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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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ich mein Vermögen gerade in dem Augenblick aus dem Geschäft zurück, wo es plötzlich zu blühen begann. Damals ergab sich natürlich, daß von meinem Geld so gut wie nichts übriggeblieben war. Aber mit meiner Arbeit verdiene ich in der ganzen Welt so viel, daß Sie vor jeder Sorge gesichert wären. Und dabei hätten Sie wenigstens das Bewußtsein, das Ihnen in Ihrem jetzigen Leben fehlt, das Bewußtsein, einen Menschen über alle menschlichen Begriffe hinaus glücklich zu machen.
    FANNY.
    Ich kann Ihnen zu meinem Bedauern nicht anders als mit dem entschiedensten Nein antworten. – Jetzt kommt Hetmann!
(Sie eilt zur Tür.)
    Hetmann tritt ein und sieht sich um. Er ist während des ganzen Aktes launig und aufgeräumt.
    HETMANN.
    Noch ganz die alte Herrlichkeit! – Guten Tag, mein Herz! – Guten Tag, Herr Gellinghausen!
(Er reicht beiden die Hand.)
    GELLINGHAUSEN
seine Hand drückend.
    Ich danke Ihnen, Herr Hetmann. Ich wollte Ihnen nur meinen Glückwunsch zu Ihrer Befreiung aussprechen. Erlauben Sie mir, daß ich mich gleich empfehle. Ich fühle mich hier doch nicht recht an meinem Platz.
    HETMANN.
    Gewiß; Ihre Geschäfte gehen vor.
    Gellinghausen ab.
    HETMANN.
    Und du bist also immer noch das herrliche Weib, auf dessen Stolz ich meine uneinnehmbaren Luftschlösser baute!
    FANNY.
    Ich bin ein schlichtes menschliches Geschöpf wie alle andern. Ich weiß nicht, ob ich Ihr Lob mit Entsetzen anhören soll, oder ob ich es mit Entzücken aufnehmen darf? – Sie sind so unberechenbar, daß mir der Laut auf den Lippen erstirbt, den Ihnen jedes andere Weib in diesem Augenblick Mund auf Mund zuflüstern würde! – Aber haben Sie jetzt nicht erkannt, daß sich die Fesseln, in die wir Menschenkinder geschmiedet sind, nicht zerreißen lassen, ohne daß wir uns der entsetzlichsten Hilflosigkeit preisgeben? – Ich gelte seit Jahr und Tag als Ihre Geliebte. Wie selig wäre ich – ich sage es offen und ohne Scheu – wenn ich mich solchen Glückes rühmen dürfte!
    HETMANN.
    Trotz meiner Überzeugungen haben mich eben erst die größten ärztlichen Autoritäten für geistig gesund erklärt. Soll ich den Herren ihren Unverstand nun in Flammenschrift demonstrieren, indem ich dem Unerläßlichsten, worauf ich vor ihnen schwor, einen Faustschlag ins Gesicht gebe?! Meiner scheußlichen, grauenerregenden Mißgestaltung soll ich deine leuchtende Schönheit verkuppeln?! Alles was mich an Erkenntnissen, an Kraft, Elastizität und Zuversicht erfüllt, soll ich im Stich lassen, nur um dich als Weib in den Armen zu halten?! Habe ich noch nicht einmal erreicht, daß ich mir meine eigene Verdammung nicht mehr zumuten zu lassen brauche?!
    FANNY.
    So verfluche ich alles, was du Schönheit nennst, weil ich vor der Mißgestaltung besinnungslos auf den Knien liege! Laß dich aus deinen Himmeln vollends zu mir herab, nachdem du mich aus der Welt, in der andere leben, halb zu dir emporhobst! Unter deinem steinernen Mantel von Selbstlosigkeit schlägt ein Herz, das sich kindlich freuen kann, ein Herz, dem Tränen Wohltat sind! Gib ihm sein Teil, dann bist du vor Hilflosigkeit gesichert! Gib mir, ich umfasse deine Knie darum, gib mir den Anteil, den ich mir an dir verdient habe! Gib mir dein Vertrauen! Laß mich an den Kämpfen teilnehmen, die deine Seele durchtoben! Nimm mich, um über meine Niedrigkeit zu lächeln, dann bist du mein! Gönne mir den Sieg, dir Tränen von der Wange zu trocknen, so kommst du zu mir zurück! Fürchte bei Gott nicht, ich wolle dich aus deinen Himmeln herabziehen! Aber jeder große Mensch hatte zwei Naturen, deren keine ohne die andere sein konnte. Feste erwarte ich ja nicht! Freudentaumel finde ich in deinem Wohl! Gleichviel, ob mein Leben Schrecken sei oder Ruhe, aber von dir muß mein Leben kommen! Von dir muß es kommen! Von dir! Das habe ich um dich verdient! Und kein ander Weib darf sonst daran teilhaben!
(Sie ist vor ihm in die Knie gesunken.)
    HETMANN.
    Steh auf, mein Kind! Ich war mir augenblicklich nicht bewußt, wie tief ich in deiner Schuld stehe! – Modulationen, Variationen, die ich Ton für Ton auswendig weiß wie das Abc. –
(Sie emporhebend.)
Steh auf, wenn es dir gelingt, mich lächeln zu machen, um so besser für mich! Dann gehör ich dir mit Leib und Seele! Aber dazu mußt du auch bei mir bleiben! Trotz meiner Häßlichkeit! Hörst du? Immer bei mir bleiben!
(Sie streichelnd.)
Du schönes Geschöpf!
(Da an die Tür gepocht wird.)
Da kommt schon jemand, um uns zu stören!
    FANNY.
    Laß ihn nicht

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