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Drecksau

Drecksau

Titel: Drecksau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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zu gefallen, aber wenn man jemanden liebt, genießt man seine bewundernden Blicke, dessen bin ich schuldig und werde es immer sein.
    Ich betrachte meinen unbekleideten Körper im Spiegel. Ich sage mir: ja, Carole, du kannst dich noch immer sehen lassen. Ich glaube, ich habe abgenommen. Ich ziehe meinen BH an, schließe ihn vor der Brust, schiebe ihn dann herum und stecke meine Brüste hinein. Ich nehme eine cremefarbene Seidenbluse aus dem Schrank, ziehe sie an und knöpfe sie zu. Ich liebe das Gefühl gerade dieser Bluse auf meiner Haut. Ich habe einen marineblauen Rock, der gut dazu paßt. Ich ziehe den Rock an und betrachte mich in Spiegel. Ja, die paar Pfunde, die ich zugelegt hatte, habe ich definitiv wieder verloren; der Rock fallt gut. Ich habe eine breite Stirn, aber die kaschiere ich durch einen langen Pony. Ich bewundere meinen sinnlichen Mund und die hübschen vollen Lippen. Bruce liebt meine Lippen, meine schmale Nase und meine großen braunen Augen.
    Ich krame ein blaues Paar Schuhe in Samtoptik aus der hintersten Ecke des Schranks. Die ganze Zeit muß ich an Bruce denken, wie wir uns immer wieder trennen und versöhnen, und daß diese kurzen Pausen, die wir voneinander machen, unsere Liebe nur vertiefen. Ich vermisse ihn so, daß es weh tut; ich werde bald zu ihm zurückgehen müssen. Ich schlinge die Arme um mich und stelle mir vor, wir wären zusammen. Im gewissen Sinne sind wir auch zusammen, denn nichts, weder Raum, noch Zeit, noch Entfernung, nichts kann diese innige Verbindung zwischen uns zerstören.

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Interkulturelle Kompetenz
    Ich brauchte heute morgen ewig, um mich fertigzumachen, weil ich nicht wußte, was ich anziehen sollte. Das ist Caroles Schuld; wenn sie schon unbedingt abhauen muß, hätte sie vorher wenigstens dafür sorgen können, daß mir scheißnochmal irgendwer die Wäsche macht. Ich war schon drauf und dran, in den Sack zu hauen und erst nachmittags zum Dienst zu gehen. Aber dann fand ich doch noch ne schwarze Hose, die ganz annehmbar aussah, nachdem ich erst mal n paar tote Hautschuppen rausgeschüttelt hatte.
    Aber jetzt bin ich froh, daß ich mich aufgerafft hab, denn meine kleinen Freundinnen sind da, um ihre Aussagen zu machen. Die Kleine hier ist ja zum Fressen süß. Geht nichts über ne kleine Maus mit so niedlich aufgestülpten Lippen, besonders, wenn sie mit reichlich Lipgloss betont sind. Wenn sie Klasse haben, wissen das schon kleine Mädchen: mit Lippenstift und Wimperntusche kann man nie großzügig genug sein.
    In meiner Hose rührt sich was, und ich atme erst mal durch, um mich zu sammeln. Gottlob bin ich Profiund weiß Prioritäten zu setzen. – Ihnen ist also in dem Nachtclub nichts aufgefallen, das man verdächtig nennen könnte? frage ich sie. Ist schon ne süße Fickdose, die Kleine. Estelle heißt sie.
    – Nee, sagt sie zerstreut. Das kleine Gör ist mit den Gedanken woanders. Gus hat ihre Freundin nebenan; ich würd zu gerne sehen, wie er bei ihr weiterkommt. Ich will der frechen kleinen Schlampe gerade Feuer unterm Arsch machen, da fällt mir ein, daß Amanda Drummond mit im Zimmer ist. Sie sieht mich an, und ihre Nase zuckt. Ich ignoriere sie. Dann sagt sie: – D. S. Robertson, kann ich Sie kurz sprechen?
    Ich gehe nach draußen, Drummond kommt mir nach. Was für n Scheißfall. Wir kommen kein Stück weiter. Ich hab fast den ganzen Vormittag damit verbracht, die Leute zu befragen, die im Club waren, aber kaum einer will gesehen haben, wie Wurie ging. Der Türsteher, dieser Mark Wilson, ich wußte direkt, woran ich bei der Fotze war, der muß sich an den Jungen erinnern, will aber nicht mit der Sprache raus. Ein ganz übler Kunde. Bei den beiden Mädchen, Sylvia Freeman und Estelle Davidson, da hatte ich so n Gefühl, aber das kam wohl eher, weil sie Fickfleisch waren, und nicht, weil sie irgendwelche Informationen hatten. Die knöpfe ich mir später noch mal vor. Diese kleine Estelle. Boah. Und erst diese Sylvia. Die dürfen gerne wiederkommen. Sie werden wiederkommen. Wenn diese Drummond aus dem Weg ist.
    Wir stehen draußen auf dem Flur, und zwei Anstreicher klatschen gerade billige Behördenfarbe an die Wand. Ich kriege mit, daß einer von ihnen auf Drummonds formlosen, knochigen Arsch glotzt. – Wir sollten jetzt Schluß machen, Bruce. Da ist ja noch dieser Kurs am Nachmittag, erinnert sie mich. Ich wende meinen Blick von dem Glotzer zu ihr. Eins gibt es immerhin, was mir an ihr gefällt: diese vorstehenden Schneidezähne, die der echte

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