Dray Prescot 04-Die Armada von Scorpio
eine Hafenkolonie gegründet hatte. Doch mein Desinteresse war ein Fehler; das verfluchte Menaham sollte wie auch Tomboram in meinem Leben noch eine große Rolle spielen, ehe ich Delia wiedersah.
Es näherte sich die Zeit, da die Armada aus Pandahem eintreffen mußte und Naghan der Bauch neue Wächter für seine Karawane brauchte.
Aufgrund der Piratengefahr auf den äußeren Ozeanen pflegten die großen Schiffe nach Möglichkeit in Konvois zu fahren, die Armadas genannt wurden. Naghan pflegte sein Doppelkinn und seinen Bauch zu schütteln und zu sagen: »Die Schwertschiffe machen einem Kaufmann das Leben schwer, möge Armipand ihnen die Kähne versenken! Wenn meine Karawane angegriffen wird, zwinge ich mich manchmal zu dem Gedanken, was für ein Glück es doch ist, kein Schiffskapitän zu sein!«
»Ich bitte dich, Naghan!« protestierte ich ahnungslos. »Auf dem Cyphrischen Meer und dem Sonnenuntergangsmeer kann es doch nicht so viele Schwertschiffe geben!«
»Es sind jedenfalls mehr als genug, Pendrite möge sie versenken!«
Nun, ich war in Segesthes gewesen und befand mich jetzt in Turismond – doch ich hatte noch nie das Meer überquert, das diese beiden Kontinente trennte.
Als die Glocken zu läuten begannen und die Menschen aus den Häusern strömten und in großer Erregung zum Hafen liefen, gehörte Pando zu den ersten, die unten ankamen – und ich lag nicht weit zurück.
Wir blickten über das Meer nach Südosten und erhoben ein großes Geschrei, als wir die Armada der Segel erblickten.
Es gab ein wildes Gebrüll, Halstücher flatterten, Hüte wurden in die Luft geworfen, Glocken läuteten, Menschen jubelten, Kinder hasteten durcheinander, und Hunde hechelten aufgeregt durch die Menge.
Als alter Seemann musterte ich die Gruppe der Segel mit etwas kritischerem Auge; ich erkundete den Wind und wußte, daß ich noch Zeit hatte.
Nachdem ich in einer nahen Schänke ein paar Gläser getrunken hatte, setzte sich Inch zu mir, und wir schlenderten zum Hafen zurück. Das erste Schiff glitt bereits durch die steinerne Hafeneinfahrt und an dem Leuchtturm vorbei. Die Möwen kreisten um die drei Masten, die Segel wurden eingezogen, und die Mannschaft versammelte sich mit Tauen auf dem Vorschiff. Eine Kapelle spielte.
Die Pandahemer nannten ihre breiten Schiffe Argenter. Sie besaßen eckige Segel; mit Lateinersegeln hätten sie wie Karavellen ausgesehen. Natürlich waren sie prunkvoll mit viel Gold und Holzschnitzereien versehen. Im Verhältnis zur Länge waren diese Schiffe sehr breit und solide gebaut – und deshalb sehr langsam. An den Fock- und Hauptmasten hatten sie Groß- und Topsegel, am Besanmast eine Rah mit Besansegel, und ein Klüversegel über dem Bugspriet. Ich hatte durchaus den Eindruck, als wären diese Schiffe sehr schwerfällig und nicht leicht zu manövrieren.
Im Vergleich zu diesen Seefahrzeugen kamen mir die vallianischen Schiffe, die ich später kennenlernen sollte, wie Galleonen vor – flach, stromlinienförmig und mit großartigen Segeleigenschaften.
Die Argenter erinnerten mich an die alten portugiesischen und spanischen Karavellen. Vielleicht wiederholt sich die Geschichte wirklich, wenn auch auf verschiedenen Welten, die durch vierhundert Lichtjahre voneinander getrennt sind.
Ich schaute zu, wie die Segel eingeholt wurden und die Schiffe beidrehten, ehe sie Anker warfen, und wußte, daß sie durchaus seetüchtig waren. Niemand hatte es eilig.
Als die Vorder- und Hauptsegel gestrichen wurden, verschwanden die riesigen, herrlich gemalten tomboramischen Symbole. Tomboram führte als Wappen die stolze bildliche Darstellung eines Quombora, eines mythischen Ungeheuers mit teufelsähnlichen Zügen, mit langen Fängen und Klauen, mit Flammenatem und Rauch. Die Topsegel am Fock- und Hauptmast zeigten die Symbole des jeweiligen Schiffes und des Eigentümers. Zahlreiche hellblaue Fahnen flatterten an den Masten.
Ein Schwarm Boote legte ab und hielt auf die Schiffe zu, und bald kehrten die ersten zum Pier zurück, um entladen zu werden. Die große Parade war vorbei. Für mich ging es als nächstes darum, eine Passage an Bord eines Schiffes zu arrangieren, wenn es nach Pandahem zurückkehrte.
In gerader Linie von Pa Mejab zum Haupthafen Tomborams beträgt die Entfernung etwa achthundert Dwaburs. Reisen dieser Größenordnung konnten von einem Schiff zurückgelegt werden, ohne daß es frisches Wasser oder neue Vorräte an Bord nehmen mußte; normalerweise machte die Armada aber irgendwo in
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