Dragon Touch
sie nicht. Kann ich dir gleich sagen.«
»Kannst du es nicht aus ihr herausprügeln?«
Er hörte es, obwohl sie verzweifelt versuchte, es zu
verbergen – ein leises Husten, das ein Lachen verdecken sollte.
»So was machen wir hier nicht«, erklärte ihm Der
Reinholdt. »Das überlassen wir den Südländern. Hier in den Nordländern schätzen
wir unsere Frauen.«
»Oooh! Du meinst, wie Rinder!«
Ihr Vater warf ihr einen Blick zu, dass Dagmar sich fragte,
ob dem Drachen sein Kopf überhaupt etwas bedeutete. Oder wollte er als Trophäe
an der Schlafzimmerwand ihres Vaters zwischen den beiden halbtonnenschweren
Bären enden, die ihr Vater im vorigen Winter abgeschlachtet hatte?
»Lord Gwenvael, ich bin sicher, dass du nicht versuchst,
meinen Vater zu beleidigen. Nicht schon wieder.«
»Versuchen? Mich anstrengen? Nein.«
Na gut, sie musste es zumindest vor sich selbst zugeben …
Er war witzig. Und er verschwendete keinen Gedanken an seine persönliche
Sicherheit.
Nicht nur das, aber warum musste er sagen, wie gut
aussehend die Männer im Norden waren – auch wenn sie wusste, dass das eine Lüge
war – und hier vor ihrem Vater zugeben, dass er geweint hatte? Er war nicht
dumm, dieser Drache. Er kannte sich recht gut mit den Sitten und Gebräuchen des
Nordens aus. Was in aller Welt tat er dann da?
Sie wusste es nicht, aber sie konnte es gar nicht erwarten,
es herauszufinden.
»Wie es unserer Sitte entspricht, Vater, sollten wir ihn
über Nacht hierbleiben lassen.«
»Gut.«
»Und kann ich mit euch allen zusammen abendessen?«, fragte
der Drache freundlich und blinzelte mit seinen großen, goldenen Augen.
»Abendessen?« Ihr Vater sah sie an. Er war jetzt so verwirrt,
dass es fast rührend war.
»Aye. Ich würde so gern mit dem großen Reinholdt beim
Abendessen plaudern. Und mit der entzückenden Lady Dagmar.«
»Na ja … denke schon.«
»Und deine großartigen, strammen Söhne! Sie sind noch
nicht alle vergeben, oder?«
Das Prusten war aus ihrer Nase heraus, bevor sie es
zurückhalten konnte, aber als sie sah, wie ihr Vater sich anschickte
aufzustehen, hob sie eine Hand.
»Schon gut, Vater.« Sie beugte sich vor und flüsterte
laut: »Ich behalte ihn im Auge.«
»Tu das.«
Ihr Vater lehnte sich wieder zurück, und Dagmar deutete
auf die Tür. »Lord Gwenvael. Ich geleite dich zu deinem Zimmer.«
6 Sie führte Gwenvael hinauf in den ersten Stock in einen
anderen Teil des Gebäudes. Die Haupthalle war schon so gigantisch, dass man
eine kleine Armee darin hätte unterbringen können, aber dahinter befand sich
ein achtstöckiger Gebäudeteil, der eine beträchtliche Anzahl an Söhnen,
Ehefrauen und deren Nachwuchs beherbergte.
»Hier wirst du wohnen.« Dagmar betrat den Raum und
wartete, dass er ebenfalls eintrat. »Hier ist frische Wäsche, und die Felle
sind gelüftet.«
Er ging durch den Raum. Es könnte schlimmer sein, denke ich .
»Falls du sonst noch etwas brauchst …«
»Ein Bad. Bitte.« Gwenvael setzte sich ans Fußende des
Bettes. Der Tag war lang gewesen, und er war müde.
»Na ja, da drüben ist ein See.« Sie ging zum Fenster und
sah hinaus. »Und ich glaube, heute Nacht könnte es regnen, wenn du dich draußen
hinstellen möchtest.«
Gwenvael ließ den Kopf in die Hände sinken.
»Stimmt etwas nicht?«, fragte sie.
»Bei allem, was heilig ist, sag mir, dass ihr eine Badewanne
habt!«
Als sie nicht antwortete, blickte er auf und stellte fest,
dass sie eine Hand vor den Mund hielt und ihre Schultern bebten, als lachte sie
ihn aus.
»Frau, bring mich nicht schon wieder zum Weinen! Denn
diesmal verspreche ich dir Schleim.«
Sie lachte jetzt ein bisschen freier. »Verfechter der
Vernunft, bitte nicht schon wieder weinen!«
Gwenvael rieb sich die müden Augen und gähnte. »Verfechter
der Vernunft? Den Ausdruck habe ich seit der Zeit von Aoibhell nicht mehr
gehört.«
»Du hast von Aoibhell gehört? Dann hast du also ein Buch
gelesen.«
»Ich habe mindestens zwei gelesen, aber ich kannte sie
sogar persönlich.«
»Du kanntest Aoibhell die Gelehrte? Die Philosophin?« Sie
trat näher. »Du?«
»Meinst du nicht eher Aoibhell die Ketzerin?« Die Arme
hinter sich, die Hände flach aufs Bett gestützt, streckte Gwenvael die Beine
aus. Sie war nahe genug, dass er mit dem Fuß an der Innenseite ihres Schenkels
hätte hinaufstreichen können, wenn er gewollt hätte. Nun ja … Er wollte es
tatsächlich, aber er fürchtete das, was unter ihrem Rock lauern und ihm die
Zehen abbeißen
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