Dramen
dann habe ich auch in der Tat nichts bei dir zu suchen.
(Will sich entfernen.)
v. Keith
hält ihn auf
Das sind keine Phrasen! Mir kann heute kein Unglück mehr etwas anhaben. Dazu kennen wir uns zu gut, ich und das Unglück. Ein Unglück ist für mich eine günstige Gelegenheit wie jede andere. Unglück kann jeder Esel haben; die Kunst besteht darin, daß man es richtig auszubeuten versteht!
Scholz
Du hängst an der Welt wie eine Dirne an ihrem Zuhälter. Dir ist es unverständlich, daß man sich zum Ekel wird wie ein Aas, wenn man nur um seiner selbst willen existiert.
v. Keith
Dann sei doch in des Dreiteufels Namen mit deiner himmlischen Laufbahn zufrieden! Hast du erst einmal dieses Fegefeuer irdischer Laster und Freuden hinter dir, dann blickst du auf mich elenden armseligen Sünder wie ein Kirchenvater herab!
Scholz
Wäre ich nur erst im Besitz meiner angeborenen Menschenrechte! Lieber mich wie ein wildes Tier in die Einöden verkriechen als Schritt für Schritt meiner Existenz wegen um Verzeihung bitten müssen! – – Ich kann nicht hierbleiben. – Ich begegnete gestern der Gräfin Werdenfels. – Wodurch ich sie gekränkt habe, das ist mir einfach unverständlich. Vermutlich verfiel ich unwillkürlich in einen Ton, wie ich ihn mir im Verkehr mit unserer Simba angewöhnt habe.
v. Keith
Ich habe von Frauen schon mehr Ohrfeigen bekommen, als ich Haare auf dem Kopfe habe! Hinter meinem Rücken hat sich aber deswegen noch keine über mich lustig gemacht!
Scholz
Ich bin ein Mensch ohne Erziehung! – und das gegenüber einer Frau, der ich die allergrößte Ehrerbietung entgegenbringe!
v. Keith
Wem wie dir von Jugend auf jeder Schritt zu einem seelischen Konflikt auswächst, der beherrscht seine Zeit und regiert die Welt, wenn wir andern längst von den Würmern gefressen sind!
Scholz
Und dann die kleine Simba, die heute abend hier bei dir als Aufwärterin figuriert! – Solch einer heiklen Situation wäre der gewandteste Diplomat nicht gewachsen!
v. Keith
Simba kennt dich nicht!
Scholz
Ich fürchte nicht, daß mir Simba zu nahetritt; ich fürchte Simba zu kränken, wenn ich sie hier ohne die geringste Veranlassung übersehe.
v. Keith
Wie solltest du denn Simba damit kränken! Simba versteht sich hundertmal besser auf Standesunterschiede als du.
Scholz
Auf Standesunterschiede habe ich mich gründlich verstehen gelernt! Das sind weiß Gott diejenigen Fesseln, in denen sich der Mensch am allereindringlichsten seiner vollkommenen Ohnmacht bewußt wird!
v. Keith
Glaubst du vielleicht, ich habe mit keinerlei Ohnmacht zu kämpfen?! Ob mein Benehmen so korrekt wie der Lauf der Planeten ist, ob ich mich in die ausgesuchteste Eleganz kleide, das ändert diese Plebejerhand so wenig, wie es aus einem Dummkopf je eine Kapazität macht! Bei meinen Geistesgaben hätte ich mich ohne diese Hände auch längst eines besseren Rufes in der Gesellschaft zu erfreuen. – Komm, es ist sicherer, wenn du deinen Paletot im Nebenzimmer ablegst!
Scholz
Erlaß es mir! Ich kann heute kein ruhiges Wort mit der Gräfin sprechen.
v. Keith
Dann halte dich an die beiden geschiedenen Frauen; die laborieren in ähnlichen Konflikten wie du.
Scholz
Gleich zwei auf einmal?!
v. Keith
Keine über fünfundzwanzig, vollendete Schönheiten, uralter nordischer Adel, und so hypermodern in ihren Grundsätzen, daß ich mir wie ein altes Radschloßgewehr erscheine.
Scholz
Ich glaube, mir fehlt auch nicht mehr viel zu einem modernen Menschen.
Scholz geht ins Spielzimmer ab; v. Keith will ihm folgen, doch kommt im selben Moment Saranieff vom Vorplatz herein.
Saranieff
Sagen Sie, kriegt man noch was zu essen?
v. Keith
Lassen Sie bitte Ihren Havelock draußen! – Ich habe noch den ganzen Tag nichts gegessen.
Saranieff
Hier nimmt man's doch nicht so genau. Ich muß Sie nur vorher etwas Wichtiges fragen.
Saranieff hängt Hut und Havelock im Vorplatz auf; derweil kommt Sascha in Frack und Atlas-Kniehosen mit einem gefüllten Champagnerkühler aus dem Spielzimmer und will in den Speisesaal.
v. Keith
Wenn du nachher das Feuerwerk abbrennst, Sascha, dann nimm dich ja vor dem großen Mörser in acht! Der ist mit der ganzen Hölle geladen!
Sascha
I hab koa Angst net, Herr Baron!
(In den Speisesaal ab, die Tür hinter sich schließend.)
Saranieff
kommt vom Vorplatz zurück
Haben Sie Geld?
v. Keith
Sie haben doch eben erst ein Bild verkauft! Wozu schicke ich Ihnen denn meinen Jugendfreund!
Saranieff
Was soll ich denn
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