Drei Eichen (German Edition)
Guinness-Rekord für alle Ewigkeiten im Biergartensitzen aufstellen können. Allerdings müsste der Notar, der die Zeit mit ihm durchstand und diese Großtat zu beurkunden hatte, danach noch so weit im Besitz seiner geistigen Kräfte sein, dass er seine Unterschrift unter das Dokument setzen konnte.
Amüsiert dachte Petra Ledang über den hypothetischen Event nach, während sie das E . T . A . Hoffmann-Gymnasium in Bamberg verließ und zu ihrer Vespa auf dem Parkplatz ging. Die limettengrüne »Primavera« war ihr ganzer Stolz und für einen Stadtsommer das ideale Gefährt, noch dazu, wenn man mitten im Weltkulturerbe hoch oben auf einem der Bamberger Hügel unterrichten musste. Im dichten Stadtverkehr war man auf einer Vespa eindeutig im Vorteil, außerdem passte das Gefährt ganz hervorragend in das fast südländische Flair, das Bamberg gerade im Frühling versprühte.
Sie setzte sich ihren Helm auf die gelockten blonden Haare und schwang sich auf den Sattel. Mit gleichmäßigem Meckern sprang der Roller an und trug seine Fahrerin den Stephansberg hinunter und in das geschäftige Gewusel der Bamberger Altstadt.
Riemenschneider zog Lagerfeld mit einer Kraft den kleinen, engen Pfad den Staffelberg hinunter, die er dem kleinen Ferkel niemals zugetraut hätte. Dass Riemenschneider sehr willensstark sein konnte, war bekannt, aber solch ein Vortrieb war neu für ihn. Lagerfeld lief dem Ferkel nur mit wenig Begeisterung hinterher. Obwohl er bereits seit einem Jahr in Sichtweite des Staffelberges unten in Loffeld wohnte, hatte er es noch nicht geschafft, diesen Weg per pedes nach oben zurückzulegen. Wenn er ehrlich war, lag das wohl einfach daran, dass er zu faul war. Kriminalkommissar Bernd Schmitt bevorzugte seit jeher die bequeme Seite des Lebens und setzte sich lieber auf seinen Piaggio MP 3, um damit die Gipfel seiner Heimat zu erkunden, wenn es denn überhaupt sein musste. Die Vorstellung, den ganzen Weg mit Riemenschneider auch wieder hinaufzulaufen, behagte ihm überhaupt nicht. Andererseits, überlegte er, während er der fanatisch schnüffelnden Riemenschneiderin folgte, andererseits war sein Herzblatt Ute daheim in der gemeinsamen Mühle und konnte sie beide ja auf der anderen Seite über Staffelstein wieder nach oben zur Kapelle fahren. Eine geradezu grandiose Eingebung! Ein zufriedenes Lächeln überzog Bernd Schmitts Gesicht just in dem Augenblick, als Riemenschneider abrupt stehen blieb und um ihn herum im Kreis zu laufen begann.
Gespannt beobachtete er das konzentrierte Treiben des Ferkels und ging in die Knie, um sich die Sachlage genauer zu betrachten. Der Bergpfad ging hier in einen etwas breiteren Feldweg über, auf dem ganz eindeutig Reifenspuren zu sehen waren. Riemenschneider schnüffelte verzweifelt um die Spuren herum, aber ihre Geruchsfährte schien hier zu enden.
Lagerfeld holte sein Handy heraus und wählte Haderleins Nummer. Er teilte ihm die Sachlage mit, woraufhin sein älterer Kollege zwei Mitarbeiter der Spusi nach unten befahl, die die Reifenspuren sichern sollten. Sein junger Kollege hatte zu warten, bis die beiden bei ihm eintrafen, und solange auf die Spuren aufzupassen.
Lagerfeld hatte gerade das Mobiltelefon weggesteckt, als Riemenschneider, die während seines Gesprächs immer größere Kreise um die Reifenspur gelaufen war, sich benahm wie ein wild gewordenes Pony. Jetzt zog es sie plötzlich wieder bergauf, und zwar genau den Weg hinauf, den sie gerade erst heruntergekommen waren.
»He, Riemenschneider, was soll denn …?«, konnte Lagerfeld gerade noch rufen, dann rutschte ihm die Leine aus der Hand. Das kleine Ferkel schickte sich an, quiekend und wie gedopt den Weg zum Staffelberg wieder hinaufzurennen. Die lagerfeldlose Leine hüpfte hinter Riemenschneider her lustig durchs Gras.
Petra Ledang hatte den verregneten Pfingstsamstag tatsächlich mit einem gründlichen Hausputz verbracht und war am Nachmittag ziemlich schnell auf ihrem Sofa gelandet, nachdem sie eine CD eingelegt hatte. Vor ein paar Tagen war sie im Kino gewesen und hatte sich endlich den Film mit Whitney Houston angesehen, bevor der nach rekordverdächtiger Laufzeit abgesetzt wurde. Am nächsten Tag musste sie sofort den Song von ihr haben. »I will always love you«, was für eine geniale Nummer. Schon nach kurzem Zuhören war sie in einen tiefen, erschöpften Schlaf gefallen. Natürlich nicht, ohne eine ganze Reihe von Gedanken darüber durchgespielt zu haben, wie das womögliche, eventuelle, vielleicht
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