Drake Schwestern 01-02 - Daemmerung des Herzens-06.07.12-OK
Sie wegen unbefugten Betretens
verhaften lasse.« Damon knallte das Fenster mit einer entsetzlichen
Endgültigkeit zu. Das Licht ging aus, als ließe sich damit jede Verständigung
zwischen ihnen unterbinden.
Sarah blieb auf dem Boden sitzen und starrte mit
schwerem Herzen das dunkle Fenster an. Das Meer rauschte und dröhnte mit
unaufhörlicher Beständigkeit. Der Wind riss an Sarahs Haaren und Wolken zogen
vorüber. Sie winkelte die Knie an und kam zu dem Schluss, Prophezeiungen aus
alter Zeit sollten niemals von einer Generation an die nächste weitergereicht
werden. Wenn man das unterließ, konnte man nämlich nie enttäuscht werden.
4.
Sarah sparte sich die Mühe, höflich an die abgeschlossene
Haustür zu klopfen. Damon Wilder war verletzt und zornig und sie konnte es ihm
nicht wirklich vorwerfen. Sie selbst war fast so sehr verwirrt wie er. Zum
Teufel mit alten Prophezeiungen, die es sich nicht nehmen ließen, einem das
Leben zu verpfuschen. Wären sie einfach nur zwei Menschen gewesen, die einander
zufällig begegnet waren, dann wäre alles in Ordnung gewesen. Aber nein, das Tor
musste aufschwingen, um ihn willkommen zu heißen. Keiner von beiden war schuld
daran, aber wie sollte sie Damon eine zweihundert Jahre alte Voraussage
erklären? Wie konnte sie ihm sagen, dass ihre Familie Generationen von
mächtigen Frauen als Vorfahren aufzuweisen hatte, Frauen, die ihre Macht aus
dem Universum schöpften, von dem sie umgeben waren, und dass jahrhundertealte
Prophezeiungen sich immer bewahrheiteten?
Sarah tat das Einzige, was eine Frau mit
Selbstachtung in ihrer Situation mitten in der Nacht getan hätte. Sie griff zu
ihren Spezialwerkzeugen und brach das Türschloss auf. Sie prägte sich ein, dass
sie bei Gelegenheit eine anständige Alarmanlage in seinem Haus installieren und
ihm eine Standpauke halten musste, damit er für die Übergangszeit wenigstens
einen Riegel kaufte.
Als Kind hatte sie oft in diesem Haus gespielt, und
daher war sie mit seinem Grundriss fast so gut vertraut wie mit dem ihres
eigenen Hauses. Sarah bewegte sich rasch durch das Wohnzimmer. Sie sah nur sehr
wenige Einrichtungsgegenstände, obwohl Damon schon vor gut einem Monat hier
eingezogen war. An den Wänden hingen keine Bilder und nichts wies darauf hin,
dass jemand hier zu Hause war und nicht nur vorübergehend sein Quartier hier
aufgeschlagen hatte.
Damon lag auf seinem Bett und starrte die Decke an.
Er hatte vor Wut gekocht, doch seine Furcht war zu groß und sein Zorn war
verraucht. Sarah hätte sich beinah in einen Hinterhalt locken lassen. Selbst
wenn man sie als Wachhund für ihn engagiert hatte, hätte es sie das Leben
kosten können. Er durfte gar nicht daran denken. Sarah. Die geheimnisumwobene
Sarah. Wie konnte er sich so schnell auf eine Frau fixieren, er, der doch sonst
nur selten jemanden wahrnahm? Wenn er die Augen schloss, konnte er sie vor sich
sehen. Etwas Sanftes ging von ihr aus, etwas Feminines, das ihn auf jeder Ebene
ansprach. Wahrscheinlich hätte sie gelacht, wenn sie gewusst hätte, dass er ein
abwegiges und doch rasendes Verlangen verspürte, sie zu beschützen.
Damon stieß einen weiteren leisen Fluch aus, denn
er war nicht sicher, ob er sich dazu durchringen konnte, seine Sachen zu packen
und wieder zu verschwinden. Wohin hätte er schon gehen können? Hier war für
seine Begriffe das Ende der Welt, und doch war es ihnen irgendwie gelungen, ihn
nach all diesen Monaten zu finden. In seiner Nähe würde niemand sicher sein.
»Liegst du immer im Dunkeln im Bett und schickst
Flüche zur Decke?«, fragte Sarah leise. »Das könnte nämlich in einem späteren
Stadium unserer Beziehung ein echtes Problem werden.«
Damon schlug die Augen auf und starrte sie an.
Sarah. Leibhaftig. In seinem Schlafzimmer. Mit einem hautengen schwarzen
Overall bekleidet, der jede ihrer weiblichen Kurven zur Geltung brachte. Ihm
lief das Wasser im Mund zusammen und als Reaktion auf ihren Anblick erwachte
jede Zelle seines Körpers zu neuem Leben. »Das passiert nur dann, wenn ich mich
verraten fühle. Ich weiß selbst nicht genau, was es ist – im Grunde genommen
eine Art Reflex, gegen den ich anscheinend nichts unternehmen kann.«
Sarah sah sich nach einem Stuhl um, fand keinen und
stieß seine Beine zur Seite, damit sie sich auf sein Bett setzen konnte.
»Verrat kann schmerzhaft sein. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich diese
Erfahrung bisher noch nicht gemacht habe. Meine Schwestern decken mir sozusagen
den Rücken.« Sie
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