Draußen wartet die Welt
und Bases bildeten eine exakte Rautenform.
Ich hatte noch nie zuvor so viele Menschen an einem Ort gesehen und sie alle hatten sich aus einem gemeinsamen Grund in diesem Stadion versammelt. Wenn die Cubs einen Run schafften, jubelten wir begeistert und klatschten uns gegenseitig ab, und wenn ein Spieler der Cubs out war, stöhnten wir alle im Einklang. Was mit den neun Spielern dort unten auf dem grünen Gras passierte, war die wichtigste Sache der Welt. Als der Right Fielder der Cubs schließlich im neunten Inning einen Fly Ball fing und die Mannschaft damit das Spiel gewann, sprang ich auf und kreischte genau wie alle anderen vor Begeisterung.
Als wir mit der El nach Hause fuhren, sah ich Josh lächelnd an, während er mir noch einmal den kompletten Spielablauf schilderte, so als hätte ich nicht gerade alles selbst miterlebt. Ich war müde und hatte einen Sonnenbrand. Und ich war glücklich, dass die Cubs gewonnen hatten. Aber ich war auch ein wenig traurig. Nun hatte ich noch etwas, was ich auf meine Liste schreiben konnte. Etwas, was ich unbedingt hatte tun wollen und auf das ich mich voller Aufregung gefreut hatte. Aber jetzt war es vorbei, genau wie mein erster Film, mein erstes Theaterstück und mein erstes Konzert. Falls ich noch einmal zu einem Spiel im Wrigley Field gehen würde, dann wären das smaragdgrüne Gras, der Duft der Erdnüsse und das krachende Geräusch des Balls, wenn er auf den Schläger trifft, nichts Neues mehr für mich. Ich war in meinem Leben erst bei einem einzigen Baseballspiel gewesen, aber trotzdem konnte ich mir vorstellen, wie schnell es sich wie etwas ganz Gewöhnliches anfühlen würde.
Ich drehte mich zu Josh um. Er sprach gerade über das vierte Inning des Spiels und war sich sicher, dass der Schiedsrichter einen Spieler der Cubs an dem zweiten Base fälschlicherweise out gegeben hatte.
»Aber am Ende haben sie doch gewonnen, also ist es doch eigentlich egal, oder?«, fragte ich.
»Ich weiß. Aber es macht mir einfach Spaß, ein Spiel zu analysieren. Das ist der Sportjournalist in mir.«
Ich lächelte. Die Jungen zu Hause sprachen auch oft über ihre zukünftigen Berufe. Die meisten würden derselben Arbeit nachgehen wie ihre Väter. Wenn die Mädchen über ihre Zukunft sprachen, ging es dabei um Ehemänner und Kinder.
Ich schüttelte die Gedanken an zu Hause ab, die mich aus meiner Gegenwart rissen. Ich wollte nicht wieder dorthin zurückkehren, wo meine Möglichkeiten so eng gesteckt und vorhersehbar waren. Ich wollte hier sein, in diesem schaukelnden El-Zug, neben diesem Jungen, der vorhatte, seinen Lebensunterhalt damit zu verdienen, dass er über Sport schrieb.
»Können wir uns heute Abend einen Film ausleihen?«, fragte ich.
»Heute Abend nicht. Ich muss morgen ganz früh in der Schule sein.« Ich spürte, wie eine heiße Woge der Enttäuschung in mir hochschwappte. »Aber ich rufe dich nach der Schule an.« Ich nickte. Ich wollte nicht, dass er sah, wie enttäuscht ich war.
Nachdem die Schule für Josh wieder begonnen hatte, wartete ich nicht mehr ungeduldig darauf, dass mitten am Tag das Telefon klingelte, und hoffte auch nicht, dass wir noch ein bisschen Zeit miteinander verbringen konnten, bevor die Kinder nach Hause kamen. Josh verließ das Haus schon früh am Morgen, um zum Unterricht zu gehen, und kam erst wieder heim, wenn er seine Arbeit für die Schülerzeitung erledigt hatte. Er mähte auch nicht mehr den Rasen in der Nachbarschaft und arbeitete seltener im Computerladen. Plötzlich passten unsere Tagesabläufe nicht mehr zusammen. Tagsüber, wenn ich allein war und die Zeit endlos langsam zu verstreichen schien, war Josh in der Schule. Wenn er nach Hause kam, half ich den Kindern bei ihren Hausaufgaben und bereitete das Abendessen für die Familie vor. Und abends, wenn ich mit meiner Arbeit fertig war, musste Josh lernen.
Mein Leben verfiel in ein Fünf-zwei-Muster: fünf Tage arbeiten, zwei Tage mit Josh. Freitags beeilte ich mich immer, um meine Arbeit möglichst schnell zu erledigen, schaute andauernd auf die Uhr und wartete darauf, dass das Wochenende endlich anfing. An den meisten Freitagabenden passte ich auf die Kinder auf, während Sam und Rachel ausgingen. Josh durfte dann immer vorbeikommen, damit wir den Abend zusammen verbringen konnten. Sobald die Kinder im Bett waren, bestellten wir Pizza, sahen uns gemeinsam einen Film an und machten es uns mit ineinander verschlungenen Armen und Beinen auf dem Sofa bequem. Samstags und sonntags
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