Dray Prescot 02-Die Sonnen von Scorpio
ich danke euch sehr.«
So kam es, daß ich zu Glycas und seiner raubgierigen Schwester Shusheeng in den Palast des Smaragdenen Auges zog. Der Palast war riesig, prunkvoll, zugig, laut und nicht besonders bequem – und er war von Sklaven erbaut worden.
Bei jeder sich bietenden Gelegenheit streifte ich durch die Stadt. Obwohl Vallia mein Ziel war, musterte ich die Befestigungen der Stadt noch mit dem Auge des feindlichen Krozairs aus Sanurkazz. Glycas hatte darauf bestanden, daß ich stets eine Eskorte von sechs Chuliks mitnahm. Ich hatte protestiert, doch sein Ton verriet mir, daß er nicht nachgeben würde. Ich dachte an den Skorpion, den ich auf den Uferfelsen des großen Kanals gesehen hatte; so kam mir auch Glycas vor – schnell, unberechenbar, gefährlich.
Ich wanderte durch die Straßen und Boulevards, betrachtete die Architektur, suchte einige Schänken und Amüsierlokale auf. Ich zwang mich sogar einmal dazu, in eine kleine Arena zu blicken, in der sich Gruppen rauschgiftsüchtiger Sklaven zum kreischenden Vergnügen des magdagschen Adels zerfleischten. Angewidert zog ich weiter.
Nach einigen Tagen kam ich auf den Gedanken, auf einen Sectrix zu steigen und die Stadt – natürlich in Begleitung meiner Leibwächter – landeinwärts zu verlassen, um den megalithischen Baukomplex aufzusuchen.
Mehrmals zuvor hatte ich mit Architekten gesprochen, oft bei den intimen Abendessen, die Shusheeng mit Begeisterung arrangierte. Die parfümierten und prachtvoll frisierten Männer hatten mir versichert, daß die Gebäude wichtig waren für die Seele Magdags. Nur in der beständigen Errichtung gewaltiger Steinmonumente konnte Magdag seinen Daseinszweck finden. Dabei hörte ich wieder von dem Großen Tod, dem Zeitpunkt des Sterbens, und wußte nun, daß damit die Zeit der Sonnenfinsternis gemeint war, die Zeit, da die grüne Sonne von der roten verdeckt war. Dieses astronomische Ereignis hatte natürlich eine gewaltige Bedeutung für Menschen, die die Gottheit der grünen Sonne, Grodno, verehrten – in gewisser Weise war diese Finsternis ein Tod. Wenn dagegen die grüne Sonne vor der roten vorbeizog – und dabei, da sie die kleinere war – keine totale Bedeckung zustande kam –, begann für die Magdager regelmäßig eine Periode der Gewalt und der Eroberungen. In dieser Zeit bemannten die Zairer all ihre Bastionen, schärften ihre Schwerter und schickten sämtliche Schiffe auf das Binnenmeer.
Was die Magdager taten, wenn die grüne Sonne hinter der roten verschwand, wenn der Große Tod anbrach, sollte ich noch erfahren ...
Die massiven Gebäude hatten sich überhaupt nicht verändert. In meinem Herzen regten sich Mitleid und Wut, als ich die unzähligen Sklaven schuften sah.
Die Gebäude, die ich als halb vollendet in Erinnerung hatte, waren inzwischen fertiggestellt. Ich sah Aufseher, die die Sklaven zu immer schnellerer Arbeit antrieben. Meine Chuliks ließen mich nicht zu nahe heran; sie hatten ihre Langschwerter und fühlten sich doch nicht sicher genug. Ich roch ihre Nervosität.
»Sie sind hinter dem Plan zurück«, erzählte mir ein rastgesichtiger Kommandant der Wache, ein Oberherr der zweiten Klasse. Er war der erste Vertreter seines Standes, den ich seit meiner Ankunft in Magdag traf; ich hatte mich stets in Gesellschaft von Oberherren der ersten Klasse und Adligen bewegt – Zair möge mir verzeihen.
»Die Zeit des Großen Todes rückt heran«, fuhr er fort. Er schien sich zu freuen, mit einem Mann von hohem Stand sprechen zu dürfen. »Wir müssen bis dahin mindestens noch eine neue Halle vollendet haben.«
Von unangenehmen Erinnerungen an Sklaven und Arbeiter bedrängt – besonders an Genal, Holly und Pugnarses –, betrachtete ich die phantastische Szenerie, die ich nun mit neuen Augen zu schauen vermochte. Es wimmelte von Männern und Frauen. Die graugekleideten Gestalten bewegten sich verwirrend wie eine Insektenarmee über den Boden und auf den Gerüsten. Gewaltige Steinmassen wurden in die Luft gehievt, die Steinhaufen wuchsen, und endlose Ketten von Sklavenkindern trugen neue Steine heran. Das Gebrüll, das Knallen der Peitschen, der Dunst aus Staub und Steinsplittern, der in der Luft hing, der Gestank der vielen tausend Menschen – dies alles umgab mich wie ein Pesthauch der Hölle. So hatte es vielleicht beim Turmbau in Babylon ausgesehen – nur daß hier jeder seinen Nachbarn verstehen konnte.
Ich gab mir Mühe, jeden Teil der Baustelle zu besichtigen, und entdeckte zahlreiche mir
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