Draußen wartet die Welt
hatte ich frei, und meist verbrachte ich beide Tage mit Josh, sofern er nicht zu viele Hausaufgaben aufhatte. Samstagabends gingen Josh und ich ins Kino, auf eine Party oder zu einem Konzert. Bei den sonntäglichen Abendessen mit Tante Beth und Onkel John stieg jedes Mal ein ungewohntes Gefühl in mir auf: Ich war bedrückt, dass die neue Woche bereits in Sicht war.
Ich musste oft an Josh und diesen mysteriösen Ort denken, an dem er seine Tage verbrachte: die Highschool. Das Einzige, was ich darüber wusste, war das, was ich im Fernsehen gesehen oder in Büchern gelesen hatte. Die Schüler saßen an ihren Tischen und hörten dem Lehrer zu, bis es klingelte. Dann warfen sie ihre Rucksäcke über ihre Schultern und begaben sich in ein anderes Klassenzimmer, um einem anderen Lehrer zuzuhören. Zwischen den einzelnen Unterrichtsstunden versammelten sie sich in größeren Räumen, zum Beispiel in der Cafeteria oder in der Turnhalle, um miteinander zu plaudern und zu flirten. Josh und seine Freunde hatten mir versichert, dass die richtige Schule ganz anders war als das, was ich aus dem Fernsehen kannte, und dass die Tage dort langsam vergingen und sehr eintönig waren. Aber ich wollte noch mehr darüber erfahren.
An einem warmen Freitagabend im September, während ich in dem Gefühl der Leichtigkeit schwelgte, das ich am Wochenende immer empfand, versuchte Josh, es mir zu erklären. Sam und Rachel waren früher nach Hause gekommen, und Josh und ich waren in die Stadt spaziert, um ein Eis essen zu gehen. Wir saßen auf einer Bank und mein Haar flatterte in der sanften Brise. »Es gibt all diese willkürlichen Regeln«, sagte Josh. »Zum Beispiel, dass wir unsere Handys nicht benutzen oder das Klassenzimmer nicht ohne Erlaubnis verlassen dürfen. Und dann geben uns alle Lehrer so viele Hausaufgaben auf, als sei ihr Unterricht der einzige, den wir besuchen müssten. Selbst wenn wir aus der Schule raus sind, können wir unsere Zeit nicht so verbringen, wie wir gerne wollen.«
Ich hörte ihm zu und versuchte, nachzuempfinden, warum er wegen all der Regeln und der vielen Arbeit so gereizt war, aber allein die Vorstellung, zur Schule gehen zu können, erschien mir wie ein Privileg. Plötzlich kam mir ein Gedanke: »Kannst du mich mal mitnehmen?«, fragte ich. »Kann ich deine Schule mal sehen?«
Josh legte einen Arm um meine Schultern und ich lehnte mich an ihn. Die Bewegung war vollkommen selbstverständlich, ebenso natürlich wie ein Blinzeln. »Sicher«, erwiderte er. »Und wo du es gerade erwähnst: Nächsten Monat ist Homecoming. Ich habe mir schon die ganze Zeit überlegt, wie ich dich am besten frage, ob du mit mir zum Ball gehen möchtest, aber ich schätze, diese Gelegenheit muss ich ergreifen. Also, würdest du gerne mit mir hingehen?«
Ich nickte glücklich. Ich war mir nicht ganz sicher, was »Homecoming« bedeutete, aber ich wusste, dass auf einem Ball getanzt wurde und dass ich Joshs Schule sehen würde. Und ich wusste, dass Josh mit mir hingehen wollte. Der Ball war noch etwas, was ich kennenlernen und ausprobieren konnte. Ich lächelte und kuschelte mich an ihn. Der Duft seiner Haut war schmerzlich vertraut und vor uns lag noch das gesamte lange Wochenende mit all seinen Verlockungen.
Kapitel 35
Wie sich herausstellte, war der Homecoming-Ball eine ziemlich große Sache. Wie groß, wurde mir erst bewusst, als Valerie und Jill am nächsten Tag plötzlich vor Rachels Tür standen und ihre Gesichter vor Aufregung förmlich glühten.
»Wir haben gehört, dass du mit uns zum Ball gehst«, sagte Valerie.
»Wir gehen zusammen hin?«
Jill nickte und ihre dunklen Locken hüpften. »Insgesamt sind wir zu zwölft – sechs Pärchen. Ich gehe mit Steve hin.« Im Stillen korrigierte ich meine Vorstellung von der Veranstaltung und passte sie an diese neuen Informationen an.
»Und«, wollte Valerie wissen, »hast du schon ein Kleid?«
Ich dachte an die Kleider in meinem Schrank, aber dann wurde mir klar, dass Valerie eine andere Art von Kleid meinte. Ich schüttelte den Kopf.
»Okay, dann gehen wir zusammen einkaufen. Ich brauche auch noch eins«, sagte Valerie. »Und ich kann dir dabei helfen, Joshs Anstecksträußchen auszusuchen. Die Fotos machen wir bei mir zu Hause.«
»Fotos?«
»Ja, vor dem Ball treffen wir uns bei einem von uns zu Hause und die Eltern machen dann Fotos von uns allen in unseren schicken Klamotten. Ist ein bisschen lahm, aber den Eltern gefällt’s.« Valerie unterbrach sich. »Oh«,
Weitere Kostenlose Bücher