Dramen
Nacht an Symphonie meiniges. –
(v. Keith beiseite nehmend)
Erlauben, Herr Marquis, daß ich bitte, möchten geben Vorschuß zwanzig Mark auf Gage von Kapellmeister von Feenpalastorchester.
v. Keith
Mit dem allergrößten Vergnügen.
(Gibt ihm Geld)
Können Sie uns aus Ihrer neuen Symphonie nächstens nicht etwas in einem meiner Feenpalastkonzerte vorspielen?
Zamrjaki
Werde ich spielen Scherzo. Scherzo wird haben großen Erfolg.
Freifrau v. Rosenkron
an der Glastür zum Garten
Nein, dieses Lichtermeer! Martha, sieh nur! – Kommen Sie, Zamrjaki, begleiten Sie uns in den Garten!
Zamrjaki
Komm ich schon, Damen! Komm ich schon.
Mit Freifrau v. Rosenkron und Freifrau v. Totleben in den Garten ab.
v. Keith
ihnen folgend
Tod und Teufel, Kinder, bleibt von dem großen Mörser weg! Der ist mit meinen prachtvollsten Raketen geladen!
In den Garten ab. Simba schließt vom Speisesaal aus die Mitteltür. – Anna und Scholz bleiben allein im Salon.
Anna
Ich wüßte nichts in der Welt, was ich Ihnen jemals hätte übelnehmen können. Sollte Ihnen die Taktlosigkeit, von der Sie sprechen, nicht vielleicht mit irgendeiner anderen Dame begegnet sein?
Scholz
Das ist völlig ausgeschlossen. Aber sehen Sie, ich bin ja so glücklich wie ein Mensch, der von frühester Kindheit auf im Kerker gelegen hat und der nun zum erstenmal in seinem Leben freie Luft atmet. Deshalb mißtraue ich mir auch noch bei jedem Schritt, den ich wage; so ängstlich zittre ich um mein Glück.
Anna
Ich kann es mir sehr verlockend vorstellen, sein Leben im Dunkeln und mit geschlossenen Augen zu genießen!
Scholz
Sehen Sie, Frau Gräfin, wenn es mir gelingt, mein Dasein für irgendeine gemeinnützige Bestrebung einzusetzen, dann werde ich meinem Schöpfer nicht genug dafür danken können.
Anna
Ich glaubte, Sie wollten sich hier in München zum Genußmenschen ausbilden?
Scholz
Meine Ausbildung zum Genußmenschen ist für mich nur Mittel zum Zweck. Ich gebe Ihnen meine heiligste Versicherung darauf! Halten Sie mich deswegen nicht etwa für einen Heuchler! – Ach, es gibt ja noch so viel Gutes zu erkämpfen in dieser Welt! Ich finde schon meinen Platz. Je dichter es Schläge regnet, um so teurer wird mir meine Haut sein, die mir bis jetzt so unsagbar lästig war. Und der einen Tatsache bin ich mir vollkommen sicher: Sollte es mir jemals gelingen, mich um meine Mitmenschen verdient zu machen, mir werde ich das nie und nimmer zum Verdienst anrechnen! Führe mein Weg mich aufwärts oder führe er mich abwärts, ich gehorche nur dem grausamen unerbittlichen Selbsterhaltungstrieb!
Anna
Vielleicht erging es allen berühmten Menschen so, daß sie nur deshalb berühmte Menschen wurden, weil ihnen der Verkehr mit uns gewöhnlicher Dutzendware auf die Nerven fiel!
Scholz
Sie mißverstehen mich noch immer, Frau Gräfin. – Sobald ich meinen Wirkungskreis gefunden habe, werde ich der bescheidenste, dankbarste Gesellschafter sein. Ich habe hier in München schon damit angefangen, radzufahren. Mir war dabei zumute, als hätte ich die Welt seit meinen frühesten Kindertagen nicht mehr gesehen. Jeder Baum, jedes Wasser, die Berge, der Himmel, alles wie eine große Offenbarung, die ich in einem andern Leben einmal vorausgeahnt hatte. – Darf ich Sie vielleicht einmal zu einer Radpartie abholen?
Anna
Paßt es Ihnen morgen früh um sieben Uhr? Oder sind Sie vielleicht kein Freund vom frühen Aufstehen?
Scholz
Morgen früh um sieben! Ich sehe mein Leben wie eine endlose Frühlingslandschaft vor mir ausgebreitet!
Anna
Daß Sie mich aber nicht umsonst warten lassen!
Zamrjaki, Freifrau v. Rosenkron und Freifrau v. Totleben kommen aus dem Garten zurück. – Simba kommt aus dem Spielzimmer.
Freifrau v. Rosenkron
Hu, ist das kalt! – Martha, wir müssen nachher unsere Tücher mitnehmen. Spielen Sie uns einen Cancan, Zamrjaki! –
(Zu Scholz)
Tanzen Sie Cancan?
Scholz
Ich bedaure, gnädige Frau.
Freifrau v. Rosenkron
zu Freifrau v. Totleben
Dann tanzen wir zusammen!
Zamrjaki hat sich ans Piano gesetzt und intoniert einen Walzer.
Freifrau v. Rosenkron
Nennen Sie das Cancan, Herr Kapellmeister?!
Anna
zu Simba
Aber Sie tanzen doch Walzer?
Simba
Wann's die gnädige Frau befehlen…
Anna
Kommen Sie!
Freifrau v. Rosenkron, Freifrau v. Totleben, Anna und Simba tanzen Walzer.
Freifrau v. Rosenkron
Mehr Tempo, bitte!
v. Keith kommt aus dem Garten zurück und dreht die elektrischen Lampen bis auf einige aus, so daß der Salon nur mäßig
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