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Draussen

Draussen

Titel: Draussen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lachmann
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nicht in deinem Profil«, sagte ich relativ ruhig und schob mir ein Stück Pizza in den Mund.
    »Ich hab das bewusst nicht reingeschrieben. Denn die Kinder haben ja erstmal nichts mit mir zu tun. Die wohnen ja auch bei ihrer Mutter. Ich seh sie nur alle vierzehn Tage, am Wochenende. Wobei der eine bald fertig ist mit der Schule.«
    Ich verschluckte mich fast, bekam aber gerade noch die Kurve.
    »Wie bitte? Deine Kinder haben nichts mit dir zu tun?«
    »Nein. Ich bin … ja in erster Linie mal ich selbst und nur in zweiter Linie Vater«, sagte er in einer Mischung aus Unsicherheit und Ärger.
    »Deine Kinder haben nichts mit dir zu tun???« wiederholte ich. »Hallo? Das sind deine Kinder!!! Und überhaupt, du hast es nicht nur nicht reingeschrieben, du hast gelogen. Du hast ›Kinder: keine‹ angeklickt. Das ist vorsätzlich! Und überhaupt, wie kann der eine denn schon mit der Schule fertig sein, wenn du erst 35 bist, dann hast du aber früh angefangen, oder geht er auf die Sonderschule?« Ich sprach mit vollem Mund und versuchte, die Undeutlichkeit durch Lautstärke zu kompensieren.
    »Ach, 35 steht da? Äh ja, ich erinnere mich, das war ein Zahlendreher im Geburtsdatum, das haben die von ›LiveLove‹ verzockt, ich muss mich da mal drum kümmern …«
    »WIE ALT IST DER HERR VATER DENN WIRKLICH?« Ich hatte extra mit dem nächsten Pizzastück gewartet, damit ich diese Worte klar und deutlich aussprechen konnte. Mit der Lautstärke ging ich vorsichtshalber nicht runter.
    »Zweiundvierzig«, nuschelte er kleinlaut.
    Inzwischen hatte ich die Pizza in die Hand genommen und biss herzhaft hinein.
    »Also, ich fasse mal zusammen: Du bist zweiundvierzig Jahre alt und hast zwei Kinder. Schön. Das ist per se ja nicht schlimm.«
    Erstaunt guckte er auf. »Nein? Ich dachte …«
    »ABER DASS DU DICH IN DEINEM PROFIL SIEBEN JAHRE JÜNGER MACHST UND ANGIBST, DU HÄTTEST KEINE KINDER, DAS IST DER GIPFEL!«
    Keiner der anderen Gäste sah zu uns herüber. Es waren zumeist Italiener, die sich alle lautstark unterhielten, so dass ich gar nicht weiter auffiel.
    Dann konnte ich ja auch normal weitersprechen. Oder zischen, ja, ich entschied mich für Zischen.
    »Denkst du, das macht dich sympathisch? Deine Kinder und dein Alter zu verleugnen? Und ein altes Foto ins Profil zu stellen?«
    »Aber ich sag es dir doch jetzt!« Er war offenbar den Tränen nahe.
    »Welche Reaktion hast du denn von mir erwartet? ›Ach, das finde ich aber schön! Wenn er mich von Anfang an schon belogen hat, ist das bestimmt ein sehr ehrlicher toller Mann, auf den ich mich hundertprozentig verlassen kann, denn sein Lügenkontingent hat er ja schon aufgebraucht‹, oder wie?« Ich drehte mich um und suchte Blickkontakt mit dem Kellner. »Zahlen!«
    »Nein, bitte, lass mich das machen …«
    »WAS?«
    »Lass mich dich wenigstens einladen …«, bettelte er.
    Also, das war ja wohl die Höhe! Keinen müden Cent würde ich von diesem Heiratsschwindler annehmen.
    »Sag mal, wie haben denn die anderen Frauen reagiert, die du so verarscht hast?«
    »Ich hab noch keine getroffen. Du bist die Erste«, hauchte er kleinlaut.
    »Herzlichen Glückwunsch zur Premiere! Da geb ich dir aber einen guten Rat: Ändere das in deinem Profil! Sonst werde ich dafür sorgen, dass ich auch die letzte bleibe. Tschüss.«

    Ich hatte bezahlt und war gegangen.
    Und nun stand ich hier in meiner Küche.
    Warum musste ich immer an solche Vollidioten geraten? Vielleicht war die Suche im Internet doch nicht das Wahre für mich? Na ja, das konnte ich eigentlich jetzt ja noch nicht sagen. Sooo viele hatte ich ja noch gar nicht getroffen. Und dieser Unternehmensberater neulich war ja eigentlich ganz nett gewesen. Hätte er nur im Kino nicht immer an den falschen Stellen gelacht. Wenigstens schien er ehrlich zu sein und sah einigermaßen aus. Bis auf den Siegelring. Und die Barbour-Jacke. Ich nannte sie nur »das Unikat«, weil ungefähr jeder Jurist und BWLer diese blaue oder dunkelgrüne Wachsjacke mit dem Cordkragen trug.
    Ich seufzte und fuhr den Computer hoch. Vielleicht hatte mir ja der nette technische Zeichner aus Köln geschrieben. Wie war noch mal sein Pseudonym? Ich setzte mich an meinen Schreibtisch und loggte mich bei »LiveLove« ein. Vier neue Nachrichten. Mal sehen. Aha. Interessant. Vonhinten6 wollte mich »ausgiebig verwöhnen«. Das »von« war in dem Fall wahrscheinlich kein Adelstitel. Ich löschte die Mail. Seximanhh war entzückt von meinem Profil: »Ich glaube, wir passen

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