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Drecksau

Drecksau

Titel: Drecksau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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alte Fotzen, aber mittlerweile schlage ich sie alle. Ich stinke vielleicht in diesem alten Mantel! Nehmt das, ihr versnobten alten Fotzen. Ich hole ein Purple Tin aus der Manteltasche.
    – Hier drin dürfen Sie nicht trinken, sagt die Arzthelferin zu mir. Ich halte ihr meinen Ausweis unter die Nase. – Polizei, sage ich zu ihr. – Alles nur Tarnung, erkläre ich den alten Schachteln. Eine von ihnen verzieht abschätzig ihren alten, ausgedörrten Lippen. Ich möchte mir ne Spritze schnappen, eine Dosis Old Purple Tin aufziehen und sie in diese alten Lippen jagen, um sie augenblicklich zu rehydrieren! – Kosmetische Chirurgie, erkläre ich ihr, – die neueste Methode. Kann sich jeder leisten, ich hebe meine Dose zu einem Toast auf die neuen Technologien.
    Die Frau am Empfang ruft mich auf und ich gehe zu Rossi rein. Ihm klappt die Kinnlade runter, als ich eintrete, und wenn's mir nicht am Arsch vorbeiginge, würde ich sagen, dieser wenig sensible Umgang mit Patienten ist unprofessionell.
    Er ist das McDonald's des Gesundheitswesens und braucht weniger Zeit für eine Diagnose, als man dort braucht, um einen Big Mac zu servieren.
    – Sie haben Depressionen, Mr. Robertson. Ich tue das nicht gerne, aber ich werde Ihnen Prozac verschreiben.
    – Prima, sagen wir zu diesem Arzt.
    Rossi allerdings: irgendwie wirkt er verändert. So, als sei ihm gerade aufgegangen, daß er langsam in die Jahre kommt und niemals den medizinischen Olymp erstürmen wird. Das hier, traurigen alten Fotzen Pillen zu verschreiben, einen besseren Bürojob zu machen, wie es Polizisten, Lehrer und Sozialarbeiter heute alle tun, ist alles, was er im Leben je erreichen wird. Unser sonst so gutgelaunter Doktor verströmt den deprimierenden Verlierergeruch eines Mannes, der von seinen eigenen Unzulänglichkeiten eingeholt wurde. Es ist ein Geruch, den wir in letzter Zeit zur Genüge kennenlernen durften. Er strömt aus jeder einzelnen, elenden Pore meines eigenen Körpers, so sicher wie der abgestandene Whiskyschweiß, der ihn begleitet.
    Als wir, ich ... wir seine Praxis verlassen und durch Colinton laufen, knüllen wir das Rezept zu einem Ball zusammen und werfen es im Colinton Dell in den Water of Leith. Dann gehen wir auf ein Pint in den Royal Scot. Das ist die einzige verfickte Droge, die wir brauchen: Alk. Dieses Scheißkoks, das hat uns runtergebracht, diese Fotze Lennox. Hat uns auf sein Niveau runtergezogen und ist dann schnell hingegangen und hat den Job gestohlen, der uns gehörte. Wir hätten es schnallen müssen, die Warnzeichen sehen müssen. Aber wir waren schwach.
    Nun müssen wir stark sein.
    In der Nacht flieht uns der Schlaf. Gedanken drehen sich wie ein Karussell unaufhörlich in unserem Kopf. Wir sehen das Karussell deutlich, unsere Frau und unser Kind winken uns von den dämlichen Pferdchen herunter zu, während wir im Piazza in den Princess Street Gardens sitzen und unseren Tee trinken, immer halb abwesend, unseren eigenen Gedanken nachhängend, unseren Träumen von Rache an denen, die die Gesetze unseres Staats übertreten.
    Wir können den Kreislauf nicht durch Wichsen durchbrechen, denn jedesmal, wenn wir das Bild einer Frau heraufbeschwören, sehen wir die Gesichter der Schläger oder die von Lennox oder Toal, und sexuelle Erregung ist – zu unserer Erleichterung – unter diesen Umständen ausgeschlossen.
    Die Umklammerung, in der die Angst mich hält, ist körperlich spürbar; manchmal lockert sie sich etwas, aber sie läßt uns niemals los.
    Wir laufen wieder, durch den Dell, durch die lange Unterführung, die wie ein alter Eisenbahntunnel ist. Es gibt eine Stelle in diesem Tunnel, die Stelle, die wir jetzt erreicht haben, an der er einen Knick macht und man weder vor sich Licht sehen kann, noch hinter sich, wenn man sich umdreht. Ein paar Schritte vorwärts, und man sieht helles Licht, ein paar Schritte zurück und ein Blick über die Schulter, das gleiche. Aber hier, genau an diesem Punkt: die absolute Ungewißheit. Man hat den Eindruck, daß man, wenn man zu lange an dieser Stelle stehenbleibt, wenn man an diesem Punkt ewigen Vergessens eine Zeitlang verharrt, einfach aufhört zu existieren.
    Und wir können uns nicht rühren.

    Der Tunnel dreht sich wirbelnd um uns, jetzt ist die Anordnung der Steine zu sehen, die durch die dreckige, angeschlagene Finsternis auf uns einstürzen. Wir hören Stimmen, aber wir sind nicht nervös.
    Dann sind wir leider nicht im ewigen Vergessen. Wir haben nicht den Eindruck, den Tunnel

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