Drakhim - die Drachenkrieger - Trilogie
schaffen das«, sagte Goren, und es klang wie ein Mantra. »Wir schaffen es ganz bestimmt, dies ist noch nicht das Ende.«
Doch in der Nacht kam das Fieber.
Und der Traum, oder die Vision, von einem anderen Leben.
Blutfinder
Ah, du bist hier. Fieber, ja? Kannst dich nicht einfach wieder davonschleichen wie sonst. Sehr schön. Setz dich, Junge, du hast gar keine andere Wahl. Und nein, dies ist kein Traum, keine Vision, auch kein Hirngespinst eines kranken Verstandes. Lass dir gesagt sein, dass sich dein Verstand bester Gesundheit erfreut, in ihm ist überhaupt nichts Krankes. Das sollte dich trösten. Was du hier siehst und hörst, ist die Wirklichkeit. Meine Stimme der Vergangenheit.
Da wir gerade unter uns sind, ist es an der Zeit, von mir zu erzählen. So viele Fragen hast du gehabt, und du hättest sie nur ein einziges Mal an mich richten müssen anstatt an deine Mutter. Es gibt nun einige Entscheidungen für dich zu fällen, deswegen musst du aufgeklärt sein und gute Kenntnis haben. Ãber dein Volk, dem du nun einmal angehörst, da hilft alles Leugnen nichts.
GroÃe Dinge stehen bevor, mein Junge, und du bist der Schlüssel dazu. All mein Streben ist seit Langem nur auf dieses eine Ziel gerichtet, und es ist nun so nahe gerückt, dass ich schon fast danach greifen kann.
Wehre dich nicht, Kind. Es ist alles gut so und hat seine Richtigkeit. Ich werde dir erzählen, wer ich bin, wie ich wurde, was ich bin, und wer du bist. Du wirst manches so lebendig vor dir sehen, als wärst du selbst dabei, doch erschrecke nicht davor, es sind nur Bilder aus der Vergangenheit.Â
So höre denn meine Geschichte, von mir selbst erzählt.
Ich bin Blutfinder, und ich wurde vor mehr als sechshundert Jahren in den Fiebersümpfen an der Grenze zwischen den Mittellanden und den Nordbergen geboren.
Es ist ein raues, urwüchsiges Land, mit mächtigen Wäldern, rauschenden Flüssen und gewaltigen Wasserfällen. Die Winter sind lang und hart, die Sommer kurz und heiÃ. Die Marschen bilden eine Ausnahme, sie liegen in einer tiefen Senke, und hier ist das Klima ganzjährig schwül. Unaufhörlich steigt Hitze aus dem Inneren des Bodens auf, macht den Boden weich und schlammig. An vielen Stellen bilden sich Blasen, die bei Berührung platzen und die Haut durch spritzendes heiÃes Wasser verbrühen. Tief im Inneren der Sümpfe, wo das Stickmoor beginnt, herrscht der Gelbe Dunst, nach Pestilenz stinkend, den Lebensatem raubend. Wer sich hierher verirrt, kann sich verloren nennen. Unzählige Leichen hat der Schlick eingesaugt und ernährt sich von ihnen.
Hier erblickt man nie einen klaren blauen Himmel, und spürt keine frische Brise. Die Mücken saugen einen aus, Tausende auf einem Arm, dessen Haut anschlieÃend rot und heià wird und anschwillt wie nach einem Schlangenbiss. Ja, auch Schlangen gibt es hier, in jeder GröÃe und Farbe, und eines haben alle gemeinsam: Sie sind heimtückisch und giftig.Â
Die Mooreule, ihr ärgster Feind, ist hauptsächlich in der Dämmerung aktiv, man hört ihren schaurigen Schrei, der nach dem letzten Atemzug eines Sterbenden klingt, weithin hallen. Und wenn er verstummt, so hat die Eule ihr Opfer erkoren, und besser ist es für dich, wenn du es nicht bist.
Hier leben Menschen? Ja. Nur wenige Völker verirren sich hierher, sie verabscheuen allesamt den schwimmenden Teppich aus Grasinseln, der keinen sicheren Halt gewährt. Menschen sind anpassungsfähig und genügsam, wenn es darauf ankommt. Und die Menschen, die hier bleiben, haben alle einen Grund dafür. Hauptsächlich den, nicht Anderen zu begegnen. Weil sie Parias sind, Verbannte, Verfolgte, gesuchte Verbrecher, Aussätzige, Scharlatane, Kriegsverbrecher, Entthronte und dergleichen mehr. Weil sie sonst nirgends hinkönnen oder immer schon hier gewesen sind.
Genau da bin ich aufgewachsen, in Moorend. Eine mitleiderregende Siedlung, eine kleine Ansammlung baufälliger, bereits nach einem halben Jahr verrottender Stelzenbauten, mit einer Schmiede im Zentrum. Bewohnt von mageren, vom Sumpffieber ausgezehrten Menschen; Erwachsenen mit fleckiger, rot entzündeter Haut und verklebten Augen, und Kindern mit aufgetriebenen Bäuchen. Ich war eines dieser Kinder, ewig hungrig, mich immer kratzend, bis das Blut hervorschoss, den Schorf von kaum verheilten Wunden reibend, mit laufender Nase und ständig wässrigen Augen.Â
Es
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