Dread Empire's Fall 02 - Sternendämmerung
das Schiff drehte.
»Display: virtuelle Ansicht.« Wieder erschien vor Martinez’ innerem Auge der virtuelle Kosmos. Mit seinen Handschuhen verstellte er die Anzeige, bis er im leeren Raum zwischen sich und den Feinden drei Zielpositionen markiert hatte.
»Waffenkontrolle«, sagte er, »feuern Sie die Geschosse eins, zwei und drei auf die Zielkoordinaten. Dies ist keine Übung.«
»Dies ist keine Übung, mein Lord«, wiederholte Vonderheydte. »Schieße Raketen ab.« Es gab eine kurze angespannte Pause. Martinez verkrampfte sich, als rechnete er mit einem Rückschlag. »Raketen abgefeuert«, meldete Vonderheydte. »Haben das Schiff verlassen, beschleunigen jetzt mit chemischem Antrieb.«
Die Raketen wurden zunächst mit Gausskanonen abgesetzt, die natürlich keinen messbaren Rückschlag erzeugten, und dann zündete der chemische Antrieb, mit dem sie sich ein gutes Stück von der Corona entfernten, ehe die Antimaterietriebwerke aktiv wurden.
»Mein Lord«, meldete sich Shankaracharya in Martinez’ Kopfhörer. »Dringende Nachricht von Kapitän Kamarullah. Für Sie persönlich, Lord ElCap.«
In Martinez’ Kopf drehte sich alles, als er von der virtuellen Welt mit den Planetensymbolen, den vorgezeichneten Flugbahnen und den Berechnungen auf den Offizier umschaltete, der ihn sprechen wollte.
»Ich nehme den Ruf an«, sagte er, und dann erschien viel zu nahe und viel zu aggressiv Kamarullahs Gesicht vor ihm auf der virtuellen Anzeige. Unwillkürlich zuckte Martinez zusammen.
»Martinez hier.«
Er fragte sich, ob Kamarullahs kantiges Gesicht gerötet war, weil der Mann vor innerer Leidenschaft brannte, oder ob es sich nur um einen Übertragungsfehler handelte.
»Kapitän Martinez«, schnarrte Kamarullah, »Sie haben soeben Raketen abgefeuert. Ist Ihnen klar, dass Sie die Gegner aus dieser Entfernung unmöglich treffen können?«
»Haupttriebwerke der Raketen zünden«, meldete Vonderheydte, als wollte er Kamarullah widersprechen.
»Ich will die Naxiden mit diesen Raketen überhaupt nicht treffen«, entgegnete Martinez. »Vielmehr habe ich die Absicht, ein Manöver zu kaschieren.«
»Ein Manöver ? So weit entfernt?« Kamarullah staunte. »Warum denn das? Wir sind noch mehrere Stunden vom Feind entfernt.« Er starrte Martinez fiebrig an und sprach ungewöhnlich deutlich und betont, als müsste er einen Blinden allein mit der Kraft seiner Worte überzeugen, dass er einem viel zu schnellen Fahrzeug im Weg stand. »Kapitän Martinez, ich glaube nicht, dass Sie die Sache richtig durchdacht haben. Sie hätten sofort nach Sichtung des Feindes den Befehl geben müssen, die Schiffe zu drehen und mit dem Bremsmanöver zu beginnen. Wir müssen warten, bis Geschwaderkommandant Do-faq bei uns eintrifft, ehe wir angreifen können.« Jetzt wurde er ganz ernst, vielleicht sogar etwas flehend. »Es ist noch nicht zu spät, das Kommando über das Geschwader einem erfahrenen Offizier zu überlassen.«
»Die Raketen …«, begann Martinez.
»Verdammt, Mann«, sagte Kamarullah mit wild aufgerissenen Augen. »Ich bestehe doch nicht darauf, dass ich das Kommando übernehme. Wenn ich es nicht sein soll, dann treten Sie meinetwegen zugunsten von jemand anderem zurück. Sie haben doch jetzt schon alle Hände voll damit zu tun, eine unerfahrene Mannschaft zu befehligen, und können sich nicht auch noch mit taktischen Fragen herumschlagen.«
»Die Raketen«, wiederholte Martinez freundlich, »werden die Ankunft des Geschwaderkommandanten maskieren. Ich habe die Absicht, die Existenz des schweren Geschwaders so lange wie möglich vor dem Feind zu verbergen.«
Wieder machte Kamarullah ein erstauntes Gesicht. »Aber das würde Stunden dauern. Sie werden doch entdecken, dass …«
»Kapitän Kamarullah«, sagte Martinez, »Sie werden auf weitere Befehle warten.«
»Sie werden doch nicht wieder eine Ihrer … Ihrer taktischen Neuerungen probieren, oder?«, fragte Kamarullah. »Nicht mit einem Geschwader, das sie nicht versteht oder …«
So langsam hatte Martinez die Nase voll. »Es reicht! Sie werden jetzt abwarten. Diese Diskussion ist beendet.«
»Ich kann doch nicht …«
Martinez schaltete ab und schlug wütend auf seine Armlehne. Dann wies er den Computer an, das Gespräch zu speichern. Es konnte nicht schaden, wenn es davon eine Aufzeichnung gab.
Schließlich starrte er blind in das virtuelle Sonnensystem, zu den kleinen abstrakten Symbolen in ihrem perfekten, geordneten Universum, und überlegte, was er als Nächstes tun
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