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Drei Eichen (German Edition)

Drei Eichen (German Edition)

Titel: Drei Eichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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halbwegs beruhigt ins Bett. Doch kaum hatte er völlig übermüdet die Augen geschlossen, hatte ihn Erich Kropock wieder fest im Griff.
    »Irgendwelche Fragen? – Keine? Gut, wir kommen dann zum großen Wandgemälde.« Der Museumsführer hob im Gang seine Fackel, und das stöhnende japanische Publikum erschauerte vor dem Gemetzel, das sich ihnen bildlich offenbarte.
    »Auf diesem Wandgemälde sehen Sie die letzte und entscheidende Schlacht um Forchheim, in der alle Kontrahenten aufeinandertrafen. Am oberen Bildrand sind Erwin Huber und seine Eliteschläfer aus dem Finanzministerium zu erkennen. Ihm gegenüber in heroischer Haltung die ehemalige Bildungsministerin Monika Hohlmeier mit siebentausend gepanzerten Grundschullehrerinnen aus Bad Staffelstein. Am unteren Bildrand sehen wir den geschlagenen Alpenbaron Ramsauer, der gerade in einem Fass Frankenwein ersäuft wird. Hier irrt übrigens die Geschichtsschreibung. Es war nicht Wein, sondern Bamberger Rauchbier, das die Qualen von Baron Ramsauer unnötig verlängerte.«
    Rauchbier, welch furchtbarer Tod. Das Stöhnen des Auditoriums nahm an Intensität zu. Rauchbier hatten sie schon kosten dürfen. Eine wahrlich qualvolle Vorstellung, dadurch das Lichtlein ausgeblasen zu bekommen.
    »Nach der Schlacht um Forchheim zerfiel das Bayerische Reich endgültig«, fuhr Kropock fort. Er gönnte seinen Gästen keine Atempause. »Zuerst setzte sich Franken ab und teilte sich in seine drei Regierungsbezirke Unter-, Ober- und Mittelfranken. Regelrecht dramatisch gestaltete sich die Lage im südbayerischen Raum. Dort proklamierte Ilse Aigner eine Freihandelszone, während Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber – auch Edmund der Reizbare genannt – bis heute mit seinen Kühen brandschatzend durch den Oberpfälzer Wald zieht.« Hier endlich hielt Kropock inne, um dem Übersetzer, der mit seiner Arbeit nicht mehr hinterherkam, etwas Zeit zu geben. Dann näherte sich der Vortrag des Buckligen allmählich dem Höhepunkt und Schluss.
    »Der Rest der CSU wanderte schließlich nach Togo oder nach Südafrika aus, was weltpolitische Konsequenzen nach sich zog, da der afrikanische Kontinent den Begriff des Schwarzen neu definieren musste.« Kropock ließ eine Pause, um das Wortspiel wirken zu lassen, aber nichts passierte. Die Japaner hatten es nicht begriffen, der schöne Gag ging bedauerlicherweise in der Simultanübersetzung unter. Also beendete er schnörkellos und professionell seine Führung.
    »Und so besteht Bayern heute, einhundert Jahre nach Seehofers Tod, aus zehn freien Reichsstädten, siebenundzwanzig Grafschaften, achtundsechzig Herzogtümern und einhundertzwölf Ministerpräsidenten.« Der Bucklige verbeugte sich, drehte seinen Kopf und schaute den träumenden Zöder direkt an. Er nahm seine tropfende Fackel und kam auf den Schlafenden zu, dann lächelte er breit und zahnlos.
    »Ja wen haben wir denn da?«, kam es aus dem stinkenden Mund, dann endlich hatte sein Traum ein Einsehen, und Manfred Zöder erwachte. Es dauerte bis weit nach der Morgentoilette, bis er die Nacht verdaut hatte.
    Sie waren wieder in der Hütte. Magnus hatte sich eine frische Pfeife gestopft, Joe saß ihm gegenüber und war noch in Gedanken an das gerade Erlebte versunken. Wirkliche Überwindung hatte ihn nur gekostet, die Pfeile aus dem leblosen Körper zu ziehen. Das Zielen und Treffen, das Aufbäumen des Getroffenen, mitzuerleben, wie das Opfer starb, das alles hatte in ihm Gefühle ausgelöst, die er weder erklären noch beschreiben konnte. Aber genau das forderte Magnus jetzt von ihm.
    »Was ist das für ein Gefühl?«, wollte der durchtrainierte Mann von ihm wissen. Alles an Magnus schien so entspannt, so einfach und so unglaublich leicht. Er trug keine Waffen bei sich. Kein Messer, keine Pistole, nichts, doch schon nach wenigen Minuten des Zusammenseins hatte er eine tiefe Furcht vor ihm gespürt. Unbarmherzigkeit und Bedrohung gingen von diesem Mann aus. Man hielt sich besser haargenau an seine Vorgaben, wenn man diesen Ort wieder lebend verlassen wollte. Aber wenn der Kunde dies tat, wurde ihm dafür eine Exklusivität geboten, die die Grenzen des bisher Gekannten überschritt.
    »Ein Gefühl der absoluten Macht, es gibt keine Grenzen mehr, nur noch Freiheit. Es ist wie Sex.« Er dachte kurz nach. »Nein, es ist noch besser als Sex. Sex ist wiederholbar, das hier nicht.«
    Magnus schaute ihn mit unergründlichen grauen Augen an, nickte.
    »Was wäre passiert, wenn ich nicht geschossen

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