Draussen
sehr gut zusammen☺«, und wollte mir bei Interesse gern Fotos von seinen primären Geschlechtsorganen zukommen lassen. Klang toll. Ich forderte sie an für härtere Zeiten. Eine Nachricht von Hamburgsve, er fragte, wann wir uns endlich träfen. Hamburgsve hieß Sven und kam aus Hamburg, aber das Pseudonym bei »LiveLove« durfte nur zehn Buchstaben haben. Ich fand ihn eigentlich so mittel, und ich war mir ziemlich sicher, dass das mit uns nichts werden würde. Aber dann dachte ich wieder, wenn ich so dachte, war das doch die beste Voraussetzung. Dann ginge ich da ganz entspannt und ohne Erwartung in die Verabredung und dann konnte es ganz toll werden. Aber dass ich so dachte, barg ja dann doch wieder eine Erwartung in sich, so dass es eher unnötig war, sich mit ihm zu treffen. Es war nicht ganz einfach. Vielleicht würde ich ihn treffen, wenn es mit dem Kölner blöd würde. Da! Er, Harakiri, hatte geschrieben! Mein Herz klopfte schneller. Und Harakiri war grün. Das hieß, er war online. Wie – der war online und chattete mit anderen? Unerhört! Ich merkte, dass ich jetzt schon eifersüchtig war, obwohl wir uns noch nie gesehen hatten und uns erst seit einer Woche mailten. Was hatte er denn geschrieben? Und wann? Gestern Abend gegen 23.00 Uhr hatte ich ihm – einem begeisterten Hobbyruderer – mit raffinierter Beiläufigkeit von meinem Diavortrag über Wildwasserrafting berichtet. Natürlich stand da nichts von meinen wahren Beweggründen – ich hatte nur versucht, mich bei ihm einzuschleimen. Ich öffnete seine Mail:
Na Du Wildwasserratte!
Danke für Deine Mail. Bist Du morgen Abend online? Dann könnten wir mal chatten. Ich bin nicht so der Briefeschreiber.
Bis bald
Felix
Und deswegen hatte ich Herzklopfen gehabt? Mann. Wie, er war nicht so der Briefeschreiber? Er hatte mir doch schon sehr schöne Mails geschickt. Ich hatte ihm zwei Seiten geschrieben, mir blumige Formulierungen ausgedacht und war witzig und beredt dahergekommen, und er schrieb nur, wir sollten lieber chatten? Der kleine Briefkasten auf dem Bildschirm blinkte. Felix!
Hi! Da bist Du ja. Warte schon sehnsüchtig auf Dich. ☺ Echt langweilig, wenn ich nicht mit Dir chatten kann. Wie geht’s, warst Du wieder bei einem Diavortrag?
Er hatte seine Hausaufgaben gemacht. So mochte frau das. Sehnsüchtig. Yep. Langweilig ohne mich. Jawoll. Ich schrieb zurück:
Hallo!!! Na, soo toll war der Diavortrag auch nicht, dass ich da jetzt jeden zweiten Tag hinmuss ☺ Eigentlich fand ich Emoticons ziemlich albern, war aber so oft missverstanden worden, dass auch ich irgendwann nicht umhinkam, diese Holzhammermethode anzuwenden. Wie ist das Wetter in Köln?
So schrieben wir uns ein paarmal hin und her, bis er vorschlug, zu telefonieren. Vorsichtshalber rief ich ihn von meinem Faxgerät an. Das hatte eine andere Nummer. Irgendwie kam ich mir dabei auch spießig vor, aber andererseits kannte ich ihn ja noch gar nicht und wollte sichergehen, dass er nicht über meine Nummer meine Adresse herausfinden konnte und, falls ich ihn abwiese, mit einer Axt vor meiner Haustüre auf mich lauerte. Natürlich konnte er die Adresse auch anhand meiner Faxnummer herausfinden, aber obschon ich wusste, dass es nicht logisch war, erschien mir das irgendwie sicherer so.
Seine Stimme hatte ich mir ganz anders vorgestellt. Sie klang höher, als ich gedacht hatte, und erinnerte mich ein wenig an die deutsche Synchronstimme von Eddie Murphy. Allerdings sprach er langsamer und mit einem leicht bayerischen Einschlag. Ich bekam das Bild eines Eddie Murphy in Lederhose auf Valium nicht aus meinem Kopf.
Er erzählte von seinen Geschwistern, seinem letzten Urlaub in Neuseeland und von seiner Arbeit und ich hörte gespannt zu. Zwischendurch fragte er mich immer wieder etwas, sagte, dass ihm meine Stimme gefalle, und wir lachten ein paarmal herzlich miteinander. Mir gefiel das Gespräch so gut, dass ich ganz vergaß, dass ich eigentlich auf Klo musste. Er war mitten in einer Erzählung über einen Arbeitskollegen, der Schrumpfköpfe sammelte, als ich meinen heftigen Harndrang bemerkte. Ich musste jetzt auf der Stelle mein Wasser abschlagen, nach den Pferden sehen, nach vorne ins Cockpit. Während er weiter witzig und interessant erzählte, überlegte ich, mit welcher Formulierung ich das Gespräch jetzt elegant kurz unterbrechen und mich auf die Toilette verabschieden könnte. Irgendwie war er über die Schrumpfköpfe auf seine Oma gekommen, zu der er ein sehr inniges
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