Drakhim - die Drachenkrieger - Trilogie
voneinander.
Goren hatte ein seltsames Gefühl, als er die vielen Stufen nach oben stieg, über die Festung hinaus.Â
Dreyra erwartete ihn ganz oben, den Kopf gesenkt, die Augen halb geschlossen.
»Bist du müde?«, fragte Goren sanft.
»Nein, Goren â ich warte«, antwortete der Dunkle Drache. »Nun ist es auch Zeit für uns beide, Abschied zu nehmen. Auf immer.«
»Du verlässt uns?«
»Die Welt ist im Wandel. Die Götter werden nie mehr zurückkehren, und auch für uns, ihre Boten, ist die Zeit gekommen. Dies ist nun eure Welt, Goren. Ihr seid frei und tragt damit auch die Verantwortung. Wir haben euch nichts mehr zu lehren, und ihr benötigt unseren Schutz nicht mehr. Ihr seid flügge und bereit, das Nest zu verlassen.«
Goren schwieg und sah über das Land. Die verdorrte Steppe, von der mühsam die Ãberreste der Schlacht getragen und Scheiterhaufen für die Gefallenen errichtet wurden. Die Heere der verbündeten Völker waren bereits abmarschiert, die meisten Verwundeten konnten auch abreisen. Der Rest würde noch eine Weile Drakenhorts Gastfreundschaft genieÃen.
Tief im Osten ballten sich schwarze Wolken zusammen. Der erste Herbstregen würde bald eintreffen. Das Land würde in den Wasserfluten ertrinken, und es würde kalt werden, aber dann, im Frühjahr, käme die neue Blüte in strahlender Pracht, und ein grüner Teppich würde sich ausbreiten.
Dies alles war nun sein, das Land von Goren Vaterlos, dem einst verachteten Drakhim. Das lag lange zurück. Und würde nie mehr wiederkehren.
»Was siehst du, Dreyra?«, fragte er und richtete die braungrünen Augen wieder auf den Dunklen Drachen. Eine Brise fächelte seine langen schwarzen Haare, und er glaubte ein zartes Wispern an seinem Ohr zu vernehmen, doch das war bestimmt nur ein Hauch der Erinnerung.
Dreyra hielt die geblähten Nüstern in den Wind. »Sie kommen«, flüsterte sie.
Und da nahten sie auch schon.
»Seht doch, seht!« Der erste Ruf vervielfältigte sich und schallte durch ganz Drakenhort, bis über die Steppe hinaus. Wer noch dort drauÃen in Sichtweite war, blieb stehen und wandte sich dem Schauspiel zu.
Da flogen sie, am Himmel entlang von Norden her, von dort, wo der ewige Frost herrschte.
RiesengroÃ, wenngleich nicht so gewaltig wie Dreyra, und mit glänzenden Schuppen in allen Farben, mit schimmernden Flügeln und mächtigen, stachelgekrönten Häuptern.Â
Ein Rauschen und Surren war in der Luft, als sie zur Landung ansetzten, allen voran ein schwarzgoldener Drache, der Dreyra sehr ähnlich sah. Goren war sicher, dass es sich um ihren Bruder Schmied handelte, dessen Rüstung er getragen hatte, und er winkte ihm, wenngleich das mächtige Wesen es auf diese Entfernung wahrscheinlich nicht sehen konnte.
Elegant, ja majestätisch, landeten sie auf dem freien Feld der Steppe, und es herrschte ein Durcheinander an strahlenden, glänzenden, funkelnden Schuppen und Schwingen, langen, sich bewegenden Hälsen und Schwänzen.
Es war ein Aufgebot, wie es gewiss noch niemals jemand erblickt hatte, auch nicht in den alten Tagen.
Goren hatte nicht gewusst, dass es so viele waren â ein gutes Dutzend mochte es schon sein. Aufgeregt sah er zu Dreyra der Blutfarbenen, deren Blick gütig auf ihm ruhte.
»Leb wohl, Goren«, sagte sie sanft. »Mir bleibt nur noch eines zu tun, bevor wir Blaeja verlassen.«
Sie meinte den Seelenkristall, den Letzten, den es noch gab, und der diese Geschichte für immer beenden würde. Allen stand ein Neuanfang bevor.
»Danke für alles, Engel der Götter«, sagte Goren ergriffen. »Und danke, dass ihr euch von uns verabschiedet.«
»Das war das Mindeste.« Dreyra zwinkerte mit einem Auge, dann erhob sie sich in die Lüfte und stieà einen mächtigen Drachenschrei aus.
Daraufhin antworteten ihre Brüder und Schwestern ebenso und schlugen im Takt dazu mit den Schwingen.
Hoch stiegen sie, immer noch höher hinauf, und zogen Richtung Osten davon, zu den Schleiern.
Der Abschied der Drachen war noch die Krönung dieses Tages gewesen. In ganz Drakenhort, mit Ausnahme â ausgerechnet â des Thronsaales war das Fest im Gange. Ãberall waren Tische und Bänke aufgebaut, brannten Fackeln, wurde aufgetragen, was noch da war an Vorräten. Es wurde gegessen, getrunken, gelacht und getanzt. Unbeschwert und ohne Last.
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