Dray Prescot 01-Transit nach Scopio
uns dahinstrich, während wir hilflos zusehen mußten, wie er im Todeskampf auf dem Boden lag, und wußten, daß seine Augen nie wieder das Doppelfeuer von Antares schauen würden – da wurde mir klar, daß ich für seinen Tod verantwortlich war, daß ich selbstsüchtig gewesen war in meinem Haß. Aber die Wächter waren gerissen. Sie hatten meine Klansleute in drei Gruppen aufgeteilt, die jeweils in verschiedenen Schichten arbeiteten. Wenn ich mich also oben in dem weißen Marmorbruch befand, wo die Flucht nur eine Sache exakter Planung und Durchführung war, konnte ich dennoch nichts machen, weil meine restlichen Männer nicht bei mir waren – ein Drittel sogar unter Tage.
Die Wächter entstammten verschiedenen Rassen. Es gab Ochs und Fristles und andere Tiermenschen, in erster Linie die Rapas, widerliche Ungeheuer, die wie eine Kreuzung aus Mensch und Aasgeier aussahen. Sehr schnell mit der Peitsche bei der Hand waren die Rapas, schnell, brutal und grausam.
Bei all den törichten Dingen, die ich in meinem Leben getan habe, muß meine Tat an jenem Tag in den Marmorbergwerken zu den dümmsten gehören, denn ich weiß, daß ich mir die Entscheidung abringen mußte. Als wir am Ende unserer siebentägigen Bergwerksschicht hinausgelassen werden sollten, um oben im Marmorbruch zu arbeiten, setzte ich mich von den anderen ab, ging hinter einem stinkenden Felsen in Deckung und wartete auf eine neue Schicht. Einer meiner Klansleute griff sich einen entgegenkommenden Freund aus der Gruppe, die das Bergwerk betrat, und zog ihn an meinen Platz, so daß die Zahl wieder stimmte.
Als die massiven Balkentüren zuknallten, richtete ich mich im Licht auf.
»Lahal, Rov Kovno«, sagte ich.
Rov Kovno musterte mich stumm. Er war ein Jiktar über tausend Männer, ein furchtloser Krieger mit mächtigem Körper, blondem Haar und eingeschlagener Nase. Er reckte sein Kinn trotzig vor. Er gehörte zu den Klansleuten von Longuelm. Ich dachte schon, ich hätte mich verrechnet, ich hätte einen Fehler gemacht. Als ich da im flackernden Kerzenlicht inmitten des infernalischen Marmorgestanks vor ihm stand, glaubte ich schon, er gebe mir die Schuld an unserer Gefangennahme. Ich wartete stumm ab.
Rov Kovno trat vor. In den Händen hielt er Hammer und Meißel – unsere Werkzeuge. Er ließ sie in den losen Schotter fallen und streckte mir beide Arme entgegen.
»Vovetier!« sagte er mit erstickter Stimme. »Zorcander!«
Einer der Männer seiner Gruppe – kein Klansmann, sondern ein Unglücklicher, der bei einem Überfall auf seine Stadt versklavt worden war, spuckte vor mir aus. »Er ist nach seiner Schicht hiergeblieben!« sagte er staunend. »Der Mann ist ein Narr – oder verrückt. Verrückt!«
»Sprich mit Respekt, Kerl, oder halt den Mund«, knurrte Rov Kovno. Er führte die Handflächen an Ohren, Augen und Mund und legte sie dann über sein Herz. Er brauchte kein Wort zu sagen, und das freute mich, denn nun wußte ich, daß mein Plan wie vorgesehen ablaufen konnte. Eine Sorge weniger.
Ich ergriff seine Hand. »Ich kann nicht fliehen, ohne alle meine Klansleute mitzunehmen«, sagte ich. »Ich habe einen Plan. Sobald du mit deinen Männern fliehst, folgt Ark Atvar mit seinen Leuten deinem Beispiel. Meine Schicht geht als letzte.«
»Weiß Ark Atvar von dem Plan, Dray Prescot?«
»Noch nicht.«
»Dann bleibe ich bis zur nächsten Schicht hier im Bergwerk, um es ihm zu sagen.«
Ich lachte. In der Tiefe des zeniccischen Bergwerks stand ich, der nichtssagende Gesten verabscheute, und lachte lauthals.
»So nicht, Rov Kovno. Das ist eine Aufgabe, die deinem Vovetier obliegt.«
Er neigte den Kopf. Er wußte wie ich von der Verantwortung, die in der Entgegennahme des Obi liegt.
Wir alle wußten, daß die erste Flucht ziemlich einfach sein würde, eine überraschende Aktion an Bord der Kähne, die die Marmorblöcke von den Steinbrüchen durch die Kanäle zur jeweiligen Baustelle brachten. Die zweite Flucht war dann nicht mehr so leicht, aber sie müßte noch möglich sein. Der dritte Fluchtversuch war der schwierigste, und der fiel auf meine Schicht, ich wußte, daß meine Männer es nicht anders haben wollten.
Ich mußte Rov Kovno versprechen, daß ich Ark Atvar befehlen würde, er solle als erster fliehen.
Die fanatische Loyalität der Klansleute der gewaltigen Segesthes-Ebenen ist sprichwörtlich.
Am siebenten Tag dieser anstrengenden Schicht im Bergwerk bat mich Rov Kovno, ich möchte ihm erlauben, in dieser Hölle zu bleiben,
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