Dramen
sollten andere Menschen so schlecht werden wie Sie! Oh, wie schlau haben Sie Ihre Moral ausgeklügelt! Zu schwächlich, um mit anderen Männern ehrlich um ein Weib zu kämpfen, zu eingebildet, um sich selbst um ein Weib zu bemühen, wollten Sie Ihre Person so hoch postieren, daß sämtliche Weiber kniefällig vor Ihnen nach Liebe jammern und jede sich selig preist, wenn Sie Zwergriese sich Ihrer erbarmen!
VON BRÜHL
empört.
Ihr widersinniges Geschwätz erklärt sich aus Ihrem absoluten Mangel an Bildung; aber Ihr Mangel an Schamgefühl nimmt mir den letzten Rest von Achtung, den ich vielleicht noch für Sie hegte!
MOROSINI.
Nehmen Sie, milchbärtiger Knabe, Ihre Brille herunter, wenn Sie den Zwergriesen kennenlernen wollen, über den Sie zeitlebens Bücher zu schreiben gedenken! Dann sehen Sie hinter diesem Jammergesicht das gift ige, grinsende, teuflische Hohnlächeln des Wahnsinnigen, der nur darauf lauert, sich über die gläubigen Opfer lustig zu machen, die seinen Wahnsinn als Offenbarung verherrlichen! Für dieses Hohnlächeln ist ihm freilich kein Preis zu hoch! Ich aber sage und behaupte – ich, Pietro Alessandro Morosini –: Wäre dieser Zwergriese heute wirklich ums Leben gekommen, es wäre trotzdem nur aus Trug und Verstellung geschehen! Um das Leben so tief zu verachten, muß man freilich so verworfen sein wie dieser Zwergriese!
(Zu von Brühl.)
Sie hätten ihn dann natürlich als größten Weltbeglücker gepriesen und vielleicht hätten es Ihnen Tausende geglaubt. Aber
(Sich zu Mrs. Grant wendend.)
vor diesem Unglück habe ich die Menschheit heute gerettet!
MRS. GRANT.
Go on Darling!
(Sie trocknet ihm den Schweiß von der Stirn.)
DER POLIZEILEUTNANT
kommt nach vorn und sagt in sehr ruhigem höflichen Ton.
Sollte Herr Hetmann jetzt nicht vielleicht transportfähig sein?
VON BRÜHL.
Wieso? – Was haben Sie vor?
DER POLIZEILEUTNANT.
Ich bin dafür haftbar, daß der Herr nicht noch einmal überfallen wird. Der Überführung dürften wohl keine Schwierigkeiten mehr entgegenstehen.
VON BRÜHL
erschrocken.
Wo wollen Sie ihn denn hinbringen?!
DER POLIZEILEUTNANT.
Vorderhand nur zum Polizeipräsidium. So, wie ich die Sache ansehe, steht für den Herrn durchaus nichts zu befürchten. Voraussichtlich wird man ihn zur Beobachtung seines geistigen Zustandes auf einige Zeit in einer Anstalt internieren …
HETMANN
wie aus einer Betäubung erwachend.
Zur Beobachtung meines geistigen Zustandes?! – Ist ein Mensch wahnsinnig, der ausspricht, was mit aller Bestimmtheit doch endlich einmal von einem Menschen gesagt wird?!
DER POLIZEILEUTNANT
trocken.
Es tut mir leid; ich habe meine Instruktion zu befolgen.
MOROSINI.
Wenn der Mensch bei Vernunft wäre, müßte er doch selber einsehen, daß er wahnsinnig ist!
BERTA.
Verzweifeln Sie nicht, Herr Hetmann! Wir bleiben bei Ihnen.
Fünfter Akt
Szenerie wie im dritten Akt. – Fanny stellt auf Schreibtisch und Kommode einige einfache Blumen zurecht. Es klopft; sie geht zur Tür und öffnet. Gellinghausen tritt ein.
FANNY.
Ach, Sie sind es, Herr Gellinghausen.
GELLINGHAUSEN.
Ich hörte, Herr Hetmann würde es nicht gern sehen, wenn man ihn an der Anstalt abholt. Deshalb komme ich her, um ihn hier zu seiner Freilassung zu beglückwünschen. – Außerdem komme ich allerdings noch aus einem anderen Grunde.
FANNY
wieder mit den Blumen beschäftigt.
Ich hoffe nur, Sie werden Hetmann nicht dazu beglückwünschen wollen, daß ihn die Irrenärzte für geistig gesund erklärt haben.
GELLINGHAUSEN.
Eine solche Vierschrötigkeit trauen Sie mir doch wohl auch im Ernst nicht zu. Aber es ist doch wohl Grund genug vorhanden, jemanden zu beglückwünschen, der nach vierteljährigem Aufenthalt hinter verschlossenen Türen endlich seine Freiheit wiedererlangt hat. Übrigens führt mich, wie gesagt, noch ein anderer Grund her. Da Sie auf der Redaktion nicht zu sehen waren, ging ich in Ihre Wohnung. Dort sagte man mir, was ich mir ohnehin hätte denken können, Sie erwarteten den Befreiten hier in seiner Behausung. Nun frage ich Sie, Fräulein Fanny, wollen Sie wirklich Ihre schönsten Lebensjahre in den Wirrnissen mit diesem bemitleidenswürdigen Toren aufgehen lassen? – Ich habe Sie seinerzeit in unerhörter Weise beleidigt; aber die Ereignisse haben seitdem einen völlig anderen Menschen aus mir gemacht, und Sie glauben nicht, um wie viel höher ich Sie dabei schätzen und verehren gelernt habe! – Ich bin heute kein reicher Mann mehr. Törichterweise zog
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