Dramatische Werke
einander mit unverwandten Augen an. Nach einem langen Stillschweigen.)
Wahrlich, Sire!
Dies Mittel, seiner Gattin Herz zu prüfen,
Dünkt mir sehr königlich und edel – Doch
Noch eine Frage möcht' ich mir erlauben.
König.
Das Fragen ist an mir.
Königin.
Durch meinen Argwohn
Soll doch die Unschuld wenigstens nicht leiden. –
Wenn also dieser Diebstahl Ihr Befehl
Gewesen –
König.
Ja.
Königin.
Dann hab' ich Niemand anzuklagen
Und Niemand weiter zu bedauern – Niemand,
Als Sie , dem die Gemahlin nicht geworden,
Bei welcher solche Mittel sich verlohnen.
König.
Die Sprache kenn' ich. – Doch, Madame,
Zum zweiten Male soll sie mich nicht täuschen,
Wie in Aranjuez sie mich getäuscht.
Die engelreine Königin, die damals
Mit so viel Würde sich vertheidigt – jetzt
Kenn' ich sie besser.
Königin.
Was ist das?
König.
Kurz also
Und ohne Hinterhalt, Madame! – Ist's wahr,
Noch wahr, daß Sie mit Niemand dort gesprochen?
Mit Niemand? Ist das wirklich wahr?
Königin.
Mit dem Infanten
Hab' ich gesprochen. Ja.
König.
Ja? – Nun, so ist's
Am Tage. Es ist offenbar. So frech!
So wenig Schonung meiner Ehre!
Königin.
Ehre, Sire?
Wenn Ehre zu verletzen war, so, fürcht' ich,
Stand eine größre auf dem Spiel, als mir
Castilien zur Morgengabe brachte.
König.
Warum verleugnen Sie mir?
Königin.
Weil ich
Es nicht gewohnt bin, Sire, in Gegenwart
Von Höflingen, auf Delinquentenweise
Verhören mich zu lassen. Wahrheit werde
Ich nie verleugnen, wenn mit Ehrerbietung
Und Güte sie gefordert wird. – Und war
Das wohl der Ton, den Eure Majestät
Mit in Aranjuez zu hören gaben?
Ist etwa sie versammelte Grandezza
Der Richterstuhl, vor welchen Königinnen
Zu ihrer stillen Thaten Rechenschaft
Gezogen werden? Ich gestattete
Dem Prinzen die Zusammenkunft, um die
Er dringend bat. Ich that es, mein Gemahl,
Weil ich es wollte – weil ich den Gebrauch
Nicht über Dinge will zum Richter setzen,
Die ich für tadellos erkannt – und Ihnen
Verbarg ich es, weil ich nicht lüstern war,
Mit Eurer Majestät um diese Freiheit
Vor meinem Hofgesinde mich zu streiten.
König.
Sie sprechen kühn, Madame, sehr –
Königin.
Und auch darum,
Setz' ich hinzu, weil der Infant doch schwerlich
Der Billigkeit, die er verdient, sich zu
Erfreuen hat in seines Vaters Herzen –
König.
Die er verdient?
Königin.
Denn warum soll ich es
Verbergen, Sire? – Ich schätz' ihn sehr und lieb' ihn
Als meinen theuersten Verwandten, der
Einst werth befunden worden, einen Namen
Zu führen, der mich mehr anging – Ich habe
Noch nicht recht einsehn lernen, daß er mir
Gerade darum fremder sollte sein,
Als jeder Andre, weil er ehedem
Vor jedem Andern theuer mir gewesen.
Wenn Ihre Staatsmaxime Bande knüpft,
Wie sie für gut es findet, soll es ihr
Doch etwas schwerer werden, sie zu lösen.
Ich will nicht hassen, wen ich soll – und, weil
Man endlich doch zu reden mich gezwungen –
Ich will es nicht – will meine Wahl nicht länger
Gebunden sehn –
König.
Elisabeth! Sie haben
In schwachen Stunden mich gesehen. Diese
Erinnerung macht Sie so kühn. Sie trauen
Auf eine Allmacht, die Sie oft genug
An meiner Festigkeit geprüft. – Doch fürchten
Sie desto mehr. Was bis zu Schwächen mich
Gebracht, kann auch zu Raserei mich führen.
Königin.
Was hab' ich denn begangen?
König (nimmt ihre Hand).
Wenn es ist,
Doch ist – und ist es denn nicht schon? – wenn Ihrer
Verschuldung volles, aufgehäuftes Maß
Auch nur um eines Athems Schwere steigt –
Wenn ich der Hintergangne bin –
(Er läßt ihre Hand los.) Ich kann
Auch über diese letzte Schwäche siegen.
Ich kann's und will's – Dann wehe mir und Ihnen,
Elisabeth!
Königin.
Was hab' ich denn begangen?
König.
Dann meinetwegen fließe Blut –
Königin.
So weit
Ist es gekommen – Gott!
König.
Ich kenne
Mich selbst nicht mehr – ich ehre keine Sitte
Und keine Stimme der Natur und keinen
Vertrag der Nationen mehr –
Königin.
Wie sehr
Beklag' ich Eure Majestät –
König (außer Fassung).
Beklagen!
Das Mitleid einer Buhlerin –
Infantin (hängt sich erschrocken an ihre Mutter).
Der König zürnt,
Und meine schöne Mutter weint.
König (stößt das Kind unsanft von der Königin).
Königin (mit Sanftmuth und Würde, aber mit zitternder Stimme).
Die Kind
Muß ich doch sicher stellen vor Mißhandlung.
Komm mit mir, meine Tochter. (Sie nimmt es auf den Arm.)
Wenn der König
Dich nicht mehr kennen will, so muß ich jenseits
Der Pyrenäen
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