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Draussen

Draussen

Titel: Draussen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lachmann
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eine Beziehung. Sie möchte sich melden, wenn ihr danach ist. Was soll ich tun? Micha, ernsthaft in NOT’.! !

    Ich antwortete umgehend: Sara an Micha, wo bleibt Dein Stolz? Schick sie in die Pilze, wenn Du ein Mann bist. Wir telefonieren. Ciao, S.

    Ich würde ihn später mal anrufen. Aber jetzt erst mal ran an den Bericht.
    Davor wollte ich allerdings noch kurz eine Maschine Wäsche laden. Und vielleicht endlich mal meine Abstellkammer ausmisten? Nein, war ich hart zu mir selbst: erst schreiben. Erst die Arbeit und dann – die andere Arbeit. Allerdings fiel mir ein, dass ich dringend bügeln musste. Und staubsaugen. Obwohl ich es hasste, war ich jetzt dazu bereit. Ich hatte echt Respekt vor mir selbst.
    Irgendwie war ich müde. Jetzt für zehn Minuten die Augen zumachen, nur zehn Minuten – und dann ran an den Bericht! Ich legte mich extra auf mein unbequemes Sofa. Es war einen Tick zu kurz, um sich darauf ganz auszustrecken, und so bekam ich entweder einen steifen Nacken, wenn ich den Kopf, oder kalte Füße, wenn ich diese auf die Armlehne legte, lief also nicht Gefahr, richtig einzuschlafen. Nie würde ich mich mitten am Tage ins Bett legen. Das hatte sowas Endgültiges. Das machte man wirklich nur bei Krankheit. Obwohl …?
    Als hätte es nur darauf gewartet, dass ich die Augen zumachte, ging plötzlich in der Wohnung über mir ein kreischendes Geräusch los. Es erinnerte mich unweigerlich an den Bohrer beim Zahnarzt, war aber viel lauter. Vielleicht eine Kreissäge. Oder meine Nachbarn schliffen ihren Holzfußboden ab. Das ging jetzt schon ewig so. Wie lange konnte man eigentlich renovieren? Jetzt hatten wir Mai. Mir kam es so vor, als wäre es Herbst gewesen, als sie damit angefangen hatten – und ich war mir nicht mal sicher, in welchem Jahr. Irgendwann war doch wirklich alles erneuert, was zur Hölle machten die denn da noch alles zu ihrem Projekt?
    Auf jeden Fall war es sehr laut, wie auch meine beiden gefiederten Mitbewohner kritisch anmerkten, indem sie aufgebracht umherflatterten. Ich stand auf, ging in die Küche und öffnete das Türchen, um sie ein wenig fliegen zu lassen.

    Schade, ich hatte gerade mit dem Bericht anfangen wollen, aber bei dem Krach konnte ich nicht schreiben. Ich beschloss, mit meinem Laptop in der Tasche in mein Lieblingscafé zu radeln und dort konzentriert zu arbeiten. Auf dem Weg dahin konnte ich auch noch bei Karstadt in der Zooabteilung Vogelfutter kaufen. Genauer gesagt, Sprechperlen – eine bestimmte, mit verschiedenen zusätzlichen Vitaminen und Mineralstoffen versehene Körnerart, die die Affinität der Tiere zur menschlichen Sprache wecken sollte und sie – natürlich mithilfe von logopädischen Übungen des sie betreuenden Homo sapiens sapiens, also von mir – in kleine Plaudertäschchen verwandeln sollte, mit denen ich dann, wenn nicht Berichte über das Tagesgeschehen, so doch wenigstens Neckereien und Belanglosigkeiten würde austauschen können. »Sara lieb! Liller frech!« oder »Bad ist frei!« zum Beispiel. Wobei mein Bad ja eigentlich immer frei war, außer ich war drin. Jedesmal, wenn ich mich daran erinnerte, diese Sämereien käuflich zu erwerben, nahm ich mir wieder vor, täglich mit den Tieren sprechen zu üben und ihnen regelmäßig Sprechperlen unters Futter zu mischen. Dieser Vorsatz verlor sich aber leider immer genauso schnell wie der feste Plan, endlich mal die fünf von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlenen Gemüse- bzw. Obstportionen täglich zu mir zu nehmen. Wobei: Wenn ich die Kirsche in Mon Chéri dazuzählte, kam ich damit sogar manchmal hin.
    Ich betrat also mein Lieblingskaufhaus und fuhr mit der Rolltreppe in Richtung Zooabteilung, erstand mein Vogelfutter und gönnte mir noch einen kleinen Ausflug in die faszinierende Welt der Damenmode. Eine entzückende Bluse in blaugrünem Blümchenmuster sprang mich an. Hoffentlich gab’s die nicht in meiner Größe, sonst musste ich mir die unter Umständen kaufen. Gottseidank, sie war nur noch in ganz groß und ganz klein da.
    Es machte Spaß, hier durchzuschlendern, und ich beneidete heterosexuelle Männer nicht um ihre Art des Klamottenshoppings. Wenn Stefan eine neue Hose gebraucht hatte – und er hatte dann wirklich eine gebraucht, weil seine Lieblingsjeans kurz vor dem Auseinanderfallen war –, ging er in einen Laden, fragte nach seiner Größe und kaufte irgendeine Jeans. Meist sogar, ohne sie anzuprobieren! An einer der Schaufensterpuppen entdeckte ich ein schwarzes,

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