Drakhim - die Drachenkrieger - Trilogie
hier war.
»Denkst du, sie hat auf dich gewartet?«
»Ich hoffe es.«
Aber was würde sein Vater dazu sagen? Würde er ihm jemals verzeihen, nach allem, was Hag angerichtet hatte?
Ihre Lippen waren seinem Ohr ganz nahe, und er konnte ihren warmen Atem spüren, als sie hineinflüsterte: »Narr. Was ist es, das dich zu Pflicht und Ehre zwingt und vergessen lässt, was wirklich von Bedeutung ist?«
Hag schloss die Augen. »Weil es Dinge von höherer Bedeutung gibt«, antwortete er leise. »Allerdings bin ich dabei, mich zu entscheiden.«Â
»Was du willst, zählt nicht?«
»Doch, darum geht es ja. Das hat meine Irrfahrt verursacht.«
Sie verharrte für einen Moment. Dann wollte sie wissen: »Und wenn ich dich nun dazu einlade, das Lager mit mir zu teilen, würdest du ablehnen?«
»Ja, Weylin.« Die Antwort fiel ihm leichter, als er geglaubt hatte. Trotz des verführerischen Momentes, aber weiter wollte er nicht gehen. »Wir sind Freunde, Gefährten durch das besondere Band des gemeinsamen Schicksals. Das sollten wir nicht zerstören.« Er wagte es, in ihre mondschimmernden Augen zu blicken. Er wusste nicht, was er darin erblickte. Die Elfe war seit dem ersten Tag gemeinsamer Flucht aus dem Tal der Tränen rätselhaft für ihn, fremd. Er wusste nichts über sie, ihre Gedanken, ihre Sehnsüchte.
Ihre Mundwinkel jedoch zuckten. »Für einen Menschen, der kein Bier verträgt, hast du dich erstaunlich in der Gewalt«, bemerkte sie. »Ich kann mich also ohne Gefahr weiter mit dir auf die Reise begeben.« Sie ging auf die Tür ihrer Kammer zu, dann verharrte sie noch einmal kurz. »Hag ... was ich dir jetzt sage, ist niemandem bekannt. Aber du hast dich als Mann von Ehre erwiesen und kannst mich vielleicht verstehen. Ich habe noch nie einem Mann gestattet, mich zu berühren, weil ich noch keinen gefunden habe, der dessen würdig gewesen wäre. Das ist für dich wahrscheinlich schwer vorstellbar. Ihr kurzlebigen Menschen seid zumeist leichtfertig, was Begehren betrifft, weil ihr Angst habt, dass die Tage zu kurz sind. Aber dies alles ist viel zu kostbar, um leichtsinnig damit umzugehen.« Damit verschwand sie.
Hag starrte noch eine Weile verdutzt auf die geschlossene Tür. Er war nicht sicher, ob er auch nur ein Wort verstanden hatte. Dann entschied er, dass zu dieser vorgerückten Stunde, mit dem Kopf voller Bier, ein heiÃes Bad eher angemessen war als tiefschürfende Gespräche mit einer Elfe.
»Wie lange wollen wir noch warten?« Enart Beidhand näherte sich auf seine schnelle, lautlose Weise. Ãber seine Schultern ragten die Griffe der beiden Schwerter hinaus, die er mit zielsicherer Schnelligkeit zu ziehen und einzusetzen wusste.
Ruorim der Schlächter, einst Schwarzbart genannt, lehnte an seinem Sattel, die langen Beine ausgestreckt, und kaute an einem wilden Kornstängel. Von hier oben hatten sie eine gute Sicht auf die Stadt hinab, deren StraÃenzüge und Häuser mit vielen Fackeln und Kerzen in den Fenstern erhellt waren. Im Norden der Stadt lag eine kleine Hügelkette, die letzte Grenze vor der Wüste im Osten und den Bergen im Westen. Hier hatte die Schar Stellung bezogen und einen Tag lang beobachtet, was in Vorberg vor sich ging. »Nur die Ruhe mein Freund«, sagte der Drakhim gelassen. »Du bist zu ungeduldig, wie immer.«
»Ich meine ja nur, weil es bereits dunkel ist, und du sagtest ...«
»Ich weiÃ, was ich sagte. Und während du hier hektisch herumläufst wie ein gefangener Kampfstier, hat sich die Schar längst unten in der Stadt verteilt und wartet nur auf mein Zeichen.«
Enart setzte sich neben ihn. »Wie hast du sie hineingebracht?«, fragte er staunend.
»Genauso, wie dir nicht auffiel, dass nur noch zwanzig von uns hier sind«, erwiderte Ruorim grinsend. Seine von einer tiefen Narbe entstellte rechte Gesichtshälfte mit dem rötlichen Auge lag im Schatten. Die linke Seite dagegen war makellos, beherrscht von einem wolfsgelben Auge, dem nichts entging. »Was lehre ich dich immer? Lass dich nicht ablenken! Du achtest zu wenig auf die Nebensächlichkeiten. Im Lauf des Tages sind meine Leute nach und nach gegangen und in unauffälliger Aufmachung durch eines der Tore einmarschiert, ohne irgendwelche Schwierigkeiten. Vorberg hat keine strengen Kontrollen, um es sich mit niemandem zu verscherzen, weder mit Zwerg, noch
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