Draussen
Connie blieb dabei: »Ich finde das toll. Und du solltest auch mal offen sein für die etwas sensibleren Männer. Und nicht immer die toll finden, die nichts von dir wollen, die Gefühlsautisten und Machos, die ›Paartherapie‹ für die Behandlung einer Geschlechtskrankheit halten. Gib ihm eine Chance, Mädchen, bitte. Wie ist er denn sonst so?« Ich erzählte Connie von unserem anfangs sehr netten Treffen und geriet währenddessen ein bisschen ins Grübeln. »Vielleicht hast du Recht und ich sollte ihm wirklich eine Chance geben. Aber eigentlich erwarte ich schon, dass mich der Blitz trifft, ich glaube an die Liebe auf den ersten Blick!« – »Glaub mir, es kann gut auch mal der zweite oder dritte, oder selbst der zwanzigste Blick kann es sein!« Connie war richtig in Fahrt. »Du musst dich mal mehr auf den anderen einlassen. Nicht gleich so kategorisch sein. Ihr kennt euch ja noch gar nicht. Und wenn du mit dem Flugzeug abstürzen würdest, notlanden und mit weiteren, sagen wir, 24 Passagieren, davon 15 Männer, auf einer einsamen Insel stranden würdest, wäre er dann einer von denen, mit denen du potenziell etwas anfangen würdest?« Ich überlegte kurz. »Joah, ich denke schon. Kommt darauf an, wie die anderen so wären. Weißt du, er ist schon sehr rotblond.«
Kapitel 9 In freier Wildbahn
Jetzt saß ich schon seit Stunden vor dem Rechner, um diesen blöden Bericht zu schreiben. Nein, stimmte nicht, eigentlich saß ich nur davor, um alle 15 Sekunden auf »Senden/Empfangen« zu drücken und sicherzustellen, dass dem Computer nicht doch irgendwie eine Email entgangen war. Schließlich wollte Felix mir mal außerhalb von »LiveLove« schreiben. Und auch wenn ich nicht so richtig interessiert an ihm war, hatte er mich gefälligst toll zu finden. In der Zwischenzeit machte ich mir Tee, räumte mein Schlafzimmer auf, reinigte den Vogelkäfig und zog gar eine Backofenreinigung in Erwägung. Das hatte ich noch nie gemacht, seit ich hier wohnte, und schließlich entschied ich mich dafür, es dann auszuprobieren, wenn ich mal umzöge. Bestimmt kriegte ich diese Röhre hier gar nicht mehr sauber, wäre frustriert und hätte dann weder den Bericht noch einen sauberen Backofen. Und zwei Niederlagen taten ja nun nicht not.
Im Prinzip fand ich Stefanies Wunsch ja gut, dass wir nach Galas aufschrieben, was gut und was schlecht gelaufen war; schließlich konnte man sich nur so verbessern und auch von den Erfahrungen der anderen lernen. Aber ich hatte einfach keine Lust. Ich loggte mich bei »LiveLove« ein. Mein Gott, Smörrebröd war schon wieder online! Der hatte es wohl ganz schön nötig. Immer, wenn ich mich mal zufällig ganz kurz einloggte, war er garantiert schon da. So einen würde ich nie anschreiben, auch wenn sein Profil eigentlich ganz witzig und das Foto ganz nett war. Pling! »Na schöne Frau, was mahst du den hier?« fragte mich supertyp56. Wie ich das hasste, wenn Mann nicht wenigstens ein Fünkchen Wert auf Orthografie legte. Und dann so eine saublöde Frage. Am liebsten hätte ich »Huch? Da hab ich mich wohl vertippt« zurückgeschrieben, aber das war mir schon zuviel Aufmerksamkeit für einen solchen Deppen. Sein Foto zeigte ihn braungebrannt an irgendeinem Tresen der Welt, seinen linken Arm hatte er ursprünglich wohl mal um eine andere Person gelegt, diese aber – nicht zuletzt aus Datenschutzgründen – abgeschnitten. Das war doch praktisch, wenn man nach dem Ende einer Beziehung den Partner einfach abschneiden konnte und so trotzdem noch etwas davon hatte. Also, von der Beziehung.
Ach, ich regte mich nur wieder auf, und interessante Männer waren gerade sowieso nicht online, also konnte ich ja jetzt endlich meinen Bericht schreiben. Davor aber noch kurz die Emails checken.
Marc hatte sich wieder gemeldet.
Hallo Sara! Ich würde gern den Abend neulich wiederholen. Habe Karten für St. Pauli, da kann man auch singen und fällt nicht so auf …
Hast Du Lust? Hoffentlich his bald, Marc.
Das war ja nett. Ich antwortete umgehend:
Hi Marc, kannst Du mir vorher schon mal die Texte mailen? Dann komme ich gern mit:-)! Liebe Grüße, Sara
Oje. Micha hatte auch gemailt. Das konnte nichts Gutes bedeuten. »Will ich mich jetzt von meinem Bruder runterziehen lassen oder lese ich das gar nicht erst?« fragte ich mich selbst. Und öffnete dann doch seine Mail.
Hi Sara!
Der herrliche Hintern (heißt übrigens Toni, kommt von Antonio) sagt, sie findet mich toll, aber sie ist noch nicht bereit für
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