Draußen wartet die Welt
dich mal zurück zu Rachel.«
Ich rannte nach oben, um meinen Koffer zu holen.
Mein Zimmer bei Rachel fühlte sich vertraut und tröstlich an, nachdem ich ein paar Tage weg gewesen war. Ich setzte mich aufs Bett und dachte über die Zeit nach, die ich mit meiner Tante und meiner Mutter verbracht hatte, über die Enthüllungen, die ich gehört hatte, und über all die Emotionen, die sich dabei auf den Gesichtern der beiden abgezeichnet hatten.
Die ganze Woche über hatten sie mich wie eine Erwachsene behandelt, und ich war stolz darauf gewesen, dass sie mir ihre Geheimnisse anvertraut hatten. Aber nun war ich es leid, erwachsen zu sein. Ich wollte wieder eine Sechzehnjährige sein.
Ich griff nach dem Telefon und rief Josh an.
Kapitel 34
Josh und ich waren nun »offiziell zusammen«, wie er es genannt hatte. Zu Hause hätten meine Freunde gesagt, dass wir uns nicht mehr nur »trafen«, sondern »miteinander gingen«. Aber ganz gleich, wie wir es auch nannten, an einer Sache änderte sich nichts: Zum ersten Mal konnten Josh und ich uns offen als Pärchen zeigen.
Der Sommer würde in zwei Wochen zu Ende gehen und wir genossen diese wunderbare Zeit in inniger Nähe. Jeden Abend, wenn ich mit der Hausarbeit fertig war, rief ich Josh an, und er holte mich ein paar Minuten später ab. Wir gingen einen Kaffee trinken, ins Kino oder trafen uns mit anderen Pärchen bei einem von ihnen zu Hause im Partykeller. Wenn wir allein waren, verzehrten wir uns förmlich nacheinander, und obwohl wir schon über Bundling hinausgegangen waren, wusste ich, dass es eine Grenze gab, die wir auf keinen Fall überschreiten durften. Eines Abends, nachdem wir uns einen Film angeschaut hatten und ineinander verschlungen auf der Couch in seinem Keller lagen, erzählte ich ihm, was ich über das Rumspringa meiner Mutter erfahren hatte. Es war ihr Geheimnis gewesen, aber ich hatte einen wichtigen Grund, es auch Josh anzuvertrauen. »Wow«, sagte er. »Das ist echt krass.«
»Allerdings«, erwiderte ich. »Und ich glaube, meine Mutter wollte, dass ich es weiß, damit mir so etwas niemals passiert.«
»Okay«, sagte er mit tiefer, ernster Stimme. »Dann wird es auch nie passieren.« Ich fühlte mich erleichtert. Nun wusste auch Josh, dass wir eine gewisse Grenze einhalten mussten. Ich war nicht mehr allein dafür verantwortlich.
Die letzten Tage des Sommers vergingen wie im Flug, wie nur Sommertage es können. Ich verspürte eine freudige Aufregung, als der September nahte. Es war die Zeit, zu der ich eigentlich wieder zurück nach Hause hätte fahren sollen. Aber ich war immer noch hier und Josh und ich waren immer noch zusammen. Und wir mussten unser Zusammensein nicht mehr verstecken.
Als Josh seinen Stundenplan zugeschickt bekam, rief er seine Freunde reihum an, um zu hören, wer mit ihm in seinen Kursen war. Ich fühlte mich ein wenig ausgeschlossen, lenkte mich jedoch mit anderen Beschäftigungen ab. Das Ferienlager der Kinder war zu Ende, und ich kümmerte mich tagsüber um die beiden, während Rachel in der Bibliothek arbeitete oder sich in ihr kleines Arbeitszimmer zurückzog. Auch die Kinder würden bald wieder in die Schule gehen: Ben kam in die vierte Klasse, Janie in die erste. Ich war die Einzige, auf die im Herbst kein Neuanfang wartete. Deshalb klammerte ich mich an diese letzten Sommertage, spürte die Wärme, wenn Josh seinen Arm um meine Schultern legte, und genoss die süßliche Frische, die noch immer in der Luft lag.
Am letzten Tag der Sommerferien ging Rachel mit den Kindern zu einer Einführungsveranstaltung in die Schule. Ich wartete aufgeregt auf Josh, und als ich ihn an der Tür begrüßte, reichte er mir eine blaue Baseballmütze mit einem roten C auf dem Schild. Onkel John hatte mir schier endlose Geschichten von den Cubs erzählt, und ich hatte mir in diesen Sommersonntagen so viele Spiele mit ihm im Fernsehen angesehen, dass ich seine ebenso stolze wie schmerzvolle Begeisterung für die Mannschaft langsam zu verstehen begann. Ich war noch nie bei einem Spiel gewesen, heute jedoch würden Josh und ich auf der Tribüne des berühmten Wrigley-Field-Stadions sitzen.
Den ganzen Nachmittag über saß ich Ellbogen an Ellbogen mit den anderen Fans und spürte, wie die Sonne auf meinen Rücken und meine Schultern brannte. Ich aß Erdnüsse und warf die Schalen auf den Boden, wo sie unter meinen Turnschuhen knirschten. Vor mir lag das Spielfeld, leuchtend grün und perfekt gemäht, und die strahlend weißen Linien
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