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Dramatische Werke

Dramatische Werke

Titel: Dramatische Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
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ihn
Doch nicht gekannt? Nicht ganz? In seinem Herzen
Wär' diese Falte wirklich mir entgangen?
Mißtrauen gegen seinen Freund!
Nein, es ist Lästerung! – Was that er mir,
Daß ich der Schwächen schwächster ihn verklage?
Was ich ihn zeihe, werd' ich selbst – Befremden –
Das mag es ihn, das glaub' ich gern. Wann hätte
Er dieser seltsamen Verschlossenheit
In seinem Freunde sich versehn? – Auch schmerzen!
Ich kann dir's nicht ersparen, Carl, und länger
Muß ich noch deine gute Seele quälen.
Der König glaubte dem Gefäß, dem er
Sein heiliges Geheimniß übergeben,
Und Glauben fordert Dankbarkeit. Was wäre
Geschwätzigkeit, wenn mein Verstummen dir
Nicht Leiden bringt? vielleicht erspart? Warum
Dem Schlafenden die Wetterwolke zeigen,
Die über seinem Scheitel hängt? – Genug,
Daß ich sie still an dir vorüber führe
Und, wenn du aufwachst, heller Himmel ist.
(Er geht ab.)
Siebenter Auftritt.
    Kabinet des Königs.
    Der König in einem Sessel – neben ihm die Infantin Clara Eugenia .
    König (nach einem tiefen Stillschweigen).
Nein! Es ist dennoch meine Tochter – Wie
Kann die Natur mit solcher Wahrheit lügen?
Dies blaue Auge ist ja mein! Find' ich
In jedem dieser Züge mich nicht wieder?
Kind meiner Liebe, ja, du bist's. Ich drücke
Dich an mein Herz – du bist mein Blut.
(Er stutzt und hält inne.)
Mein Blut!
Was kann ich Schlimmres fürchten? Meine Züge,
Sind sie die seinigen nicht auch?
    (Er hat das Medaillon in die Hand genommen und sieht wechselsweise auf das Bild und in einen gegenüber stehen den Spiegel – endlich wirft er es zur Erde, steht schnell auf und drückt die Infantin von sich.)
    In diesem Abgrund geh' ich unter.
Achter Auftritt.
    Graf Lerma. Der König .
    Lerma.
Eben
Sind Ihre Majestät, die Königin,
Im Vorgemach erschienen.
    König.
Jetzt?
    Lerma.
Und bitten
Um gnädigstes Gehör –
    König.
Jetzt aber? Jetzt?
In dieser ungewohnten Stunde? – Nein!
Jetzt kann ich sie nicht sprechen – jetzt nicht –
    Lerma.
Hier
Sind Ihre Majestät schon selbst –
(Er geht ab.)
Neunter Auftritt.
    Der König. Die Königin tritt herein. Die Infantin .
    (Die Letztere fliegt ihr entgegen und schmiegt sich an sie an. Die Königin fällt vor dem König nieder, welcher stumm und verwirrt steht.)
    Königin.
Mein Herr
Und mein Gemahl – ich muß – ich bin gezwungen,
Vor Ihrem Thron Gerechtigkeit zu suchen.
    König.
Gerechtigkeit?
    Königin.
Unwürdig seh' ich mir
An diesem Hof begegnet. Meine
Schatulle ist erbrochen –
    König.
Was?
    Königin.
Und Sachen
Von großem Werth für mich daraus verschwunden –
    König.
Von großem Werth für Sie –
    Königin.
Durch die Bedeutung,
Die eines Unbelehrten Dreistigkeit
Vermögend wäre –
    König.
Dreistigkeit – Bedeutung –
Doch – stehn Sie auf.
    Königin.
Nicht eher, mein Gemahl,
Bis Sie durch ein Versprechen sich gebunden,
Kraft Ihres königlichen Arms zu meiner
Genugthuung den Thäter mir zu stellen,
Wo nicht, von einem Hofstaat mich zu trennen,
Der meinen Dieb verbirgt –
    König.
Stehn Sie doch auf –
In dieser Stellung – Stehn Sie auf –
    Königin (steht auf).
Daß er
Von Range sein muß, weiß ich – denn in der
Schatulle lag an Perlen und Demanten
Weit über eine Million, und er
Begnügte sich mit Briefen –
    König.
Die ich doch –
    Königin.
Recht gerne, mein Gemahl. Es waren Briefe
Und ein Medaillon von dem Infanten.
    König.
Von –
    Königin.
Dem Infanten, Ihrem Sohn.
    König.
An Sie?
    Königin.
An mich.
    König.
Von dem Infanten? Und das sagen
Sie mir ?
    Königin.
Warum nicht Ihnen, mein Gemahl?
    König.
Mit dieser Stirne?
    Königin.
Was fällt Ihnen auf?
Ich denke, Sie erinnern sich der Briefe,
Die mit Bewilligung von beiden Kronen
Don Carlos mir nach Saint-Germain geschrieben.
Ob auch das Bild, womit er sie begleitet,
In diese Freiheit einbedungen worden,
Ob seine rasche Hoffnung eigenmächtig
Sich diesen kühnen Schritt erlaubt – das will
Ich zu entscheiden mich nicht unterfangen.
Wenn's Uebereilung war, so war es die
Verzeihlichste – da bin ich für ihn Bürge.
Denn damals fiel ihm wohl nicht bei, daß es
Für seine Mutter wäre –
(Sieht die Bewegung des Königs.)
Was ist das?
Was haben Sie?
    Infantin (welche unterdessen das Medaillon auf dem Boden gefunden und damit gespielt hat, bringt es der Königin.)
Ah! Sieh da, meine Mutter!
Das schöne Bild –
    Königin.
Was denn, mein –
    (Sie erkennt das Medaillon und bleibt in sprachloser Erstarrung stehen. Beide sehen

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