Drecksspiel: Thriller (German Edition)
aussah. An ihrer Haltung erkannte er die ersten Anzeichen.
Er fragte sich: War ihr Leben das nicht schon längst – gefährlich?
Ich fürchte, Horst war erst der Anfang.
»Caro …«
»Hast du nicht verstanden? Verschwinde!«
Er stapfte davon. Im Flur bückte er sich nach dem Bilderrahmen und stellte ihn wieder auf die Kommode.
Das Foto zeigte Caro und ihn, in einem Urlaub an der Ostsee. Wehmut umspülte Davids Herz, Frust und Wut, auch auf sich selbst.
Auf dem Weg zum Wagen checkte er sein Handy. Der letzte Anruf war von Jessica gewesen. In einem neuerlichen Anfall von Zorn löschte er sie aus dem Adressbuch. Die anderen versäumten Telefonate stammten von Richard. Er wählte dessen Nummer.
»Wo steckst du?«, maulte Richard.
David startete den Motor. »In einer halben Stunde. Im Rizz .«
*
Toni hatte keine Ahnung, was schlimmer war.
Seine zerschlagene Nase, die höllische Schmerzen bis tief in seinen Schädel hinein sandte? Oder die wütende Stimme, die auf ihn einschrie? Beides zusammen war kaum auszuhalten. Er stöhnte, schmeckte Blut und Rotz.
Finger packten seine Haare und rissen sein Gesicht nach oben. Wieder schrie ihm die Stimme etwas ins Ohr, aber sie war kaum zu verstehen. In seinem Kopf brannte ein Höllenfeuer. Die Welt begann sich zu drehen.
Toni schnappte nach Luft, atmete ein, atmete aus, bis sich die Geschwindigkeit wieder reduzierte.
Er öffnete die Augen.
Der Regen hatte aufgehört. Das Donnern verklang in der Ferne. Aus dem Gewitter war der Abend hervorgegangen.
Toni lag im Schlamm der Baustelle, in einer abgelegenen Ecke, umzingelt von den Boxertypen.
»Hast du verstanden?«, blaffte ein kantiger Kerl im grauen Anzug. Am Finger trug er einen Goldring.
Toni hatte keine Ahnung, was er verstanden haben sollte.
Und wer war dieser Schreihals überhaupt?
Ohne Zweifel der Boss, denn auf sein Zeichen hin schnappte einer der anderen Schläger Tonis Arm und bog ihn herum. Tonis Schultergelenk knackte. Aber das bekam er kaum mit, weil er sah, wie ein zweiter Typ eine Messerklinge an die Wurzel von Tonis kleinem Finger setzte.
»Nein!«, schrie er und bäumte sich auf. »Nein!«
»Was soll das heißen?«
»Ja, ja, ich habe …«, Toni spuckte Blut und Speichel, »… ich hab verstanden.«
Noch immer hatte er keinen blassen Schimmer, worum es eigentlich ging. Aber ja schien die richtige Antwort gewesen zu sein. Der Boss nickte zufrieden. Das Messer verschwand. Tonis Arm fiel zu Boden. Die Hand ließ seine Haare los. Tonis Kopf sackte in den Schlamm.
Im selben Moment traf ihn ein harter Tritt in die Leiste. Er krümmte sich, mehr unter Schock als vor Schmerzen. Doch dann erwischte ihn ein zweiter Tritt voll in den Bauch. Immer wieder eine Freude. Diesmal kam der Schmerz sofort. Tonis Magen drehte sich um. Er kotzte auf sein Hemd.
Dennoch bekam er mit, wie die Typen sich den Polo vornahmen.
»Nein«, würgte Toni, »nein, bitte …«
Er stemmte sich auf. Sein Magen rebellierte. Toni fiel zur Seite. Oben wurde zu unten, rechts zu links, und alles drehte sich wie auf einem wahnwitzigen Karussell. Schneller und schneller und schneller.
Als die Welt sich wieder beruhigt hatte, fehlte von den Typen jede Spur. Stattdessen schob sich Mincks in sein Blickfeld.
Toni streckte die Hand nach ihm aus.
Mix stieß ihn von sich.
»Bitte, Mincks …« Speichel sickerte über Tonis Kinn.
Der Junkie trat mit dem Fuß nach ihm. »Ich heiß nicht Mincks, du Arsch.«
»Mix …«
»Auch nicht Mix.« Noch ein Tritt. »Ich heiß Mick.«
»Es … es tut mir leid«, stöhnte Toni und hob den Kopf.
»Tut es dir nicht.« Mick schlug ihm auf die Nase.
Tonis Kopf explodierte.
»Du kannst von Glück reden«, höhnte Mick aus weiter, sehr weiter Entfernung, »dass heute mein guter Tag ist.«
*
Hannah irrte mit Millie durch den Wald, der jetzt von Dunkelheit durchdrungen war. Der Regen hatte aufgehört, doch von den Zweigen tropfte es noch ohne Unterlass. Im Unterholz hinter ihnen raschelte es.
Nur ein Fuchs ,beruhigte sie sich. Oder ein Reh.
Aber sie traute sich nicht, stehen zu bleiben und sich zu vergewissern. Sie warf nicht einmal einen hastigen Blick über die Schulter, weil sie Angst hatte, gegen einen Baumstamm zu prallen, zu stürzen und nicht mehr aufstehen zu können.
Also hielt sie den Blick stur geradeaus gerichtet in das Grau der Dämmerung. Sie drückte ihre Tochter an sich und versuchte sie auf diese Weise vor der Nässe zu schützen und sie zu wärmen. Hannah selbst
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