Dramen
verehren. Lassen wir also der Welt ihren Lauf, hoffen wir das Beste und seien wir auf das Schlimmste gefaßt. – Gestatten, gnädige Frau, daß ich mich empfehle.
(Ab.)
Anna faßt sich mit beiden Händen an die Schläfen, geht zum Spielzimmer, lüftet die Portiere und tritt zurück.
Anna
Nicht einmal die Türe geschlossen!
Hermann Casimir tritt aus dem Spielzimmer.
Hermann
Hätte ich mir jemals träumen lassen, daß man ein solches Erlebnis erleben kann!
Anna
Gehen Sie jetzt, damit Ihr Vater Sie zu Hause findet.
Hermann
bemerkt das zweite Bukett
Die Blumen sind von ihm? – Ich scheine das also geerbt zu haben. – Nur läßt er es sich nicht so viel kosten wie ich.
Anna
Woher nehmen Sie denn auch das Geld zu so wahnsinnigen Ausgaben!
Hermann
bedeutungsvoll
Vom Marquis von Keith.
Anna
Ich bitte Sie, gehen Sie jetzt! Sie sind übernächtig. Sie haben gestern wohl noch lang gekneipt?
Hermann
Ich habe geholfen, dem Komponisten Zamrjaki das Leben zu retten.
Anna
Halten Sie das für eine Ihrer würdige Beschäftigung?
Hermann
Was habe ich Besseres zu tun!
Anna
Es ist gewiß schön von Ihnen, wenn Sie ein Herz für unglückliche Menschen haben; aber Sie dürfen sich nicht mit ihnen an den gleichen Tisch setzen. Das Unglück steckt an.
Hermann
bedeutungsvoll
Dasselbe sagt mir der Marquis von Keith.
Anna
Gehen Sie jetzt! Ich bitte Sie darum.
Simba kommt vom Vorplatz herein und überbringt eine Karte.
Simba
Der Herr möcht' um die Ehre bitten.
Anna
die Karte lesend
»Vertreter der süddeutschen Konzertagentur« – Er soll in vierzehn Tagen wiederkommen.
Simba ab.
Hermann
Was werden Sie meinem Vater antworten?
Anna
Jetzt ist es aber die höchste Zeit! Sie werden ungezogen!
Hermann
Ich gehe nach London – und wenn ich mir das Geld dazu stehlen muß. Mein Vater soll sich nicht mehr über mich zu beklagen haben.
Anna
Das wird Ihnen selbst am meisten nützen.
Hermann
beklommen
Das bin ich meinen beiden kleinen Geschwistern schuldig.
(Ab.)
Anna
besinnt sich einen Moment, dann ruft sie
Kathi!
Simba kommt aus dem Speisesaal.
Simba
Gnädige Frau? –
Anna
Ich will mich anziehen.
Es läutet auf dem Korridor.
Simba
Sofort, gnädige Frau.
(Geht, um zu öffnen.)
Anna geht ins Spielzimmer ab. – Gleich darauf läßt Simba Ernst Scholz eintreten; er geht auf einen eleganten Krückstock gestützt, auf steifem Knie hinkend, und trägt einen großen Blumenstrauß.
Ernst Scholz
Ich fand noch gar keine Gelegenheit, mein liebes Kind, dir für dein taktvolles, feinfühliges Benehmen neulich abend an dem Gartenfest zu danken.
Simba
formell
Wünschen der Herr Baron, daß ich Sie der gnädigen Frau melde?
v. Keith kommt in hellem Paletot, einen Pack Zeitungen in der Hand, vom Vorplatz herein.
v. Keith
seinen Paletot ablegend
Das ist eine Fügung des Himmels, daß ich dich hier treffe!
(Zu Simba)
Was tun Sie denn noch hier?
Simba
Die gnädige Frau haben mich als Hausmädchen in den Dienst genommen.
v. Keith
Sehen Sie, ich habe Ihr Glück gemacht. – Melden Sie uns!
Simba
Sehr wohl, Herr Baron.
(Ins Spielzimmer ab.)
v. Keith
Die Morgenblätter bringen schon die begeistertsten Besprechungen über unser gestriges Konzert!
(Er setzt sich an das Tischchen links vorn und durchblättert die Zeitungen.)
Scholz
Hast du denn jetzt endlich Nachricht, wo sich deine Frau aufhält?
v. Keith
Sie ist bei ihren Eltern in Bückeburg. Du warst während des Banketts gestern abend ja plötzlich verschwunden?
Scholz
Ich hatte das lebhafteste Bedürfnis, allein zu sein. Wie geht es denn deiner Frau?
v. Keith
Danke; ihr Vater steht vor dem Bankrott.
Scholz
So viel wirst du doch noch übrig haben, um ihre Familie vor dem Äußersten zu schützen!
v. Keith
Weißt du, was mich das Konzert gestern gekostet hat?
Scholz
Ich finde, du nimmst diese Dinge zu leicht!
v. Keith
Du wünschest wohl, daß ich dir dabei helfe, die Eier der Ewigkeit auszubrüten?
Scholz
Ich würde mich glücklich schätzen, wenn ich dir von meinem Überschuß an Pflichtgefühl etwas abtreten könnte.
v. Keith
Gott bewahre mich davor! Ich habe jetzt die erdenklichste Elastizität nötig, um die Erfolge in ihrer ganzen Tragweite auszubeuten.
Scholz
selbstbewußt
Ich danke es dir, daß ich dem Leben heute mit ruhigem, sicherem Blick gegenüberstehe. Ich halte es daher für meine Pflicht, ebenso offen zu dir zu sprechen, wie du vor vierzehn Tagen zu mir gesprochen hast.
v. Keith
Der Unterschied ist nur
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