Dragon Touch
Das sind gute Namen. Sehr alt, aber sie
haben Kraft.« Sie nickte. »Ja. Talwyn und Talan.«
»Talwyn die Tödliche. Talwyn die Terrorisierende. Talan
der Todesmutige. Talan der Teuflische.«
Annwyl nickte, ihr Lächeln war breit und strahlend. »Das gefällt mir!«
Dagmar setzte sich mit dem Baby auf dem Arm an den Tisch
und griff nach dem Wasserkrug und einem Becher. »Das dachte ich mir.«
»Also, Lady Dagmar, erzähl mir von deinem Onkel Jökull.«
Sie zog eine Grimasse. »Warum musst du diesen
wunderschönen Morgen ruinieren, indem du von ihm sprichst?«
»Weil ich wissen muss, warum Gwenvael darauf bestand, dass
ich deinem Vater drei Legionen zur Hilfe schicke.«
Dagmar stellte den Becher Wasser unberührt auf den Tisch
zurück. »Seit wann bittet er um drei Legionen?«
»Von Anfang an. Das hat er zu Briec gesagt, als er noch in
den Nordländern war, und dann zu mir nach seiner Rückkehr.« Sie rieb ihre Nase
an der ihres Sohnes, was diesen zum Kichern brachte. »Er ist ein bisschen zu
jung zum Kichern, oder?«
»Willst du darauf wirklich eine Antwort?«
»Nein. Bleiben wir beim Thema. Dein Onkel.«
Mehr als eine Stunde lang erzählte Dagmar Annwyl von Onkel
Jökull und warum ihr Vater die Hilfe brauchte. Es war ein freundliches
Geplauder, doch Dagmar hätte nicht sagen können, ob die Blutkönigin ihr geben
würde, was sie brauchte. Die Königin war nicht so leicht zu durchschauen, wenn
sie nicht gerade psychotisch versuchte, jemanden zu massakrieren.
Doch der unterhaltsamste Moment für Dagmar war, als sie
zusah, wie die Königin versuchte, ihrem Baby die Windel zu wechseln. Am Ende
musste Dagmar übernehmen, und die Königin beschloss mit angewidertem Gesicht:
»Wir müssen zurück nach Garbhán, damit sich die Ammen um diese Dinge kümmern
können. Denn ich glaube, mir wird schlecht.«
Mit Minotaurenblut, Blutklumpen und Gehirnmasse hatte sie
kein Problem. Aber die schmutzigen Windeln ihrer eigenen Kinder – die Hölle auf
Erden.
Als die Kinder friedlich in ihrem Bettchen schliefen und
die beiden Frauen weiterredeten, bemerkte Dagmar, dass Annwyl langsam eines
ihrer Schwerter aus der Scheide gezogen hatte. Dabei unterbrach sie aber keinen
Augenblick den Gesprächsfluss.
Dagmar sprach weiter, bis sie selbst auch jemanden oder
etwas in einem der Tunnel in der Nähe spürte.
Es dauerte noch einmal fünf Minuten, bis Ghleanna
vorsichtig in den Alkoven trat. Als es so weit war, stand Annwyl bereits, die
Klinge erhoben und kampfbereit. Ghleanna griff automatisch nach ihrem eigenen
Schwert, und Dagmar stand auf.
»Hört auf! Beide! Was soll das denn?«
Es waren noch andere hinter Ghleanna, doch sie schienen
mehr als froh, dass sie voranging.
Ghleanna deutete auf Annwyl. »Ist sie noch verrückt? Muss
ich die Babys beschützen?«
»Natürlich nicht.«
Doch aus irgendeinem unbekannten Grund zuckte Annwyl
plötzlich am ganzen Körper und veranlasste damit Ghleanna und die anderen, ihre
Waffen zu ziehen.
Dagmar warf Annwyl einen vernichtenden Blick zu –
woraufhin die verrückte Königin nur grinste – und sah wieder Ghleanna an. »Es
ist alles in Ordnung. Vielleicht solltet ihr mir einfach sagen …«
Annwyl zuckte wieder, was den Cadwaladr-Clan extrem nervös
machte. Weitere Schwerter wurden erhoben, noch mehr Drachen in Menschengestalt
betraten mit gezogenen Waffen den Alkoven, der mit jedem Augenblick enger
wurde. Die Lage konnte jeden Moment eskalieren. Da verlor Dagmar die Geduld,
knallte die Hände auf den Holztisch und brüllte: »Was auch immer du da tust:
Hör sofort auf damit!«
Ihr plötzlicher Ausbruch wurde gefolgt von einem lauten
Rums in der Nische, in der sie geschlafen hatte, und eine Stimme schrie: »Ich habe sie nicht angerührt!«
Peinlich berührt nahm Dagmar ihre Augengläser ab und rieb
sich die Augen, während der Raum von hysterischem Gelächter widerhallte.
Gwenvael wachte nackt auf dem Boden auf und wusste nicht,
wie er dort hingekommen war. Er erinnerte sich entfernt an Gelächter und ein
gebrülltes »Musst du mich
immer in Verlegenheit bringen?« , aber das konnte vor wenigen
Augenblicken oder vor zwanzig Jahren gewesen sein. Die Götter wussten, es wäre
nicht das erste Mal gewesen, dass ihm diese Frage entgegengeschleudert wurde.
Seiner Meinung nach war allen alles immer viel zu schnell peinlich. Wenn man
Peinlichkeiten fürchtete, fürchtete man das Leben.
Er wusch sich an der Waschschüssel, zog seine braune Hose
und die Stiefel an und ging hinaus in
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