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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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– Aber das ist äußerst gefährlich! – Ich erkläre dir gleich bei deinem ersten Besuch in ruhiger, höflicher Weise dasselbe, was ich dir jetzt sage. Das ist aber sehr gefährlich! Denn ganz davon abgesehen, daß du mir sofort in beleidigendem Ton entgegnest, ich sei ein eitler, eingebildeter Tropf, kann es mich, wenn es bekannt wird, in ganz kuriosem Lichte erscheinen lassen. – Und was ist die Folge im besten Fall, wenn ich die mir dargebotene Ehre zurückweise? – Daß ich in deinen Händen zum verächtlichen, ohnmächtigen Spielball werde, zur Zielscheibe deines weiblichen Witzes, zum Popanz, den du, solange es dir gefällt, ungestraft necken, verhöhnen, bis zum Wahnsinn reizen und auf die Folter spannen wirst.– – Sag mir selber, Helene: – Was blieb mir zu tun übrig?
    Helene starrt ihn an, wendet hilfeflehend die Augen umher, schaudert und ringt nach Worten.
    Gerardo:
    Ich habe in solchem Falle nur eine Wahl: – mir eine Feindin zu schaffen – die mich verachtet, oder – mir eine Feindin zu schaffen, die – – – wenigstens Respekt vor mir hat. – Und
(ihr das Haar streichelnd)
Helene – von einer so allgemein anerkannt schönen Frau, wie du es bist, läßt man sich nicht verachten. – – – – Kann sich dein Stolz auch jetzt noch zu der Bitte verstehen, ich möge dich mitnehmen?
    Helene
Ströme von Tränen vergießend:
    O Gott, o Gott, o Gott, o Gott, o Gott …
    Gerardo:
    Deine gesellschaftliche Stellung gab dir die Möglichkeit, mich zu provozieren. Du hast davon Gebrauch gemacht. – Ich kann dir das natürlich am wenigsten verdenken. – – Aber verdenke es mir nicht, wenn ich meine Rechte gewahrt wissen möchte. – – – Kein Mann kann aufrichtiger gegen eine Frau sein, als ich gegen dich war: – Ich habe dir gesagt, daß von Gefühlen zwischen uns nicht die Rede sein kann. Ich habe dir gesagt, daß mein Beruf mich hindert, mich zu binden. Ich habe dir gesagt, daß mein – Gastspiel heute zu Ende ist …
    Helene
sich erhebend:
    Mir dröhnt der Kopf! Ich höre Worte, Worte, Worte, Worte! – Aber
(sich an Herz und Kehle fassend)
mich würgt es hier, und mich würgt es hier! Oskar – es steht schlimmer, als du denkst! Ein Weib wie ich mehr oder weniger – ich habe meine Pflicht getan, ich habe zwei Kindern das Leben geschenkt. Was würdest du sagen … was würdest du sagen, Oskar, wenn ich morgen hingehe und einen – und einen andern ebenso glücklich sein lasse, wie du es bei mir warst! Was würdest du dazu sagen, Oskar! – – Sprich!! – – – Sprich …
    Gerardo:
    Nichts. – – –
(Nach der Uhr sehend:)
Helene …
    Helene:
    Oskar!!
(Auf den Knien:)
Leben erflehe ich von dir! Leben! Das letztemal, daß ich dich darum bitte! Verlang, was du willst! Nur das nicht! Nur nicht sterben! Du weißt nicht, was du tust! Du bist von Sinnen! Du bist deiner nicht mächtig! Das letztemal! Du verabscheust mich, weil ich dich liebe! Laß die Zeit nicht vergehen! – Rette mich! Rette mich! Gerardo zieht sie mit Gewalt empor: Hör auf ein liebes Wort! – Hör auf ein – ein liebes Wort…
    Helene
für sich:
    Sei's denn!
    Gerardo:
    Helene – wie alt sind deine Kinder?
    Helene:
    Das eine sechs und das andere vier Jahre alt.
    Gerardo:
    Beides Mädchen?
    Helene:
    Nein.
    Gerardo:
    Das vierjährige ein Knabe?
    Helene:
    Ja.
    Gerardo:
    Das sechsjährige ein Mädchen?
    Helene:
    Nein.
    Gerardo:
    Beides Knaben??
    Helene:
    Ja.
    Gerardo:
    Hast du denn kein Mitleid mit ihnen?
    Helene:
    Nein.
    Gerardo:
    Wie glücklich wäre ich, wenn sie mir gehörten! – Helene – willst du sie mir überlassen?
    Helene:
    Ja.
    Gerardo
halb scherzhaft:
    Wenn ich nun ebenso anspruchsvoll wäre wie du – mir in den Kopf setzte: Ich liebe die und die bestimmte Frau und kann keine andere lieben! – Heiraten kann ich sie nicht. Mitnehmen kann ich sie nicht. Reisen muß ich. – Was wollte ich denn dann mit mir anfangen?
    Helene
von jetzt an immer ruhiger:
    Ja, ja. – Gewiß. – Ich verstehe dich.
    Gerardo:
    Sei überzeugt, Helene, es gibt noch eine Unmenge Männer wie ich auf dieser Welt. Ich bin gar kein solches Prachtexemplar von Mann!! Laß dir unsere Begegnung eine Weisung sein. Du sagst, du kannst ohne mich nicht leben. Wie viele Männer kennst du denn? Je mehr du kennenlernst, um so tiefer sinken sie im Wert. Dann nimmst du dir keines Mannes wegen mehr das Leben. Du schätzest sie nicht höher als ich die Frauen.
    Helene:
    Du hältst mich für deinesgleichen. Das bin ich nicht.
    Gerardo:
    Ich

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