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Drahtzieher - Knobels siebter Fall

Drahtzieher - Knobels siebter Fall

Titel: Drahtzieher - Knobels siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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anrüchig ist. Sie doch auch, Frau Schwarz. Auch Ihr Herzchen Knobel. Alle tun es. Ich bin, wenn Sie so wollen, derjenige, der den Menschen Pornobildchen in die Gebetbücher legt.«
    Er lachte laut auf, bückte sich, griff neben seinen Schreibtisch, holte eine kleine Schnapsflasche hervor, nahm einen Schluck und stellte sie wieder weg. Er wischte mit dem Handrücken über seine Lippen und leckte sie schmatzend ab.
    »Es läuft nicht mehr so bei Ihnen«, bemerkte Marie. »Das tut mir leid.«
    Sie setzte sich ihm gegenüber auf die andere Seite des Tisches.
    »Ihnen muss nichts leid tun. Ich komme klar. Für mich bin ich ausschließlich selbst verantwortlich. Vielleicht hätte ich so eine Frau wie Sie gebraucht. Aber ich schätze, ich habe sie nicht erkannt, als sie mir über den Weg lief. Manche Chancen kommen nicht wieder. – Pech gehabt«, resümierte er lakonisch.
    »Anne gibt grünes Licht?«, wechselte er das Thema.
    »Mit Vorbehalten«, schränkte Marie ein. Sie erläuterte ihm, worauf es Frau van Eyck ankam.
    »Haben Sie verstanden, worum es ihr geht?«, vergewisserte sie sich.
    »Ich bin nicht besoffen, Frau Schwarz, und bestimmt helle genug, um zu wissen, dass ich die van Eyck brauche.«
    Er wühlte durch das auf dem Schreibtisch liegende Papier und fingerte eine Skizze hervor.
    »Es gibt zwei Personen bei ThyssenKrupp, die für uns von Bedeutung sind«, erklärte er. »Mindestens zwei, wenn ich richtig liege«, stellte er klar und überzeugte sich mit prüfendem Blick, ob Marie auf seine Skizze schaute, auf der er ein Beziehungsgeflecht entwickelte. In der Blattmitte stand der Name ThyssenKrupp, darunter der von Lieke van Eyck. Wanninger kreiste beide Namen ein. Die Kreise überschnitten sich teilweise und bildeten an dieser Stelle eine Schnittmenge, in die er den Begriff Loyalität setzte.
    »Erstens gibt es den Informanten, der mir Briefe schreibt und Andeutungen macht«, erklärte er. »Was meinen Sie, Frau Schwarz? Warum macht er Andeutungen und deckt nicht den ganzen Skandal auf?«
    Er schrieb das Wort ›Informant‹ in die linke obere Ecke seines Schaubildes und verband es mit einem Strich mit dem Namen ThyssenKrupp.
    Wanninger schlüpfte wieder in die Rolle des Lehrers und sah Marie fordernd an. Er wirkte nüchtern, wenn er glänzen konnte.
    »Weil er vermutlich nicht alles weiß«, beantwortete er sich selbst. »Er hat Hinweise, vielleicht einzelne Belege, aber er kann die Geschichte nicht rundmachen. Oder er will sich nicht offenbaren, weil er sich eigene Vorteile verspricht. Zugleich ist er eine Art Drahtzieher.«
    Er setzte ein Fragezeichen über den Verbindungsstrich.
    »Sei es, wie es sei: Von dem Informanten erfahren wir nicht die ganze Geschichte – oder nur dann, wenn und wann es ihm gefällt. Auf ihn können wir nicht bauen. Er ist nicht verlässlich oder nicht ergiebig.«
    Wanninger holte tief Luft.
    »Zweitens gibt es den Täter«, fuhr er fort und schrieb dieses Wort links unten in das Schaubild. »Er muss nicht direkt was mit Liekes Tod zu tun haben. Aber er ist jemand, der weiß, was gedreht wird. Er arbeitet vielleicht in der Konzernspitze, vielleicht auch nur mit ihr zusammen, vielleicht aber auch allein. Keine Ahnung. Er ist der, den wir suchen. Es ist wahrscheinlich, dass Lieke van Eyck in seinem Umfeld gearbeitet hat. Sie hat ihn entdeckt oder konnte aufgrund dessen, was sie gefunden hat, die richtigen Schlüsse ziehen. Ihn müssen wir fassen. Ihn müssen wir ausquetschen, dann habe ich die Story und Ihr Freund die Lösung seines Falles. Sind wir uns einig?«
    Wanninger wirkte plötzlich konzentriert und voller Leben. Es war, als verlöre sich der Geruch von Schweiß und Alkohol in der Vitalität, die in ihn zurückgekehrt war und erahnen ließ, wie er früher einmal gewesen sein musste. Er malte weitere Striche in das Schaubild und verband den Täter sowohl mit dem Informanten als auch mit ThyssenKrupp und kennzeichnete beide Linien ebenfalls mit Fragezeichen.
    »Viele Fragezeichen«, bemerkte Marie.
    »Wie kriegen wir ihn?«, fragte Wanninger unbeirrt. »Anne van Eyck wird ihm einen Brief schreiben«, beantwortete er sich selbst mit kindlichem Stolz. »Sie schickt ihm Unterlagen, die sie bei ihrer Schwester gefunden hat und von denen augenscheinlich noch mehr vorhanden sind. Sie wird fragen, ob es Unterlagen sind, die das Unternehmen noch braucht oder ob sie die Unterlagen wegwerfen kann. – Sie verstehen, was ich will?«, hakte er nach. Die zuvor glasigen Augen blickten

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