Dramatische Werke
dich verlassen, Thekla – muß!
Doch deinen Haß kann ich nicht mit mir nehmen.
Nur einen Blick des Mitleids gönne mir,
Sag', daß du mich nicht hassest. Sag' mir's, Thekla.
(Indem er ihre Hand faßt, heftig bewegt.)
O Gott! – Gott! Ich kann nicht von dieser Stelle.
Ich kann es nicht – kann diese Hand nicht lassen.
Sag', Thekla, daß du Mitleid mit mir hast,
Dich selber überzeugst, ich kann nicht anders.
(Thekla, seinen Blick vermeidend, zeigt mit der Hand auf ihren Vater; er wendet sich nach dem Herzog um, den er jetzt erst gewahr wird.)
Du hier? – Nicht du bist's, den ich hier gesucht.
Dich sollten meine Augen nicht mehr schauen.
Ich hab' es nur mit ihr allein. Hier will ich
Von diesem Herzen freigesprochen sein,
An allem Andern ist nichts mehr gelegen.
Wallenstein.
Denkst du, ich soll der Thor sein und dich ziehen lassen
Und eine Großmuthsscene mit dir spielen?
Dein Vater ist zum Schelm an mir geworden,
Du bist mir nichts mehr, als sein Sohn, sollst nicht
Umsonst in meine Macht gegeben sein.
Denk' nicht, daß ich die alte Freundschaft ehren werde,
Die er so ruchlos hat verletzt. Die Zeiten
Der Liebe sind vorbei, der zarten Schonung,
Und Haßt und Rache kommen an die Reihe.
Ich kann auch Unmensch sein, wie er.
Max.
Du wirst mit mir verfahren, wie du Macht hast.
Wohl aber weißt du, daß ich deinem Zorn
Nicht trotze, noch ihn fürchte. Was mich hier
Zurückhält, weißt du! (Thekla bei der Hand fassend.)
Sieh! Alles – Alles wollt' ich dir verdanken,
Das Loos der Seligen wollt' ich empfangen
As deiner väterlichen Hand. Du hast's
Zerstört; doch daran liegt dir nichts. Gleichgültig
Trittst du das Glück der Deinen in den Staub.
Der Gott, dem du dienst, ist kein Gott der Gnade.
Wie das gemüthlos blinde Element,
Das furchtbare, mit dem kein Bund zu schließen,
Folgst du des Herzens wildem Trieb allein.
Weh Denen, die auf dich vertraun, an dich
Die sichre Hütte ihres Glückes lehnen,
Gelockt von deiner gastlichen Gestalt!
Schnell, unverhofft, bei nächtlich stiller Weile
Gährt's in dem tück'schen Feuerschlunde, ladet
Sich aus mit tobender Gewalt, und weg
Treibt über alle Pflanzungen der Menschen
Der wilde Strom in grausender Zerstörung.
Wallenstein.
Du schilderst deines Vaters Herz. Wie du's
Beschreibst, so ist's in seinem Eingeweide,
In dieser schwarzen Heuchlers Brust gestaltet.
O, mich hat Höllenkunst getäuscht. Mir sandte
Der Abgrund den verstecktesten der Geister,
Den lügenkundigsten, herauf und stellt' ihn
Als Freund an meine Seite. Wer vermag
Der Hölle Macht zu widerstehn! Ich zog
Den Basilisken auf an meinem Busen;
Mit meinem Herzblut nährt' ich ihn, er sog
Sich schwelgend voll an meiner Liebe Brüsten,
Ich hatte nimmer Arges gegen ihn,
Weit offen ließ ich des Gedankens Thore
Und warf die Schlüssel weiser Vorsicht weg –
Am Sternenhimmel suchten meine Augen,
Im weiten Weltenraum den Feind, den ich
Im Herzen meines Herzens eingeschlossen.
– Wär' ich dem Ferdinand gewesen, was
Octavio mir war – Ich hätt' ihm nie
Krieg angekündigt – nie hätt' ich's vermocht.
Er war mein strenger Herr nur, nicht mein Freund,
Nicht meiner Treu' vertraute sich der Kaiser.
Krieg war schon zwischen mir und ihm, als er
Der Feldherrnstab in meine Hände legte;
Denn Krieg ist ewig zwischen List und Argwohn,
Nur zwischen Glauben und Vertraun ist Friede.
Wer das Vertraun vergiftet, o, der mordet
Das werdende Geschlecht im Leib der Mutter!
Max.
Ich will den Vater nicht vertheidigen.
Weh mir, daß ich's nicht kann!
Unglücklich schwere Thaten sind geschehn,
Und eine Frevelhandlung faßt die andre
In enggeschloßner Kette grausend an.
Doch wie geriethen wir , die nichts verschuldet,
In diesen Kreis des Unglücks und Verbrechens?
Wem brachen wir die Treue? Warum muß
Der Väter Doppelschuld und Frevelthat
Uns gräßlich wie ein Schlangenpaar umwinden?
Warum der Väter unversöhnter Haß
Auch uns, die Liebenden, zerreißend scheiden?
(Er umschlingt Thekla mit heftigem Schmerz.)
Wallenstein (hat den Blick schweigend auf ihn geheftet und nähert sich jetzt).
Max, bleibe bei mir. – Geh nicht von mir, Max!
Sieh, als man dich im Prag'schen Winterlager
Ins Zelt mir brachte, einen zarten Knaben,
Des deutschen Winters ungewohnt, die Hand
War die erstarrt an der gewichtigen Fahne,
Du wolltest männlich sie nicht lassen, damals nahm ich
Dich auf, bedeckte dich mit meinen Mantel,
Ich selbst war deine Wärterin, nicht schämt' ich
Der kleinen Dienst mich, ich pflegte deiner
Mit weiblich sorgender
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