Dread Empire's Fall 02 - Sternendämmerung
lachte.
»Was ist so lustig?«, fragte Sula.
»Mir wird gerade klar, dass ich eine meiner wichtigsten Waffen verloren habe«, sagte er. »Ich kann dir nicht einfach ein paar Drinks einflößen, damit du dich entspannst.«
Darüber musste auch sie lachen. Er küsste sie aufs Ohr, und dann legte sie den Kopf auf seine Schulter, und sie sahen zu, wie am Horizont die gezackten Bergketten aufstiegen, eine Weile neben ihnen tanzten und schließlich wieder versanken. Sie redeten über Spitballs! , ein Video mit dem Komiker Spate, das sie beide kannten, sie lachten über Spates Pilztanz und freuten sich darüber, dass sie beide an alberner Komik Gefallen fanden.
Schließlich bestellte Martinez etwas zu essen. Der Kellner baute einen kleinen Tisch auf, deckte ihn mit einer Tischdecke, Besteck und einer kleinen Blumenvase. Das Porzellan war, wenn Martinez Sulas Miene richtig deutete, von eher minderer Qualität. Inzwischen saß sie ihm gegenüber und hatte auch ihre Bluse ordentlich zugeknöpft. Zum Essen teilten sie sich eine Flasche Mineralwasser.
Der Zug raste durch Wälder und überquerte breite Flüsse. Seitlich strahlten die Wagen Schallwellen ab, die den Überschallknall neutralisierten. Wieder erhoben sich Bergketten und fielen hinter ihnen zurück, bis der Zug endlich abbremste, weil er sich seinem Ziel näherte.
Sula und Martinez umarmten und küssten sich, während die Unterstadt, die sich rings um die Hohe Stadt in alle Richtungen ausbreitete, vor dem Fenster vorbeiflog. Als sie im Bahnhof angehalten hatten, umarmte er Sula ein letztes Mal.
Die Station war nur ein paar Schritte von der Seilbahn entfernt, mit der sie auf die Akropolis von Zanshaa fahren konnten. Unterwegs betrachtete Martinez durch die durchsichtigen Wände der Kabine die blaue Glaskuppel des alten Sula-Palasts, den die Erbin verloren hatte, und fragte sich, was bei diesem Anblick in Sula vorging.
»Kannst du mich mit deinem Taxi bei mir absetzen?«, schlug Sula vor. »So siehst du gleich, wo ich wohne.«
Wäre Martinez nicht so müde gewesen, dann hätte er vermutlich auch selbst daran gedacht.
Erfreut stellte er fest, dass Sula direkt hinter dem Shelley-Palast lebte, dem kolossalen alten Kasten, den seine Familie in der Hauptstadt gemietet hatte. Er nahm an, dass dies kein Zufall war.
»Wenn du mal einen Augenblick freihast, kannst du gern kommen und das Bett besichtigen«, sagte sie.
Dann küsste sie ihn noch einmal auf die Wange und sprang aus dem Taxi, bevor er sie umarmen konnte. Martinez unterdrückte den Impuls, ebenfalls aufzuspringen, und wies den Cree-Fahrer an, an der nächsten Ecke abzubiegen und vor dem Shelley-Palast zu halten, wo Martinez’ Familie wartete.
Sein Bruder und seine Schwestern wussten natürlich, dass er erschöpft eintreffen würde, und hatten für den Abend seiner Ankunft lediglich ein einfaches Abendessen im Kreis der Familie geplant. Roland überließ Martinez den Ehrenplatz am Kopfende der Tafel. Der Offizier war froh, nach Monaten endlich wieder einmal Zivilkleidung tragen zu können. Vipsania und Walpurga, selbst bei diesem informellen Anlass hübsch und makellos gekleidet, saßen zu seiner Rechten, eine in einem roten und die andere in einem meergrünen Gewand, während seine jüngste Schwester Sempronia neben Roland auf der linken Seite saß.
Am anderen Ende der Tafel hatte Sempronias Verlobter PJ Ngeni Platz genommen. Er war ein Cousin des Konvokaten Ngeni, dessen Familie die Interessen der Martinez vertrat. PJ hatte angeblich sein Geld durch eine Reihe von Ausschweifungen verloren, und seine Verlobung ging nicht zuletzt auf den Wunsch des Ngeni-Clans zurück, sich des teuren und nutzlosen Verwandten zu entledigen. Da es zu jedem Plan einen Gegenplan geben musste, hatte Martinez ganz eigene Ideen entwickelt. Gewiss, Sempronia und Lord PJ waren jetzt verlobt, doch die Verlobungszeit würde sehr lange dauern. Solange Sempronia noch zur Schule ging, würden sie nicht heiraten, und sie würde die Schule so lange besuchen, wie es die Martinez für nötig hielten, um dank der Ngenis den Zugang zu den höchsten Kreisen zu nutzen und sich ihren Platz in der Oberschicht der Peers auf Zanshaa zu erstreiten. Sobald dieses Manöver erfolgreich abgeschlossen war, würden sie PJ dorthin zurückschicken, wo er hergekommen war, damit er weiter seinem eigenen Clan zur Last fallen konnte.
PJ hatte offenbar noch nicht durchschaut, dass die Verlobung nichts als ein Trick war. Während des Abendessens machte er
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