Dramatische Werke
gewesen sind, so waren
Sie sicherlich von weit – weit anderm Inhalt,
Als dessen man sie angeklagt. Ich habe
Gewisse Nachricht, daß des Prinzen Wunsch,
Nach Flandern abzureisen, in dem Kopfe
Der Königin entsprang.
König.
Ich glaubt' es immer.
Marquis.
Die Königin hat Ehrgeiz – Darf ich mehr
Noch sagen? – Mit Empfindlichkeit sieht sie
In ihrer stolzen Hoffnung sich getäuscht
Und von des Thrones Antheil ausgeschlossen.
Des Prinzen rasche Jugend bot sich ihren
Weit blickenden Entwürfen dar – ihr Herz –
Ich zweifle, ob sie lieben kann.
König.
Vor ihren
Staatsklugen Planen zittr' ich nicht.
Marquis.
Ob sie geliebt wird? – Ob von dem Infanten
Nichts Schlimmeres zu fürchten? Diese Frage
Scheint mir der Untersuchung werth. Hier, glaub' ich,
Ist eine strenge Wachsamkeit vonnöthen –
König.
Ihr haftet mir für ihn. –
Marquis (nach einigem Bedenken).
Wenn Eure Majestät
Mich fähig halten, dieses Amt zu führen,
So muß ich bitten, es uneingeschränkt
Und ganz in meine Hand zu übergeben.
König.
Das soll geschehen.
Marquis.
Wenigstens durch keinen
Gehilfen, welchen Namen er auch habe,
In Unternehmungen, die ich etwa
Für nöthig finden könnte, mich zu stören –
König.
Durch keinen. Ich versprech' es Euch. Ihr wart
Mein guter Engel. Wie viel Dank bin ich
Für diesen Wink Euch schuldig!
(Zu Lerma, der bei den letzten Worten hereintritt.)
Wie verließt Ihr
Die Königin?
Lerma.
Noch sehr erschöpft von ihrer Ohnmacht.
(Er sieht den Marquis mit zweideutigen Blicken an und geht.)
Marquis (nach einer Pause zum König).
Noch eine Vorsicht scheint mir nöthig.
Der Prinz, fürcht' ich, kann Warnungen erhalten.
Er hat der guten Freunde viel – vielleicht
Verbindungen in Gent mit den Rebellen.
Die Furcht kann zu verzweifelten Entschlüssen
Ihn führen – Darum rieth' ich an, gleich jetzt
Vorkehrungen zu treffen, diesem Fall
Durch ein geschwindes Mittel zu begegnen.
König.
Ihr habt ganz Recht. Wie aber –
Marquis.
Ein geheimer
Verhaftsbefehl, den Eure Majestät
In meine Hände niederlegen, mich
Im Augenblicke der Gefahr sogleich
Desselben zu bedienen – und –
(Wie sich der König zu bedenken scheint.)
Es bliebe
Fürs Erste Staatsgeheimniß, bis –
König (zum Schreibepult gehend und den Verhaftsbefehl niederschreibend).
Das Reich
Ist auf dem Spiele – Außerordentliche Mittel
Erlaubt die dringende Gefahr – Hier, Marquis –
Euch brauch' ich keine Schonung zu empfehlen –
Marquis (empfängt den Verhaftsbefehl).
Es ist aufs Aeußerste, mein König.
König (legt die Hand auf seine Schulter).
Geht,
Geht, lieber Marquis – Ruhe meinem Herzen
Und meinen Nächten Schlaf zurück zu bringen.
(Beide gehen ab zu verschiedenen Seiten.)
Dreizehnter Auftritt.
Galerie.
Carlos kommt in der größten Beängstigung. Graf Lerma ihm entgegen.
Carlos.
Sie such' ich eben.
Lerma.
Und ich Sie.
Carlos.
Ist's wahr?
Um Gottes willen, ist es wahr?
Lerma.
Was denn?
Carlos.
Daß er den Dolch nach ihr gezückt? daß man
Aus seinem Zimmer blutig sie getragen?
Bei allen Heiligen, antworten Sie!
Was muß ich glauben? was ist wahr?
Lerma.
Sie fiel
Ohnmächtig hin und ritzte sich im Fallen.
Sonst war es nichts.
Carlos.
Sonst hat es nicht Gefahr?
Sonst nicht? Bei Ihrer Ehre, Graf?
Lerma.
Nicht für
Die Königin – doch desto mehr für Sie.
Carlos.
Für meine Mutter nicht! Nun, Gott sei Dank!
Mit kam ein schreckliches Gerücht zu Ohren,
Der König rase gegen Kind und Mutter,
Und ein Geheimniß sei entdeckt.
Lerma.
Das Letzte
Kann auch wohl wahr sein –
Carlos.
Wahr sein! Wie?
Lerma.
Prinz, eine Warnung gab ich Ihnen heute,
Die Sie verachtet haben. Nützen Sie
Die zweite besser.
Carlos.
Wie?
Lerma.
Wenn ich mich anders
Nicht irre, Prinz, sah ich vor wen'gen Tagen
Ein Portefeuille von himmelblauem Sammt,
Mit Gold durchwirkt, in Ihrer Hand –
Carlos (etwas bestürzt).
So eins
Besitz' ich. Ja – Nun? –
Lerma.
Auf der Decke, glaub' ich,
Ein Schattenriß, mit Perlen eingefaßt –
Carlos.
Ganz recht.
Lerma.
Als ich vorhin ganz unvermuthet
Ins Kabinet des Königs trag, glaubt' ich
Das nämliche in seiner Hand zu sehen,
Und Marquis Posa stand bei ihm –
Carlos (nach einem kurzen erstarrenden Stillschweigen, heftig).
Das ist
Nicht wahr.
Lerma (empfindlich).
Dann freilich bin ich ein Betrüger.
Carlos (sieht ihn lange an).
Der sind Sie. Ja.
Lerma.
Ach! ich verzeih' es Ihnen.
Carlos (geht in schrecklicher Bewegung auf und nieder und bleibt
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