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Drakhim - die Drachenkrieger - Trilogie

Drakhim - die Drachenkrieger - Trilogie

Titel: Drakhim - die Drachenkrieger - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabylon-Verlag
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war ein Elend, fürwahr. Niemand gab je viel auf mich, denn ich war eines von vielen Kindern, die ständig gezeugt, aber nie erwünscht waren, und von denen ein Viertel kaum das Mannesalter erreichte. Ich schlief auf dem nackten, harten Bretterboden, bekam zu essen, was übrig blieb, und lebte nicht besser als ein Straßenköter heute in der Nähe von Fürstenhäusern.
    Meinem Vater war ich ein besonderer Dorn im Auge, weil er dachte, dass ich nicht von ihm sei, sondern von seinem Bruder, mit dem sich meine Mutter des Öfteren heimlich vergnügt haben soll. Keine Ahnung, ob das stimmt, denn soweit meine Erinnerung zurückreicht, war meine Mutter eine stille, verhärmte Frau, fieberkrank und nur selten in der Lage, die Hütte zu verlassen. Solange ich klein war und mich nicht wehren konnte, ließ mein Vater also seine Wut über sein unwürdiges Dasein an mir aus. Ich lernte damals, auf wie viele verschiedene Weisen Blut schmecken kann, je nachdem, aus welchem Körperteil es gerade läuft. Ich lernte, was der Unterschied des Schmerzes zwischen einem gebrochenen Finger und einem Tritt in die Magengrube war. Und vieles mehr.
    Ich lernte aber auch, zu überleben. Lernte zu rauben und zu stehlen. Und zu töten. Jedes Tier, das mir meine Beute streitig machen könnte. Ich lernte, mich anzuschleichen und blitzschnell zuzuschlagen. Manchmal bereitete ich mir aus Ratten ein Festmahl, wenn es mir gelang, mich fortzuschleichen, ein Feuer zu entfachen, und den abgezogenen Kadaver auf einem Spieß zu drehen. Ich verschlang alles, was Fleisch war. Und weil ich daran nicht starb, sondern im Gegenteil wuchs und kräftiger wurde, stellte ich bald den Sumpftieren nach, hauptsächlich Enten, an derem zarten, weißen Fleisch ich mich noch heute mundwässrig erinnere. So ziemlich das Einzige, was rundum genießbar war.
    Als ich zehn Jahre alt war, erhob ich zum ersten Mal die Hand gegen meinen Vater. Mein Hass auf ihn war grenzenlos. Nicht, dass ich den Rest meiner Familie mehr geliebt hätte. Sie waren alle nutzlose Mitesser, die mich daran hinderten, jemals wirklich satt zu werden.
    Natürlich war ich als Zehnjähriger kleiner und schwächer als mein Vater, doch er war so überrascht, dass ich mit aller Kraft gegen sein Schienbein trat, ihn in den Arm biss und mit meinen Fäusten auf seinen Magen eindrosch, dass er tatsächlich von mir abließ und ging, ohne ein Wort zu sagen.
    Selbstverständlich kehrte er wieder zurück, nachdem er sich mit seinen Kumpanen mit Senffarnbier betrunken hatte, und verabreichte mir die Tracht Prügel meines Lebens. Beinahe bin ich gar nicht mehr aufgewacht, aber meine Mutter kümmerte sich um mich, und so kam ich doch wieder zu mir, zerschlagen, aber keineswegs am Ende.
    Einige meiner Knochen heilten nie mehr richtig zusammen, sodass ich von da an immer etwas schief in der Haltung war. Das fiel aber später niemandem mehr auf, da ich stets weite Gewänder trug und mir einen ganz eigenen, sehr fließenden Gang angewöhnte.
    Mein Vater wartete in Ruhe ab, bis ich wieder einigermaßen genesen war. Dann wollte er mit seiner »Erziehung«, wie er es nannte, fortfahren. Ich war nun elf Jahre alt.
    Ich warnte ihn, mich noch einmal anzurühren.
    Er lachte nur.
    Als er mir zu nahe kam, tat ich etwas, womit keiner rechnete, schon gar nicht hier in den stickigen Sümpfen, die den Verstand stumpf und leer machen und den Körper aufgedunsen und träge.
    Ich spürte plötzlich etwas in mir, das wohl bis zu diesem Moment geschlummert hatte und durch meine starke Erregung erwachte. Wie ein wildes Tier, das lange reglos auf der Lauer lag, wartend auf den richtigen Moment. Es durchdrang mich, erfüllte mich mit ... ja, dem Gefühl von Macht und Überlegenheit. Ich wusste auf einmal, dass ich stärker war als mein Vater, dass er mir nichts mehr antun konnte. Ich wusste, wie ich mich gegen ihn wehren konnte, was zu tun war. Ich tat das einzig Richtige: Ich gab dem Drängen in meinem Inneren nach und mich dem hin, ließ es gewähren, in dem heißbeseelten Wunsch nach Rache.
    Ich rief meinem Vater etwas zu. Ich hörte meine Stimme, aber gleichzeitig hatte ich das Gefühl, als würde ich neben mir stehen und zusehen; es war befremdlich, ich erinnere mich noch deutlich daran. Ich war nicht mehr ich selbst ... und doch noch ich. Verstehst du, was ich meine? Vermutlich nicht, ist auch nicht wichtig.

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