Drecksspiel: Thriller (German Edition)
das letzte Mal hatte lachen hören. »Da bist du ja schon. Hast du …?« Als wäre sie in einen großen, stinkenden Hundehaufen getreten, fiel ihre Fröhlichkeit von ihr ab. »Was willst du denn hier?«
»Du musst mir helfen.« Toni drängte sich an ihr vorbei ins Haus, keine Villa wie im Grunewald, aber auch kein stinkendes Wohnklo wie seine zwei Kammern am Tempelhofer Ufer. Ein schlichtes Reihenhäuschen, in dem Toni fünf Jahre seines Lebens verbracht hatte. Dann hatte Elke die Scheidung eingereicht.
Toni steuerte die Küche an.
»Was soll das?«, protestierte Elke und stakste auf ihren Pumps hinter ihm her. »Ich hab jetzt keine Zeit mehr. Ich bin verabredet.«
Schweigend durchwühlte er die Schubladen.
»Toni, hallo?«
Er riss die Schranktüren auf. »Wo hast du die Scheißschmerztabletten?«
»Wieso …«
Er wischte sich den Schweiß von der Stirn, hielt sich die geschwollene Nase. »Wonach zum Teufel sieht das aus?«
Sie öffnete den Mund, schien sich jedoch eines Besseren zu besinnen, machte kehrt und lief ins Badezimmer. Sie kam mit einer Schachtel Paracetamol zurück.
Toni schluckte zwei Tabletten mit einem Glas Leitungswasser. Er steckte die Schachtel ein und sank auf einen Stuhl.
Elke betrachtete sein verschwitztes Gesicht, die zerrissene Jacke, die dreckige Hose. »Sag mal, was ist …?«
Er ließ sie nicht ausreden. »Ich brauche deinen Wagen.«
»Schön, aber was ist …?«
»Außerdem brauche ich die Schlüssel zum Ferienhaus deiner Eltern.«
»Was ist …?«
»Scheiße, Elke, hörst du mir nicht zu?«
»Scheiße, Toni«, sie stemmte die Hände in die Hüfte, streckte den Rücken durch, »was ist mit den Kindern?«
Toni legte den Kopf in den Nacken. »Haben dich die Kollegen noch nicht angerufen?«
»Wieso hätten sie mich anrufen sollen? Toni, was ist los?«
»Nichts, alles in Ordnung«, beruhigte er sie, »die Jungs sind bei meiner Nachbarin.«
»Der alten Bodenbender? Du hast sie … Mein Gott, Toni.« Sie eilte durch den Flur und angelte im Vorbeigehen den Schlüsselbund vom Haken. »Los doch, wir …«
»Elke, verdammt, hör mir zu!«
»Schrei mich nicht an, Toni.«
»Ich schrei dich nicht an!«, schrie er sie an. »Und jetzt lass die Kinder. Denen geht es gut. Aber … Bitte, es ist dringend, du musst mir helfen.«
Ihr Blick verdüsterte sich. »Was hast du wieder ausgefressen?«
»Das ist es ja: gar nichts!«
»Na dann.« Sie wollte zur Tür. Durch das Fenster streifte sie zuckendes Blaulicht.
Toni sprang auf. »Elke, bitte, ich brauch den Wagen.«
»Das kannst du mal schön vergessen.«
»Der Schlüssel zum Ferienhaus deiner Eltern.«
»Hast du sie noch alle?«
»Dann gib mir wenigstens Geld für ein Hotel.«
»Sag mal, Toni, was genau …?«
»Gar nichts!« Draußen vor der Tür bremsten Streifenwagen. »Verfickte Scheiße, gar nichts hab ich gemacht, hörst du mir nicht zu?«
»Und was soll das da?« Theis und Blundermann sprangen aus dem Passat. »Was soll dieser Aufmarsch?«
Uniformierte Kollegen öffneten die Hintertür eines Einsatzfahrzeuges. Luke und Jeremy kletterten ins Freie, sichtlich begeistert von der Fahrt in einem Polizeiauto.
Toni eilte ins Wohnzimmer. Er trat ein Plastikflugzeug beiseite. »Sag ihnen nicht, dass ich hier war.«
»Wo willst du hin?«
Wortlos öffnete er die Tür zum Garten, zwängte sich durch Sträucher in die Dunkelheit. Bäume streckten ihre Zweige wie Klauen nach ihm aus.
Wo willst du hin?
Viele Möglichkeiten blieben ihm nicht.
*
David betrachtete die SMS, die auf Tatjanas Handy flimmerte. Nur zwei Wörter. Hilf mir. Die dennoch alles erklärten.
»Was hat das zu bedeuten?«, fragte das Model bestürzt.
»Zuerst einmal: Ihre Freundin lebt.«
»Aber Marlene? Ich hab gegoogelt und es ist, wie Sie gesagt haben, sie wurde umgebracht. Warum? Ich verstehe nicht …«
Er führte Tatjana auf die Terrasse. Hier draußen war der Diskolärm nur noch ein dumpfes Wummern, über das sich das entspannte Gemurmel plaudernder Teenager und das Plätschern der Spree legten.
David sagte: »Über vieles bin ich mir auch noch nicht im Klaren, aber ich …«
»Wer sind Sie? Polizist?«
»Sagen wir, ich ermittle in dieser Sache.«
»Welcher Sache? Dem Mord an Marlene?« Obwohl die Nachtluft noch immer angenehm warm war, erfasste ein Frösteln Tatjanas Leib. Sie schlang die Arme um die Brust. »Was hat Hannah damit zu tun?«
David ging nicht darauf ein. »Wer hat heute bei Ihnen angerufen?«
»Ein Polizist.
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