Dread Empire's Fall 02 - Sternendämmerung
Taktikoffizier. Wenn sie im Dienst weiter aufsteigt, wird sie natürlich immer wieder in der Lage sein, dir einen schönen Posten nach dem anderen anzubieten.«
Im darauffolgenden Schweigen beugte Roland sich abermals vor und schnurrte Martinez ins Ohr: »Ich dachte mir schon, dass dies vielleicht doch noch dein Interesse wecken könnte.«
9
Benommen wanderte Martinez durch den Yoshitoshi-Palast. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen, doch seine Gefühle kamen umso deutlicher zum Vorschein: blinde Wut, dann eine verrückte Belustigung, distanzierte Ironie und starke Abscheu. Widerwillen und Ironie behielten schließlich die Oberhand. Mit diesen Regungen konnte er wenigstens umgehen.
Ironie schmeckte wie Kaffeesatz, der Abscheu wie Kupfer.
Hinter all der Anmut und den guten Manieren, hinter den maßgeschneiderten Uniformen, dem Brokat und den feinen Stoffen mit aufgenähten Perlen waren sie alle doch nur unbehaarte feiste Tiere mit mahlenden Zähnen und Mäulern, in denen sich vor dem Fresstrog die Säfte sammelten.
Nur zu gern hätte er sie alle angebrüllt. Doch sie würden natürlich nicht zuhören, sie würden nicht einmal zu fressen aufhören, wenn die Naxiden kamen und den ganzen stinkenden Schweinestall niederrissen.
Martinez fand Terza vor einer weißen und blauen Trennwand aus Papier im Devis-Stil. Ihr Kleid bildete einen strahlenden Kontrast zu dem schlichten Hintergrund. Es war reich geschmückt und hochgeschlossen, wie es seit Beginn des Krieges der Vorliebe der Damen entsprach. Der Stoff war in Altgold gehalten und mit einem Muster aus grünen Pflanzen und strahlend roten Blüten verziert. Ein seitlicher Schlitz gab den Blick auf den seidenen Unterrock frei. Ihr Haar hatte Terza mit den weißen Trauerbändern hochgebunden und mit einem feinen Netz voller winziger weißer Sterne bedeckt. Sie stand inmitten einer Gruppe von Freundinnen, denen sie, wie es schien, aufmerksam und höflich zuhörte.
Martinez zögerte, als er sie sah, dann ging er weiter. Sie drehte sich zu ihm um und lächelte schüchtern. »Kapitän Martinez«, sagte sie.
»Meine Lady«, antwortete er und wandte sich an ihre Freundinnen. »Ich muss Sie um Verzeihung bitten, wenn ich Lady Terza jetzt entführe.«
Er zog sie fort und bugsierte sie in einen Seitengang. Verschiedene Gefühle rangen in ihm um die Vorherrschaft: Er wollte lachen, weinen, sich die Kleider vom Leib reißen und kreischend aus dem Palast fliehen. Doch er beherrschte sich und fragte: »Hat Ihr Vater schon mit Ihnen gesprochen?«
»Ja«, antwortete sie leise. »Kurz bevor wir hierher aufgebrochen sind.«
»Dann haben Sie es sogar vor mir erfahren.« Terza bewegte sich in ihrem wundervollen raschelnden Kleid voller Anmut. Er öffnete auf gut Glück eine Tür und entdeckte eine Mischung aus Schlafgemach und Wohnzimmer, ein schlichtes Bett in Schwarz und Weiß und einen Tisch aus hellem Holz, auf dem Papier, gläserne Zeichenstifte und rote Tinte bereitstanden. Er zog sie hinein und schloss die Tür.
»Ich muss mich für die Trauerbänder entschuldigen.« Terza deutete auf ihr Haar. »Ich sollte keine Trauerkleidung tragen, da wir jetzt verlobt sind, aber mein Vater hat erst mit mir gesprochen, als ich schon angekleidet war.«
»Schon gut«, sagte Martinez. »Nach allem, was ich gehört habe, war Lord Richard es wert, um ihn zu trauern.«
Terza wandte den Blick ab, ein lastendes Schweigen entstand. Martinez riss sich zusammen.
»Hören Sie, wenn Sie es nicht wollen, dann sagen wir die Sache ab, und damit ist es dann erledigt.«
Sie schien ein wenig überrascht. »Ich …« Ihre Lippen bewegten sich lautlos, dann erwiderte sie seinen Blick. »Ich erhebe keine Einwände«, fuhr sie fort. »Solche Heiraten werden von den Familien arrangiert. So war es auch bei meiner Verlobung mit Lord Richard.«
»Wenigstens kannten Sie ihn, Sie haben sich in den gleichen Kreisen bewegt. Mich dagegen kennen Sie kaum.«
Terza nickte leicht. »Das ist wahr, aber …« In ihren Augen regte sich etwas, als ihr ein Gedanke kam. »Sie sind erfolgreich, zuverlässig und intelligent. Ihre Familie hat Geld. Soweit ich es sehen kann, sind Sie freundlich.« Ihr Kleid raschelte, als sie eine Hand hob und ihm auf den Ärmel legte. »Das sind Dinge, die man sich bei einem Ehemann wünscht.«
Martinez hatte das Gefühl, der kleine Raum mit dem Schreibtisch und dem schlichten kleinen Bett drehte sich um ihn. Er betrachtete die junge Frau, die vor ihm stand, den vollkommen geschulten
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