Keita sich schon lange aus dieser Lage
befreit haben müsste.
»Und doch hast du sie dortgelassen.«
»Es war nicht so sehr die Tatsache, dass sie durch die
Äußeren Ebenen gezogen ist, die mich gestört hat. Es war, dass sie es tat, um
meine verräterische Schlampe von einer Schwester zu besuchen. Sie macht diese
Dinge nur, um mich zu ärgern. Und sie hätte ihre Geschwister zu Hilfe rufen
können, aber offenbar war es ihr zu peinlich – zu Recht.«
»Ich verstehe.«
»Na, na. Sieh nicht so niedergeschlagen drein, mein
kleiner Blitzschlag.« Sie tätschelte seinen Arm. »Ich bin trotzdem ziemlich
interessiert an einem Bündnis. Dagmar hat mir deinen Brief gegeben. Auch wenn
ich bezweifle, dass du sie bloß hierhergeschickt hast, um mir diese Nachricht
zukommen zu lassen. Warum also sonst?«
»Ihr Onkel Jökull ist auf dem Vormarsch ins Land ihres
Vaters, während wir hier sprechen. Er hat seine Armee verdoppelt, und ich
wusste, egal, was ich ihr sagte, sie würde sofort dorthin zurückkehren. Sie
würde alles riskieren, um …«
»Du wolltest sie beschützen«, unterbrach sie ihn
überrascht.
Der Blitzdrache wandte den Blick ab. Sie konnte nicht
recht erkennen, ob es Verlegenheit war, die ihm in sein hübsches Gesicht
geschrieben stand, oder Kummer. »Ich weiß, sie glaubt es nicht, aber sie
bedeutet mir viel.«
Definitiv Kummer.
Leider war es dafür zu spät. Rhiannon hatte das Gesicht
ihres Sohnes gesehen, als Dagmar lebend und wohlauf aus dem Tunnel gekommen
war. Es war nicht nur Erleichterung gewesen, die er beim Anblick dieser
Menschenfrau spürte. Es war Liebe. Wenn es eine der menschlichen oder
Drachenhuren gewesen wären, mit denen sie Gwenvael im Lauf der Jahre gesehen
hatte, wäre Rhiannon nicht erfreut gewesen. Doch Dagmar war keine dieser
hirnlosen kleinen Schlampen, die um Liebe bettelten.
Diese Barbarin konnte allein durch ihre Willenskraft die
Welt zerstören – und Rhiannon bewunderte das.
»Wie verbleiben wir, Mylady?«
Sie machte sich auf den Rückweg zum Schloss. »Wir treffen
uns morgen auf Garbhán. Dann sprechen wir über ein Bündnis.«
»Und deine Tochter?«
»Behalte sie, lass sie frei, das ist mir vollkommen egal.
Aber« – sie wirbelte auf dem Absatz herum, um ihn anzusehen – »sei vorsichtig,
Junge. Ich kenne Olgeir ziemlich gut. Er wird seine Beute nicht freiwillig
ziehen lassen.«
Rhiannon überließ dem Blitzdrachen die Entscheidung und
ging zurück zum Schloss. Sie näherte sich dem Tor, als sie die Stimme ihres
Gefährten hörte.
»Wo zum Teufel warst du?«
Lächelnd wandte sie sich Bercelak zu. Er war wütend, dass
sie gegangen war, ohne ihm zu sagen wohin. Er war wütend, dass sie allein, ohne
ihn oder seine Wachen, in den Wald gegangen war. Er war wütend, weil er
aufgewacht war und gemerkt hatte, dass sie weg war. Und sie würde in den
nächsten Stunden für diese kleinen Verfehlungen bezahlen.
Sie konnte es kaum erwarten.
Sie nahm seine Hand und zog ihn zum Tor. »Sei nicht so
brummig, mein Liebling. Ich habe uns einen Krieg besorgt.«
»Du hast uns was besorgt?«
»Du hast mich schon verstanden. Ich habe uns einen
hübschen, blutigen Krieg besorgt. Klingt das nicht lustig?«
32 Dagmar
wachte auf, als sie leises Lachen aus einer der anderen Kavernen hörte. Es überraschte
sie weniger, dass sie dieses Lachen zwischen fürchterlichen Schnarchanfällen
neben ihrem Ohr hörte, sondern vor allem, dass sie trotz dieses entsetzlichen
Schnarchens hatte schlafen können. Doch jetzt, wo sie wach war, war es schlicht
unmöglich, bei diesem Lärmpegel wieder einzuschlafen. Der Trick war, sich aus
dem Griff des Drachen zu schälen, der sie so eng umschlungen hielt. Gwenvaels
Arme lagen um ihre Taille, sein Kopf war an ihre Brust geschmiegt, sein linkes
Bein lag auf ihrem rechten,
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