Drama in Hollywood
nicht das Richtige ?«
»Selbstverständlich«, sagte ich
nervös.
»Das freut mich aber !« Sie ließ mir ein glückseliges Lächeln zukommen, das
möglicherweise eine ganze Sekunde anhielt. »Dann scher dich hinaus und laß mich
in Frieden schlafen, du — du kleinkarierter Sorgenbrecher !« schrie sie mit höchster Lautstärke und verschwand wieder unter dem Bettlaken.
Na ja, philosophierte ich,
während ich auf Zehenspitzen das Zimmer verließ, eins habe ich jedenfalls
gelernt: Wenn ich je ein Mädchen mit französischem Blut in den Adern heiraten
sollte, lasse ich sie am Morgen schlafen.
Ich fuhr in die Stadt und
parkte den Wagen vor dem King’s Arm.
Hotel. Von außen sah das Ding so aus, als ob es weniger von den
harten Zeiten als von einigen Granaten getroffen worden wäre. Die Halle hätte
jederzeit als Vorzimmer zur Hölle dienen können. Allein über den fettigen
Teppich zu gehen erweckte in mir die Sehnsucht nach einer heißen Dusche,
während der meine Schuhsohlen desinfiziert wurden.
Eine unförmige alte Schachtel
hockte hinter dem verschrammten fleckigen Empfangspult, und ich fragte mich, ob
sie wohl jemand im Frühjahr 1899 dorthin gesetzt und angewiesen hatte zu
warten. Ihr strähniges graues Haar klebte an der Kopfhaut, und die Spitze ihrer
langen dünnen Nase war abgestumpft — vermutlich in zu viele allzu rasch
zugeschlagene Türen eingeklemmt worden.
Sie blickte mich mißtrauisch
an, als ich an das Pult zutrat. »Ja ?« blaffte sie mit
winselnder mürrischer Stimme.
»Ich bin auf der Suche nach
einer Miss Laslo«, sagte ich höflich. »Miss Jerrie Laslo. Ich weiß, daß sie vor etwa sechs Monaten hier gewohnt hat, aber seit
damals habe ich die Verbindung mit ihr verloren. Vielleicht hat sie eine
Adresse hinterlassen ?«
»Hier ist ein ewiges Kommen und
Gehen«, sagte sie scharf. »Halten Sie mich etwa für eine wandelnde Enzyklopädie
oder so etwas Ähnliches, daß ich mich an Ihre Freundin erinnern soll ?«
Es sah so aus, als ob ich Takt,
sprich Geld, walten lassen mußte. Ich zog eine Fünfdollarnote aus meiner
Brieftasche und legte sie auf das Pult.
»Ich weiß, daß es große Mühe
für Sie bedeutet«, sagte ich mitfühlend. »Vielleicht entschädigt Sie das ein
wenig ?«
»Hm .« Dünne knochige Klauen griffen blitzschnell nach dem Schein auf der Pultplatte,
mit der ganzen Wildheit eines Raubvogels, der auf Beute aus ist, obwohl sich
vermutlich jeder Bussard, der auf sich hielt, diesen Vergleich verbeten hätte.
»Vor sechs Monaten, haben Sie
gesagt ?« Ihre Knopfaugen warnten mich vor einem
eventuellen Widerspruch. »Also September?«
»Damals habe ich zum letztenmal von ihr gehört«, log ich. »Vielleicht hat sie
danach noch hier gewohnt .«
»Hm.«
Sie öffnete ein gewaltiges
Gästeregister, das zerfleddert und verschmiert und vielleicht symbolisch für
die meisten der eingetragenen Gäste war. So, wie die alte Schachtel bedächtig
jede Seite umwandte, als ob sie ein geheimes Ritual vornähme, mußte das Ganze
meiner Ansicht nach eine Weile dauern.
Ich zündete mir eine Zigarette
an und betrachtete dann das massive Ölporträt an der gegenüberliegenden Wand.
Die blutunterlaufenen Augen des britischen Colonels starrten mich ihrerseits
verächtlich an, seine dünnen Lippen verfluchten eine Ära, in der der Verlust
eines Empires zugleich den Verlust seines Regiments bedeutete, und die ihn dazu
verdammt hatte, die letzten Tage seines Lebens in dieser Flohkiste in einer Hinterstraße zu verbringen.
Über dem Porträt blätterten
dünne Streifen Farbe von der Decke, und ich fragte mich düster, ob die
Farbflocken im Speisesaal noch immer den Gästen in die Suppe fielen.
»Hm. Das hätte ich mir denken
können !« In der Stimme der alten Hexe lag ein
schriller Unterton schadenfrohen Triumphs. »Sie ist abgehauen und die Bezahlung
des Zimmers für eine Woche schuldig geblieben. In der ersten Septemberwoche.«
»Sie können das genaue Datum
ihres Auszugs nicht feststellen ?«
»Alles, was ich weiß, ist, daß
am zehnten eine Wochenmiete fällig gewesen wäre und daß sie sie nie bezahlt hat .«
»Nun, jedenfalls vielen Dank«,
brummte ich.
Ihre Knopfaugen starrten ein
paar Sekunden lang in mein Gesicht, und in ihrer Tiefe konnte ich förmlich die
ganze anheimelnde Wärme einer klingelnden Registrierkasse erkennen.
»Sie haben gesagt, Sie seien
mit ihr befreundet ?«
»Ja.«
»Ihre Sachen sind noch hier.
Wenn Sie sie haben wollen, müssen Sie die restliche Miete zahlen
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