Dread Empire's Fall 02 - Sternendämmerung
Scharfrichters selbst um den Hals gelegt. In Magaria hatte sie öffentlich Sulas Namen benutzt und fünf feindliche Schiffe vernichtet. »Sula hat dies getan«, hatte sie gesendet. » Merkt euch meinen Namen! « Wenn die Naxiden den Krieg gewannen, dann würden sie sich erinnern. Sula konnte so wenig wie Lord Chen mit Gnade rechnen. Der einzige Unterschied war der, dass sie vermutlich im Kampf fallen würde, in einem lodernden Sturm von Antimateriefeuer. Nach all den Jahren der Anspannung, nach den vielen Nächten, in denen sie aufgeschreckt war und die Hände zum Hals gehoben hatte, weil sie im Traum erstickt war, fürchtete sie den einfachen schnellen Tod nicht mehr.
Was Terza als Nächstes sagte, versetzte sie sogar noch mehr in Erstaunen.
»Ich bewundere Sie, weil Sie sich so gut durchgeschlagen haben, obwohl Sie weder Geld besitzen noch über gute Beziehungen verfügen. Falls ich enterbt und nicht getötet werde … vielleicht könnten Sie mir dann ein paar Tricks beibringen.«
Bewunderung. Sula konnte es kaum fassen. »Sie werden ohne Zweifel gut zurechtkommen«, quetschte sie heraus.
»Ich habe leider keine nützlichen Fähigkeiten wie Sie«, meinte Terza lächelnd. »Höchstens als Harfenistin könnte ich überleben.«
Soweit Sula es überhaupt sagen konnte, beherrschte Terza dieses Instrument wirklich gut. »Das würde Ihnen bestimmt gelingen.« Dann fiel ihr eine praktische Lösung ein. »Ihr Vater könnte doch einem vertrauenswürdigen Freund etwas Geld geben, auf das Sie später zurückgreifen könnten. Ich glaube, das haben meine Eltern auch für mich getan, oder ihre Freunde haben einfach etwas Geld zusammengekratzt und einen Fonds für mich eingerichtet.«
Terza nickte ernst. »Ich werde es meinem Vater vorschlagen.«
»Haben Sie tatsächlich schon darüber gesprochen?« Eine makabre kleine Unterhaltung beim Abendessen oder ein Plauderstündchen in der Küche, während Lord Chen etwas Gift zusammenbraute, um dem amtlichen Scharfrichter zu entgehen.
»Oh, sicher.« Terza trank einen großen Schluck aus ihrer kostbaren Tasse. »Ich bin die Erbin, und wenn der Krieg gut verläuft, werde ich früher oder später in der Konvokation sitzen. Ich muss mich doch zurechtfinden.«
Wie Sula wusste, saß Lord Chen im Flottenausschuss und war so gut wie kaum ein anderer darüber im Bilde, wie sehr die Naxiden überlegen waren. Mehr als einen Monat lang hatte er jede Minute seinem eigenen Tod und der Auslöschung seines jahrhundertealten Hauses ins Antlitz geblickt und sich jeden Tag aufs Neue an die Arbeit gemacht.
Auch er musste Mut haben. Vielleicht war es auch der Mut der Verzweiflung.
Als hinter ihnen auf dem Kiesweg Schritte zu hören waren, blickte Terza wieder auf. Sula erhob sich und drehte sich um. Ihr Herz setzte einen Moment aus, bis sie erkannte, dass der große Mann hinter Lord Chen nicht etwa Gareth Martinez, sondern dessen Bruder Roland war.
»Meine liebe Lady Sula«, sagte Chen, als er zu ihr kam und sie bei den Händen fasste. »Ich muss mich entschuldigen. Ich hätte gestern wirklich gern an der Zeremonie teilgenommen.«
»Terza hat mir schon erklärt, dass Sie wegen einer wichtigen Abstimmung verhindert waren.«
Chen blickte zwischen Sula und Roland hin und her. »Kennen Sie sich schon?«
»Lord Roland bin ich noch nicht begegnet, aber ich kenne natürlich seinen Bruder und seine Schwestern.«
»Sehr erfreut.« Lord Roland war seinem Bruder sehr ähnlich, allerdings war er etwas größer und machte sich gut in seiner mit Borten verzierten weinroten Jacke. Auch er sprach mit einem starken Provinzakzent. »Herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Auszeichnung. Meine Schwestern halten große Stücke auf Sie.«
Der Bruder etwa nicht? Einen Moment lang war Sula schier verzweifelt, weil Martinez sie anscheinend nicht erwähnt hatte. Dann verging die Hoffnungslosigkeit, und sie war dankbar, dass Martinez ihre letzte Begegnung nicht geschildert hatte, als sie getanzt und sich geküsst hatten, bis tödliche Erinnerungen in Sula aufgestiegen waren und sie geflohen war.
»Bitte sagen Sie Ihren Schwestern, dass ich oft an sie denke.«
»Würden Sie uns denn auch einmal besuchen?«, fragte Lord Roland. »Wir geben morgen Abend eine Party, und Sie sind herzlich eingeladen.«
»Ich würde gern kommen.« Sie dachte einen Moment nach, um ihre nächsten Worte sorgfältig zu wählen. »Haben Sie eigentlich in der letzten Zeit etwas von Ihrem Bruder gehört?«
Roland nickte. »Ja, er meldet sich hin und
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