Dramen
er Helene auf den Teppich zurückfallen läßt:
Ich muß morgen abend in Brüssel den »Tristan« singen!
An verschiedene Möbelstücke anrennend, durch die Mitte ab.
Der Marquis von Keith
Schauspiel
Personen
Konsul Kasimir, Großkaufmann
Hermann Kasimir, sein Sohn (15 Jahre alt, von einem Mädchen gespielt)
Der Marquis von Keith
Ernst Scholz
Molly Griesinger
Anna, verwitwete Gräfin Werdenfels
Saranieff, Kunstmaler
Zamrjaki, Komponist
Sommersberg, Literat
Raspe, Kriminalkommissär
Ostermeier, Bierbrauereibesitzer
Krenzl, Baumeister
Grandauer, Restaurateur
Frau Ostermeier
Frau Krenzl
Freifrau von Rosenkron und
Freifrau von Totleben, geschiedene Frauen
Sascha (von einem Mädchen gespielt)
Simba
Ein Metzgerknecht
Ein Bäckerweib
Ein Packträger
Hofbräuhausgäste
Das Stück spielt in München im Spätsommer 1899.
Erster Aufzug
Ein Arbeitszimmer, dessen Wände mit Bildern behängt sind. In der Hinterwand befindet sich rechts (Rechts und links immer vom Schauspieler aus) die Tür zum Vorplatz und links die Tür zu einem Wartezimmer. In der rechten Seitenwand vorn führt eine Tür ins Wohnzimmer. An der linken Seitenwand vorn steht der Schreibtisch, auf dem aufgerollte Pläne liegen; neben dem Schreibtisch an der Wand ein Telephon. Rechts vorn ein Diwan, davor ein kleinerer Tisch; in der Mitte, etwas nach hinten, ein größerer Tisch. Büchergestelle mit Büchern; Musikinstrumente, Aktenbündel und Noten.
Der Marquis von Keith sitzt am Schreibtisch, in einen der Pläne vertieft. Er ist ein Mann von ca. 27 Jahren: mittelgroß, schlank und knochig, hätte er eine musterhafte Figur, wenn er nicht auf dem linken Beine hinkte. Seine markigen Gesichtszüge sind nervös und haben zugleich etwas Hartes; stechende graue Augen, kleiner blonder Schnurrbart, das widerborstige, kurze, strohblonde Haar sorgfältig in der Mitte gescheitelt. Er ist in ausgesuchte gesellschaftliche Eleganz gekleidet, aber nicht geckenhaft. Er hat die groben roten Hände eines Clown.
Molly Griesinger kommt aus dem Wohnzimmer und setzt ein gedecktes Tablett auf das Tischchen vor dem Diwan. Sie ist ein unscheinbares brünettes Wesen, etwas scheu und verhetzt, in unscheinbarer häuslicher Kleidung, hat aber große, schwarze, seelenvolle Augen.
Molly
So, mein Schatz, hier hast du Tee und Kaviar und kalten Aufschnitt. Du bist ja heute schon um neun Uhr aufgestanden.
v. Keith
ohne sich zu rühren
Ich danke dir, mein liebes Kind.
Molly
Du mußt gewaltig hungrig sein. Hast du denn jetzt Nachricht darüber, ob der Feenpalast auch zustande kommt?
v. Keith
Du siehst, ich bin mitten in der Arbeit.
Molly
Das bist du ja immer, wenn ich komme. Dann muß ich alles, was dich und deine Unternehmungen betrifft, von deinen Freundinnen erfahren.
v. Keith
sich im Sessel umwendend
Ich kannte eine Frau, die sich beide Ohren zuhielt, wenn ich von Plänen sprach. Sie sagte: Komm und erzähl mir, wenn du etwas getan hast!
Molly
Das ist ja mein Elend, daß du schon alle Arten von Frauen gekannt hast.
(Da es klingelt)
Du barmherziger Gott, wer das wieder sein mag!
(Sie geht auf den Vorplatz hinaus, um zu öffnen.)
v. Keith
für sich
Das Unglückswurm!
Molly
kommt mit einer Karte zurück
Ein junger Herr, der dich sprechen möchte. Ich sagte, du seist mitten in der Arbeit.
v. Keith
nachdem er die Karte gelesen
Der kommt mir wie gerufen!
Molly läßt Hermann Casimir eintreten und geht ins Wohnzimmer ab.
Hermann Casimir
ein fünfzehnjähriger Gymnasiast in sehr elegantem Radfahrkostüm
Guten Morgen, Herr Baron.
v. Keith
Was bringen Sie mir?
Hermann
Es ist wohl am besten, wenn ich mit der Tür ins Haus falle. Ich war gestern abend mit Saranieff und Zamrjaki im Café Luitpold zusammen. Ich erzählte, daß ich durchaus hundert Mark nötig hätte. Darauf meinte Saranieff, ich möchte mich an Sie wenden.
v. Keith
Ganz München hält mich für einen amerikanischen Eisenbahnkönig!
Hermann
Zamrjaki sagte, Sie hätten immer Geld.
v. Keith
Zamrjaki unterstützte ich, weil er das größte musikalische Genie ist, das seit Richard Wagner lebt. Aber diese Straßenräuber sind doch wohl kein schicklicher Umgang für Sie!
Hermann
Ich finde diese Straßenräuber interessant. Ich kenne die Herren von einer Versammlung der Anarchisten her.
v. Keith
Ihrem Vater muß es eine erfreuliche Überraschung sein, daß Sie Ihren Lebensweg damit beginnen, sich in revolutionären Versammlungen herumzutreiben.
Hermann
Warum
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