Dread Empire's Fall 03 - Die letzte Galaxis
standen Statuen von anmutigen, halb nackten Frauen, die dem Betrachter Kelche darboten. Das Prunkstück der Tafel waren Krieger in Rüstungen aus massivem Gold, die Früchte und Nüsse aus demselben Material bewachten.
Der Kapitän war ein bekannter Kunstliebhaber und besaß als Spross der bedeutenden und unverschämt reichen Fletchers genügend Geld, um seinem Hobby zu frönen. Er hatte die ganze Illustrious großzügig geschmückt und keine Kosten gescheut, um ein Meisterstück zu erschaffen, das den Neid der ganzen Flotte erregte. Auf der Außenhülle prangte ein kompliziertes geometrisches Muster aus weißen, hellgrünen und rosafarbenen Linien. Im Innern wurden die geometrischen Figuren hier und dort von Fantasielandschaften, Trompe-l’œils, Jagdszenen, Tänzern, Wäldern und Ranken und Seestücken überdeckt. Die meisten Werke waren von einem Grafikprogramm erzeugt und auf langen Papierbahnen ausgedruckt worden, die man wie Tapeten befestigen konnte, doch im Quartier des Kapitäns waren die Kunstwerke handgemalt und wurden bei Bedarf von einem pummeligen, ergrauten und zerzausten Künstler restauriert, der Montemar Jukes hieß. Er war als Fletchers Diener an Bord gekommen und als Erster Monteur eingestuft.
Jukes speiste in der Messe der Unteroffiziere, da an der Tafel des Kapitäns nur höhere Offiziere und Peers Platz nehmen durften. Alle hatten ihre Galauniformen angezogen, denn der Kapitän hatte festgelegt, dass die Mahlzeiten auf der Illustrious hochoffizielle Angelegenheiten waren, ob es nun einen besonderen Anlass gab oder nicht.
Er hatte diese Regel aufgestellt, bevor Martinez auf das Schiff abkommandiert worden war, doch Martinez hatte sich gern angepasst. Da die volle Galabekleidung erwünscht war, musste er auch seine Orden anlegen oder, im Falle einer ganz bestimmten Auszeichnung, in der Hand tragen.
Dieser Orden, die Goldene Kugel, bestand aus einem Stab, auf den eine durchsichtige, mit einer wirbelnden goldenen Flüssigkeit gefüllte Sphäre montiert war. Es war die höchste Auszeichnung des Reichs, die Martinez bekommen hatte, weil er den Naxiden die Corona gestohlen hatte. Jeder Offizier und Dienstgrad, jeder Konvokat und Regierungsangestellte musste vor dem Orden salutieren.
Folglich war der Kapitän Lord Gomberg Fletcher bei ihrem ersten gemeinsamen Essen und bei allen folgenden Treffen aufgesprungen. Der Kapitän hatte zuvorkommend reagiert wie immer, doch irgendetwas in dem schmalen, gut aussehenden Gesicht schien anzudeuten, dass der Besitzer mit dem Stand der Dinge im Universum nicht ganz zufrieden war. Noch nie in der Geschichte des Reichs hatte ein Fletcher vor einem Martinez salutiert, und es passte ihm nicht, dass er der Erste sein sollte.
An diesem Abend saß Lady Michi als Ehrengast am Kopfende der Tafel, an den Seiten die anderen entsprechend der Rangordnung. Fletcher und Martinez saßen auf beiden Seiten neben Lady Michi, neben Fletcher der Erste Leutnant Fulvia Kazakov. Sie hatte das dunkle Haar hinter dem Kopf zu einem komplizierten Knoten geflochten und mit zwei goldverzierten Stäben aus Zimtbaumholz hochgesteckt.
Neben Martinez hatte Chandra Prasad Platz genommen und presste das Knie vertraulich gegen sein Bein. Weiter unten saßen vier weitere Leutnants, der Schiffsarzt und die Kadetten. Ganz am unteren Ende befand sich der einzige Nichtterraner an Bord, ein Daimong-Kadett, der bei der Schlacht von Protipanu eine Pinasse gesteuert und als einziges Besatzungsmitglied der Fregatte Beacon überlebt hatte.
Wie die anderen Kadetten war auch der Daimong in Gegenwart der Vorgesetzten eingeschüchtert und schweigsam. Seine Ansichten über die Psychologie von Lord Ganmir und Lady Oppoda blieben somit sein Geheimnis.
»Ich denke auch an Go-tuls Neue Dynastie «, warf Michi ein. »Meiner Ansicht nach eine sehr bewegende Tragödie.«
»Ich halte sie für mangelhaft«, erwiderte Kapitän Fletcher. Seine eisblauen Augen lagen tief in den Höhlen, das graue Haar war zu unnatürlich akkuraten Wellen gelegt. Er war der Inbegriff absoluter Autorität und besaß die makellosen Umgangsformen eines Peers der höchsten Kaste. »In Neue Dynastie reist eine Peeress aus der Provinz nach Zanshaa und hat nahezu Erfolg damit, einen Platz in der Elite der Gesellschaft zu finden. Doch sie scheitert und muss am Ende nach Hause zurückkehren.« Er warf Lady Michi einen fragenden Blick zu. »Inwiefern ist das tragisch? Eine echte Tragödie wäre der Fall eines Peers, der in höchsten Kreisen
Weitere Kostenlose Bücher