Dray Prescot 02-Die Sonnen von Scorpio
die unruhigen Laute von vielen tausend Menschen, die in winzigen Hütten schliefen oder sich wegen der Hitze auf die Gassen gelegt hatten.
Ich erreichte die vertraute Hütte. Genal richtete sich auf seiner Strohmatratze auf und blinzelte mich an.
»Wer ...? Das ist doch nicht möglich! Schreiber? Schreiber?«
Ich trat hastig ein und nahm seine Hand. »Lahal, Genal. Es geht dir gut?«
Er starrte mich an und schluckte. »Lahal, Schreiber.« Plötzlich sprang er auf, eilte durch den Raum, wobei er einen irdenen Krug umstieß, und beugte sich über ein anderes Lager, das ich noch gar nicht bemerkt hatte. Er schüttelte den Schläfer.
»Pugnarses – wach auf, wach auf! Schreiber ist wieder da, er ist zurückgekehrt aus dem grünen Paradies von Genodras!«
Ich erstarrte. Pugnarses erwachte schlecht gelaunt und starrte mich schläfrig an. Sein struppiges Haar, sein bösartiger Blick, dies alles stieß mich ab – doch ich bezwang meine Gefühle, streckte ihm die Hand hin und sagte: »Lahal, Pugnarses!«
»Lahal, Schreiber.«
Ich fühlte mich fehl am Platze. Beide starrten mich an, als wäre ich ein Gespenst. Gewissermaßen war ich das auch – jedenfalls für sie.
Aber beide verhielten sich ganz natürlich. Was hätte Pur Zenkiren – oder Pur Zazz – in dieser Situation gemacht? fragte ich mich unsicher und nahm mich zusammen.
»Ich kann nicht lange bleiben«, sagte ich, »und darf mich draußen im Bezirk nicht sehen lassen.«
Genal sagte eifrig: »Du kannst so lange hierbleiben, wie du willst. Du bist hier sicher.« Er bückte sich und hob seine graue Tunika an, die das grüne Abzeichen eines Aufsehers trug: »Auch ich führe nun einen Balass. Wir können dir helfen.« Er musterte mich mit prüfendem Blick und betrachtete besonders meine Schultern und Armmuskeln. »Bist du auf die Galeeren gekommen?«
»Ja, Genal, auf die Galeeren.«
»Und du hast fliehen können!« Pugnarses pfiff durch die Zähne. Vermutlich ärgerte er sich, daß Genal den Balass-Stock errungen hatte, während er noch nicht zum Oberaufseher befördert worden war, was er seit langer Zeit anstrebte.
»Was ist aus dem Fristle Follon geworden?« fragte ich.
Pugnarses schnaubte verächtlich durch die Nase. Genal verzog das Gesicht und machte eine unzüchtige Handbewegung; ich hatte die rauhen Sitten der Sklaven vergessen und wurde nun lebhaft daran erinnert. Ich durfte nicht vergessen.
»Auch er ist Balassträger. Er hat Informationen über eine Flucht weitergegeben, als du verschwandest – und wurde belohnt.«
»Ich war froh, daß du so vernünftig warst, bei ihm nicht mitzumachen, Genal.«
»Aber wir werden uns eines Tages erheben ...«
»Ja«, sagte ich. »Und wie geht es Holly?«
Ihre Reaktion war interessant. Beide warfen sich einen kurzen Blick zu und sahen mich dann ausdruckslos an.
»Es geht ihr gut, Schreiber«, antwortete Genal.
»Sie ist schöner als alle herausgeputzten Frauen in den magdagschen Palästen«, sagte Pugnarses heftig.
So stand die Sache also. Ich war allerdings nicht in den Sklavenbezirk gekommen, um Holly zu sehen, obwohl ich gehofft hatte, ihr wiederzubegegnen. Ich mußte mich bei diesen Männern richtig einführen. Schon glaubten sie, ich sei ein geflohener Galeerensklave und suchte Hilfe. Das war ein Anfang.
»Ich brauche vielleicht eure Hilfe – ihr müßt mich verstecken«, sagte ich. »Wenigstens von Zeit zu Zeit. Denn ich habe große Pläne.« Ich verstummte. Im Rechteck der Tür erschien ein Schatten, und eine leise Stimme hauchte ein einziges Wort:
»Schreiber!«
Holly war noch immer unglaublich schön. Sie war gereift, doch ich wußte, daß sich hinter ihrer gespielten mädchenhaften Naivität eine eiserne Entschlossenheit verbarg. Neben ihr war Prinzessin Shusheeng eine aufgedonnerte Herbstblume.
»Lahal, Holly!« begann ich.
Doch sie eilte auf mich zu und warf mir die Arme um den Hals. Ihr schlanker, biegsamer Körper preßte sich nackt gegen den meinen. Ihre heißen und überwältigenden Lippen schockierten mich mit ihrer ungestümen Berührung, preßten sich auf meinen Mund. Und während sie mich so überschwenglich küßte, sah ich über ihre Schulter, wie mich Genal und Pugnarses entsetzt anstarrten.
14
Von nun an wurde das Leben interessant und aufregend.
Ich verbrachte viele Nächte in den Sklavenslums. Nachdem ich wieder zu meiner Safari gestoßen und nach einem schnellen Jagdzug nach Magdag zurückgekehrt war, sorgte ich für ein Versteck in der Nähe des
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