Drecksspiel: Thriller (German Edition)
kämpfte immer noch gegen die Übelkeit. »Bist du sicher?«
»Nein«, antwortete Blundermann, »aber das Ganze schaut nach Rotlichtmilieu aus, folglich dürften mehrere Leute hinter dem Mord stecken.«
»Du glaubst, es geht um Konkurrenz?«, fragte Theis.
»Der Verdacht liegt nahe, oder nicht? In Berlin tobt seit Jahren ein Krieg um die Kontrolle über die Prostitution. Gut möglich, dass da jemand der Ansicht war, ein Exempel statuieren zu müssen.«
»Ein Exempel? So brutal?«
» So brutal ist das gar nicht«, sagte Blundermann. »Zumindest nicht für die Organisationen, über die wir hier reden – ehemaliger Ostblock, Baltikum, Russland. Anderer Kulturkreis, andere Mentalität, vor allem aber eine niedrigere Hemmschwelle und höhere Gewaltbereitschaft. Denk nur an die Entführungsopfer im Nahen Osten: Die werden auch nicht einfach erschossen, sondern gefoltert, enthauptet, aufgespießt und ausgeweidet. Und die Botschaft ist unmissverständlich: Seht her, das machen wir mit denen, die uns in die Quere kommen. «
Theis grunzte missfällig.
»Das Problem ist nur«, fuhr Blundermann fort, »selbst wenn wir Spuren der Mörder finden, die Leute, die eine solche Tat begangen haben, werden von ihren Clans sofort in die Heimat zurückgeschickt. Wer auch immer das hier getan hat, ich würde darauf wetten, dass sie längst über alle Berge sind.«
Tonis Übelkeit ließ allmählich nach. Besser fühlte er sich trotzdem nicht.
Auch wenn die Spekulationen seiner Kollegen schlüssig klangen, hatte Toni erhebliche Zweifel daran, dass dieser schreckliche Mord tatsächlich auf das Konto der ukrainischen oder kurdischen Mafia ging. Warum hätten sie sich für ein Exempel ausgerechnet Leyla aussuchen sollen? Ausgerechnet heute Abend?
Wer hatte Leyla tatsächlich auf dem Gewissen?
Tonis Herz begann zu rasen.
*
David hielt seinen Blick auf die Politikerin gerichtet. Doch sie sackte zurück auf die Couch, presste ihre Lippen aufeinander, umkrampfte das Taschentuch. Ihre Knöchel traten weiß hervor.
»Wir sind ja schon froh, dass Schulferien sind«, begann stattdessen ihr Mann, »denn wie hätten wir sonst Shirins Fernbleiben erklären sollen? Aber wenn wir jetzt die Polizei einschalten, also die Forderung des Entführers missachten, dann werden die Medien noch diese Nacht Wind davon bekommen. Was das bei unserer Bekanntheit für Shirin bedeuten könnte …«
David verstand, was Rosenfeldt andeuten wollte, befürchtete allerdings, dass dieser schlimmste aller Fälle bereits eingetreten war. Zwei Tage waren seit der Entführung vergangen, fast 24 Stunden seit der Geldübergabe. Seitdem war nichts geschehen. Kein Wort von dem Entführer. Kein Lebenszeichen von Shirin.
»Wir wissen, dass …«, Rosenfeldt beugte sich zum Château Montifaud vor, »… dass die Sache nicht gut ausschaut.« Seine Hände zitterten, während er das Cognac-Glas füllte. »Aber Herrgott, wenn noch eine Chance besteht, irgendeine Chance, dass wir Shirin gesund zurückbekommen, dann wollen wir sie nutzen. Wir wollen sie nicht gefährden, verstehen Sie?«
»Ja, das verstehe ich. Und gerade deshalb rate ich Ihnen, die Polizei einzuschalten.«
»Sie sind auch Polizist!«
»Ich war Polizist«, korrigierte David. Seitdem sind fünf Jahre vergangen. Aber das sagte er nicht.
Bedrückende Stille breitete sich aus, erfüllt nur vom leisen Surren der Klimaanlage. Schniefend betupfte Katharina Rosenfeldt ihre Nase.
Ihr Mann kippte den Cognac in sich hinein und stellte das Glas mit einem heftigen, vorwurfsvollen Krachen auf den Tisch. »Ich dachte, Sie sind hier, um uns zu helfen?«
David nickte. »Ihre Frau ist politisch aktiv. Gibt es jemanden, der ihr schaden möchte? Dem jedes Mittel recht wäre?«
»Sie meinen, die Entführung …?«
»Ich meine gar nichts. Es versuche lediglich, mir ein möglichst umfassendes Bild zu machen.«
»Das politische Klima Berlins mag rau sein, aber so etwas? Nein.«
»Was ist mit Ihnen? Haben Sie Feinde? Konkurrenten? Auf dem Weg hierher habe ich gelesen, dass Sie sich an der Ausschreibung für ein Bauprojekt am Hauptbahnhof beteiligt haben. Es geht dabei um viel Geld.«
»Ja, natürlich, aber … wenn man mir und dem Projekt schaden wollte, warum entführt man dann unsere Tochter? Und verlangt ein Lösegeld statt meinen Rückzug aus dem Projekt? Das ergibt keinen Sinn!«
Damit hatte Rosenfeldt zwar nicht unrecht, aber David wusste aus Erfahrung, dass bei vielen Verbrechen ein gehöriges Maß an
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