Dray Prescot 02-Die Sonnen von Scorpio
unbekannte Orte. Da waren die Metallschmiede, die aus ihrem Material herrliche Ornamente formten, die Steinmetze, die vollkommene Formen aus dem Gestein herausarbeiteten, die Künstler, die ihre Fresken und Friese malten mit der Sicherheit von Männern, die die gleiche Figur in derselben Position und in den gleichen Farben schon hundertmal geschaffen hatten. Strikte Routine herrschte bei diesen Ausschmückungen, und betrat man einen der riesigen Säle mit ihren unzähligen Säulen, Monumenten und Gemälden, so hatte man manchmal das Gefühl, dasselbe Gebäude vor sich zu sehen, das man eben erst verlassen hatte.
Die Fertigungsmethoden mit ihrer Präzision und rationellen Gestaltung erstaunten mich. Auf der Erde wurde dieser Stand der Produktionstechnik erst mit der Erfindung der Autofließbänder erreicht. So standen etwa in langen Reihen Männer nebeneinander und stellten fässerweise Eisennägel her, die für die Holzgerüste verwendet wurden. Sie arbeiteten festgekettet und in einer Art Betäubung.
Ich sah, daß die Sklaven auch an die riesigen Steine gefesselt waren, die mit Booten aus den Bergen des Landinneren herangeschafft wurden – ein schwarzgrauer Basaltstein, der wenig Ähnlichkeit hatte mit den gelben Mauersteinen, aus denen die Häuser der Adligen in der Stadt bestanden. Hier unten an den Anlegestellen lagen auch die gewaltigen Küchenanlagen. Holly hatte in kleinem Umfang für eine Gruppe der Ziegelmacher gekocht, die meisten Sklaven jedoch wurden aus Riesenküchen versorgt. Hier stank es entsetzlich nach verfaulten Nahrungsmitteln, und es wimmelte von Rasts und Ungeziefer. Unten am Fluß, der hier eine rote Färbung hatte, sah ich gewaltige Knochenhaufen und Abfallberge, die sich meilenweit erstreckten. Die Umweltverschmutzung – etwas, das ich auf Kregen nicht erwartet hatte – war in Magdag zum Problem geworden.
Meine Chulikwächter machten keine Anstalten, mir die Sklavenbezirke zu zeigen, und ich wußte auch, daß ich mich dort in meiner Aufmachung und mit nur sechs Leibwächtern nicht sehen lassen durfte. Glycas hatte mich zu einer Sklavenjagdpartie eingeladen, wie er es nannte, doch ich hatte schaudernd abgelehnt und Unpäßlichkeit vorgeschützt.
Wie schon so oft zuvor war mir mein Leben unerträglich geworden. Etwas mußte geschehen, etwas mußte unternommen werden – und wenn ich, Dray Prescot, überhaupt noch eine hohe Meinung von mir haben wollte, mußte ich den Anstoß geben.
Prinzessin Shusheeng begann mir mit ihrer Geilheit auf die Nerven zu gehen. Meine Tür war nachts verschlossen, doch sie kratzte zwei- oder dreimal daran. Ich wußte, daß sie es war, denn ich roch ihr schweres, reichlich aufgetragenes Parfum. Ich vermutete, daß sie wohl bald zu direkterem Angriff übergehen würde, und legte mir in Erinnerung an Prinzessin Natema einen kleinen Plan zurecht. Im Norden jenseits der riesigen Farmen lag ein Landstrich mit gewaltigen Präriegebieten, die gut für die Jagd geeignet waren – dabei dachte ich mit Sehnsucht an die Savanti und an Maspero, der sich für das atavistische Verhalten seiner Rasse entschuldigt hatte, als er mich auf eine Graintjagd mitnahm, die allein für die Jäger gefährlich werden konnte.
Die Vorbereitungen für meine Jagd liefen bald an, und Vomanus, der sich wohl irgendwo in der Stadt eine Freundin zugelegt hatte, wurde aufgetrieben und mußte uns begleiten. Glycas und seine Schwester informierte ich nicht. Wir wurden von einigen Chulikwächtern und einer Gruppe Sklaventräger begleitet und stiegen schließlich auf unsere Sectrixes. Ich entfernte mich bald von der Safari. Ich hatte Vomanus angewiesen, so zu tun, als erwarte er mich draußen auf der Ebene. Ich stellte den Sectrix unter, zog meine Jagdkleidung aus und legte das graue Lendentuch an, das ich einem Palastsklaven gestohlen hatte. Dann suchte ich nach Einbruch der Dunkelheit das Gebiet der Baustellenarbeiter auf.
Ich fühlte mich dort ganz und gar nicht zu Hause, doch vertraut war mir die Umgebung noch. Es gab Augenblicke, da hätte ich mein dummes Vorhaben am liebsten aufgegeben. Doch ich schritt weiter. Dies, so überlegte ich immer wieder, gehört zu den Wünschen der Herren der Sterne.
Als mich der vertraute Gestank der Slums umgab und ich wieder das verrückte Durcheinander aus schiefen Mauern und Türmen und einsackenden Dächern sah, mußte ich an mich halten, um nicht umzukehren.
Ein Arbeiter, der eine Flasche Dopa gefunden hatte, lehnte schnarchend an einer Wand. Mich umgaben
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